Mehr als zwei Jahre nach der Anklageerhebung hat am Dienstag im Salzburger Landesgericht der Prozess gegen den Chef (69) und einen Ex-Funktionär (76) der Österreichischen Tierrettung begonnen. Vorwurf: Untreue. Letztlich erkannte das Gericht einen Schaden von zumindest 260.000 Euro an. Es setzte Bewährungsstrafen.
Was hat die eigentlich ehrenamtlich tätige Tierrettung mit Sitz in Salzburg mit dem vielen Geld gemacht? Laut Anklage sollen mehr als 400.000 Euro zweckwidrig verwendet worden sein. Und das unter anderem für Privates wie eine Tauch-Ausrüstung, Kroatien-Urlaube oder Oldtimer. Dabei finanziere sich der Verein, der eigentlich Tiere rettet, nahezu ausschließlich aus Spenden. Bereits im Oktober 2020 hatte die „Krone“ über erste Ungereimtheiten und Ermittlungen geschrieben. 2022 erhob die Staatsanwaltschaft schließlich Anklage. Doch nach mehreren Versuchen fand erst am heutigen Dienstag der Prozess statt. In der Zwischenzeit hatte der noch aktive Präsident und Hauptangeklagte (69) sowie ein Ex-Funktionär und früherer Rechnungsprüfer den Verteidiger gewechselt. „Als mein Mandant den Verein 2015 übernommen hat, war dieser im Konkurs. Es gab keine Fahrzeuge, nicht einmal der Notruf funktionierte“, betonte Franz Essl und kündete ein Teil-Geständnis an. Mit einem Aber: „Die Schadenssumme ist zu hoch gegriffen.“
Deutliche Worte zur Vereins-Buchhaltung
Aus Sicht des Verteidigers sei die Verwendung von etwa 110.000 Euro nicht nachweisbar. Der Rest könne aber erklärt und bewiesen werden: Geld, das unter anderem für ein Offroad-Fahrzeug, ein Motorboot oder 60 Anoraks mit Tierrettungs-Emblem verwendet worden sei: „Für die Rettung von Tieren braucht man verschiedene Fahrzeuge: Beispielsweise ein Boot, damit man die Tiere am Leopoldskroner Weiher erreicht oder einen soliden Anhänger für Pferde und größere Tiere“, so Essl. Er räumte beim Prozess aber „eine gewisse Ungeschicktheit, Schlamperei und Unwissenheit“ seiner Mandanten ein.
Deutlicher waren da noch die Worte von Richterin Gabriele Glatz, die sich, wie sie formulierte, durch den Akt „durchquälen“ musste: „Wir sprechen jedenfalls von extremer Unwissenheit und Schlampigkeit.“ In 30 Jahren Berufserfahrung habe sie so etwas selten erlebt, so die Richterin. Währenddessen versuchte der Vereinspräsident sich zu erklären: Er habe die Tierrettung aufgebaut und das Buchhalterische anderen überlassen, und begann sogar von seiner Kindheit zu erzählen. „Ich glaube, Sie haben da eine falsche Wahrnehmung“, quittierte Glatz die Erklärungsversuche.
Letztlich versicherte der Verteidiger für die Zukunft: „Keine Schlamperei mehr, sondern ordnungsgemäße Verbuchung.“ Dafür sei jetzt nun auch ein richtiger Steuerberater zuständig. 260.000 Euro Schaden nahm das Gericht an. 15 Monate bedingte Haft erhielt der Vereinschef, zehn Monate auf Bewährung der mitangeklagte Ex-Funktionär. Die Urteile sind nicht rechtskräftig. Was nur kurz zur Sprache kam: Gemäß einem vor Jahren abgeschlossenem Vertrag muss die Tierrettung einer Betreuungsfirma einen Großteil ihrer Einnahmen zahlen. Anders formuliert: Von den 144 Euro, die ein Förderungsmitglied pro Jahr spendet, bleiben tatsächlich nur ein paar Euro für das Retten von Tieren.
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