Dominoeffekt in Kenia

Ameisen erschweren Löwen den Jagderfolg

Wissenschaft
26.01.2024 08:06

In der kenianischen Savanne hat eine invasive Ameisenart über eine ökologische Kettenreaktion das Beuteschema von Löwen verändert. Ein winziger Eindringling habe die Raubtier-Beute-Dynamik neu konfiguriert, schreibt ein Forschungsteam im Fachmagazin „Science“. Statt wie bisher am liebsten Zebras, jagen die Löwen demnach nun häufiger Kaffernbüffel, die aber weitaus schwerer zu überwältigen sind.

Die Kettenreaktion begann den Forschern um Douglas Kamaru von der University of Wyoming zufolge so: Gebietsfremde Großköpfige Ameisen (Pheidole megacephala) vertrieben heimische Crematogaster-Ameisen. Diese leben in den Dornen von Flötenakazien (Vachellia drepanolobium) und verhalten sich wie Bodyguards: Wagt es ein Pflanzenfresser, an „ihrem“ Baum knabbern zu wollen, stürzen sie sich binnen Sekunden auf ihn und beißen schmerzhaft zu. Selbst Afrikanische Elefanten (Loxodonta africana) werden davon abgeschreckt.

Heimische Ameisen stabilisierten Baumbestand
„Zu unserer großen Überraschung stellten wir fest, dass diese kleinen Ameisen unglaublich starke Verteidiger sind und den Baumbestand in diesen Landschaften im Wesentlichen stabilisierten, sodass die Akazienbäume an einem Ort mit so vielen großen pflanzenfressenden Säugetieren überleben konnten“, erklärte Ko-Autor Todd Palmer von der University of Florida. Großköpfige Ameisen, die nach gängiger Vermutung von einer Insel im Indischen Ozean stammen, verteidigen die Bäume hingegen nicht.

Großköpfige Ameisen wie diese verändern das Ökosystem in Kenia. (Bild: Wikimedia Commons/Bradley Rentz/CC BY-SA 4.0)
Großköpfige Ameisen wie diese verändern das Ökosystem in Kenia.

Flötenakazien stellen in der Region mehr als 70 bis nahezu 100 Prozent aller verholzten Stämme, wie es in der Studie weiter heißt. Ohne die schützenden Ameisen fressen und zerbrechen Elefanten demnach fünf- bis siebenmal mehr der Bäume. Damit kommen die Löwen ins Spiel: Sie nutzen den Sichtschutz der Akazien, um sich an ihre Lieblingsbeute - Steppenzebras (Equus quagga) - anzupirschen. Die einfache Gleichung: Weniger Bäume bedeuten weniger Jagderfolg. Mit der Verbreitung der Großköpfigen Ameisen sei die Zahl von Löwen getöteter Zebras merklich gesunken, so das Forschungsteam.

„Die kleinen Dinge reagieren die Welt“
„Wir stellen oft fest, dass es die kleinen Dinge sind, die die Welt regieren“, sagte Palmer. „Diese winzigen invasiven Ameisen tauchten vor vielleicht 15 Jahren auf, und keiner von uns hat es bemerkt, weil sie gegenüber großen Tieren, einschließlich Menschen, nicht aggressiv sind. Jetzt sehen wir, dass sie die Landschaften auf sehr subtile Weise, aber mit verheerenden Auswirkungen verändern.“

Die Löwenpopulation habe bisher zwar nicht abgenommen, berichten die Studienautoren. Vermutlich, weil sie ihre Ernährung von viel Zebra auf mehr Kaffernbüffel (Syncerus caffer) umstellten. Diese sind allerdings größer und schwerer zu erbeuten. „Die Natur ist klug, und Tiere wie Löwen neigen dazu, Lösungen für Probleme zu finden, mit denen sie konfrontiert sind“, so Palmer. „Aber wir wissen noch nicht, was aus dieser tiefgreifenden Änderung der Jagdstrategie der Löwen resultieren könnte.“ Es werde sehr interessant sein, die Geschichte weiterzuverfolgen.

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