Astrid Körner leitet ab heute, Sonntag, die Diakonie de La Tour. Ein Gespräch über soziale Arbeit, ökumenische Probleme und Migration. Diese sieht sie als große Chance.
„Krone“: Einleitend: Bitte erklären Sie unseren Leserinnen und Lesern den Begriff der Diakonie und den Namen de La Tour
Astrid Körner: Diakonie ist die evangelische Sozialorganisation. Wir sind aber etwas anders aufgestellt als die katholische Caritas. Die Diakonie ist vor 150 Jahren durch den Einsatz unserer beiden Gründer Gräfin de La Tour und Pfarrer Ernst Schwarz entstanden. Diesen Spirit leben wir. Unsere Gründungsgeschichte ist also keine Kirchengeschichte.
Sie werden nun in Ihre neue Funktion eingeführt und folgen Hubert Stotter, der diese 23 Jahre bekleidet hat. Welche programmatischen Aussagen darf man erwarten?
Im Prinzip, dass jeder Mensch auf dieser Welt seinen Platz hat. Durch Krisen, Krieg, Alter oder Krankheit kann das Gefühl verloren gehen, zu wissen, wo man zu Hause ist. Machen wir diese Welt zu guten Orten für alle.
Spannend ist Ihr Werdegang: Von der Bauingenieurin zur evangelischen Pfarrerin und Rektorin der Diakonie. Wie kam es dazu?
Es gibt da einen philosophischen Brückenschlag. Mich hat auch in meinem technischen Studium immer die Statik interessiert. Wie sind die Kräfte dahinter? Warum bleibt ein Bauwerk stehen? Mit 27 habe ich mich dann dazu entschlossen, nicht nur mit Menschen zu arbeiten, sondern für die Menschen. Auch wurde ich in Niederösterreich evangelisch sozialisiert, was dort ja einer Minderheit entspricht.
Dipl. Ing. Mag. Astrid Körner
Geboren: 9. 10. 1978
Sternzeichen: Waage
Familienstand: verheiratet, sechs Kinder
Wohnhaft in Villach
Ausbildung: Studium des Bauingenieurwesens, Studium der Evangel. Theologie mit Ausbildung zur Pfarrerin, Studium Hebräisch, Rektorin der Diakonie de La Tour.
Die Diakonie beschäftigt Tausende Mitarbeiter und begleitet allein in Kärnten im Jahr 17.000 Menschen in vielen Lebensbereichen. Von Kindern bis zu Senioren, sie bietet Hospiz- und Trauerbegleitung, Hilfe bei Sucht- und psychosomatischen Erkrankungen. Stehen unter Ihrer Ägide Änderungen ins Haus?
Wir entwickeln uns stärker ins soziale Feld – mehr mobile Begleitung, mehr vernetztes Arbeiten. Ich sehe Diakonie nicht als reine Hilfsorganisation. Wir sollten gemeinsam mit der Politik die Gesellschaft stärken. Dazu gehört, dass wir keine Defizite sehen, sondern Potenziale. Der Mensch muss im Mittelpunkt stehen, nicht das Defizit.
Wie soll das in der Praxis aussehen?
Es bedeutet auch ein weg von den Zentren, etwa Waiern oder Treffen, hin zur Nachbarschaft, zum sozialen Raum.
In einem Interview haben Sie Migration als Chance bezeichnet. Das ist dünnes Eis oder ein heißes Pflaster, ganz wie Sie wollen. Bitte erläutern Sie das.
Da kommen schwerst traumatisierte und gut ausgebildete Menschen, die wollen sich hier einbringen. Wir müssen die Rahmenbedingungen schaffen.
Mit Verlaub, ist das nicht ein zu wohlmeinender Blick?
Ich glaube fest daran und ich nehme die Not ernst. Keine Mutter würde sich sonst mit ihren Kindern auf ein Schlauchboot setzen und ihr Leben riskieren. Diese Menschen müssen bei uns die Sprache lernen dürfen, sie müssen arbeiten dürfen. Das ist ein Auftrag an uns!
Hat die Evangelische Kirche eigentlich ähnliche Sorgen wie die Katholische: Mitgliederschwund, Pfarrermangel und mehr? Sozusagen ökumenische Probleme
Der Mitgliederschwund ist sehr ähnlich, es gibt halt den Trend zur Kirchenferne. Kirche hat keine Deutungshoheit mehr. Und trotzdem: Pfarrer ist ein Traumberuf.
Gibt es so etwas wie einen Leitspruch für Ihre Arbeit?
Man könnte sagen: Was ist der Mensch?
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