„Krone“-Reporter Robert Fröwein flaniert durch die Stadt und spricht mit den Menschen in Wien über ihre Erlebnisse, ihre Gedanken, ihre Sorgen, ihre Ängste. Alltägliche Geschichten direkt aus dem Herzen Wiens.
Die jüngsten Statistiken verheißen nichts Gutes. Wenn es um einen vernünftigen Umgang mit Geld und Finanzen geht, gibt es hierzulande großen Nachholbedarf. Besonders Jugendliche und junge Menschen tappen immer öfter in die Schuldenfalle und landen im allerschlimmsten Fall sogar in der Privatinsolvenz. Laut dem Alpenländischen Kreditorenverband (AKV) mussten im Jahr 2023 192 Menschen und 24 Privatinsolvenz anmelden. Das ist eine Steigerung von 22 Prozent zum Jahr davor. Bei jungen Frauen betrug der Anstieg gar 45 Prozent. Noch höher wirken die Zahlen der durchschnittlichen Verschuldungshöhe unter jungen Menschen. Im Jahr 2022 hatten sie noch 35.700 Euro Schulden, 2023 bilanziert man bei 50.500 Euro. Tendenz steigend. Schockierende Zahlen, die Experten direkt mit dem ungebrochenen Hype des Handels im Internet gleichsetzen.
Zahlungsverzug und ausgeweitete Ratenzahlungen würden zunehmend zu einem Verlust des Überblicks über die eigenen Finanzen führen. Wer sich einen stattlichen Fernseher um 3000 Euro kauft und ihn dann in mehreren Monatsraten abstottert, zahlt meist exorbitante Zinssätze und verliert dabei allzu schnell das Gefühl für die Gesamtsumme, die hinter den relativ niedrig erscheinenden Ratenbeträgen steckt. Man zahlt per Kreditkarte oder Handy-App und durch den steten Rückgang von Barzahlungsgeschäften entsteht eine zusätzliche Wissenslücke, was das Gefühl zur Geldmenge angeht. Diverse Bezahlungsmodelle machen es in der Realität einfach, mehr Geld auszugeben als man hat. Vor allem jene, die sich Geld noch nicht selbst verdient bzw. erarbeitet haben, übersehen schnell, wo die notwendigen Grenzen zu setzen wären.
Das Handy spielt dabei eine entscheidende Rolle. Es gibt kostenpflichtige Apps, bei diversen Homepages wird auf „Kaufen“ geklickt und ist dabei auch noch eine Kreditkarte vorhanden, glüht sie, bis im nächsten Monat das böse Erwachen kommt. Ein guter Überblick ist essenziell, muss aber auch früh genug gelehrt werden. „Da kann man in Österreich durchaus das Schulsystem anprangern“, erzählt ein Wiener, dessen Kinder gerade in die Pubertät kommen und langsam lernen, mit ihrem Geld selbst umzugehen, „du lernst von Latein bis hin zu Trapezflächenberechnungen alles Mögliche, auf die Realität wirst du aber nur unzureichend vorbereitet.“ Diese Theorie wird durch eine Jugendstudie zur Finanzbildung bestätigt. 56 Prozent der weiblichen Befragten fehlt es an Finanzwissen, bei den männlichen sind es mit 36 Prozent erheblich weniger, aber noch immer viel zu viele.
Das Prinzip „learning by doing“ mag in vielen Bereichen des Lebens erprobt und erfolgreich sein, wenn es aber um das Sparen und Umgehen mit Geld geht, wäre eine profunde Ausbildung im Vorfeld doch die klügere Variante. „Bis da bei unserem Schulsystem einmal was passiert, werden immer mehr junge Leute in die Schuldenfalle tappen“, führt der Wiener weiter aus, „hier ist alles so starr und unflexibel. Ich sehe keine Hoffnung, dass man den Hebel in absehbarer Zeit ansetzt.“ Eine Ausbildung in diese Richtung ist auf jeden Fall unerlässlich. Nicht nur zum generellen Umgang mit Geld, sondern auch bei Themen wie Fonds, Aktien, Kryptowährungen oder alternativen Spar- und Finanzierungsmodellen. Dabei darf man aber nicht auf die Eigenverantwortung vergessen. Auf TikTok ging vor kurzem etwa die Schulden-Challenge #klarnaschulden steil, wo Tausende Jugendliche das Verschulden als cool verkaufen und sich dafür feiern lassen. Bei dieser Grundhaltung wird’s auch mit zusätzlicher Finanzbildung schwer …
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