Von Russen belastet

Kurz-Prozess: Thomas Schmid wird nochmals befragt

Gericht
31.01.2024 16:38

Skurril endeten am Mittwoch die Zeugenbefragungen im Prozess gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wegen Falschaussage im Ibiza-U-Ausschuss. Aus der österreichischen Botschaft in Moskau wurde einer der beiden als Zeugen geladenen russischen Geschäftsmänner via Zoom-Konferenz befragt. Kurz nach 15 Uhr die überraschende Botschaft: Der zweite Zeuge sagte kurzfristig ab. Er soll am 23. Februar befragt werden. Ebenso wie Thomas Schmid, der nun überraschend erneut als Zeuge geladen wird. 

Die Geschäftsleute sollen im Sommer in Amsterdam ein Bewerbungsgespräch mit dem einstigen Vorstand der Staatsholding, Thomas Schmid, geführt haben. Sie wandten sich anschließend an die Botschaft in Tiflis und gaben dort eine eidesstattliche Erklärung ab. Darin geht es um Details aus dem Gespräch mit Schmid, die dem „Kronzeugen“ schaden. 

„Es ist die Wahrheit“ 
Seit 13 Uhr war Valery A. aus der österreichischen Botschaft in Moskau per Video zugeschaltet. Auf der großen Leinwand über dem Richterstuhl im Großen Schwurgerichtssaal war ein weiß möblierter Raum mit einem runden Tisch zu sehen. Der 64-jährige Unternehmer Valery A. trug einen dunklen Anzug und eine blaue Krawatte, sitzt zurückgelehnt vor der Kamera. „Es ist die Wahrheit, ich habe eine eidesstattliche Erklärung in Tiflis vorgelegt“, begann er seine Ausführungen.

„Ich bestätige, dass ich mich am 23. August 2023 mit Schmid getroffen habe. Wir haben für ein Projekt in Georgien einen CEO gesucht und wir fanden die Kandidatur von Schmid interessant“, erklärte der Zeuge. Ein Personalvermittler sei zwischengeschaltet gewesen. Um welchen Job es sich konkret handelte, wollte Valery A. nicht beantworten, nur soviel: „Es hat mit Ölgewinnung zu tun.“

Russe spricht von Druck der Staatsanwälte auf Schmid
Laut A. hätte das Gespräch ursprünglich in Tiflis stattfinden sollen, aber Schmid habe sich in der EU treffen wollen. Insgesamt habe es in Amsterdam zwei Treffen an zwei aufeinander folgenden Tagen gegeben. 

Richter Michael Radasztics führt die Verhandlung. (Bild: APA/HELMUT FOHRINGER)
Richter Michael Radasztics führt die Verhandlung.

Sein Team habe davor im Internet recherchiert, wer der Bewerber sei und dabei sei man auf das Gerichtsverfahren gestoßen, meint der russische Geschäftsmann. Darauf angesprochen habe Schmid im Gespräch erklärt, dass „sehr großer Druck von der Staatsanwaltschaft auf ihn ausgeübt wurde.“ Auch hatte er den Eindruck, dass Schmid durchklingen ließ, dass er den Staatsanwälten Dinge gesagt hätte, die nicht der Wahrheit entsprechen. „Um die Staatsanwälte zu befriedigen.“ 

Sprache und Erfahrung in Öl-Branche „nicht wichtig“
Die Gespräche in Amsterdam fanden in englischer Sprache statt, weshalb der Richter kurzfristig entscheidet, einige Fragen in Englisch zu stellen. Der Zeuge sprach von „tremendous pressure“ auf Schmid seitens der WKStA. Angesprochen auf das Jobprofil meinte Valery A.: „Georgische und russische Sprachkenntnisse waren uns nicht so wichtig. Auch Erfahrung in der Öl-Branche war nicht erforderlich.“ Vielmehr sei es um das Verständnis für Abläufe und Strukturen gegangen. „Uns war wichtig, dass er Ausländer ist, der Zugang zu europäischen Märkten hat und Kontakte knüpfen kann.“ 

Schmid habe grundsätzlich einen guten Eindruck gemacht. Allerdings habe man sich dann eben wegen seiner Aussagen gegen ihn entschieden: „Ich konnte ihm nicht mehr vertrauen. Wenn er gegen sein eigenes Team agiert, dann ist das nicht gut.“

Kurz-Anwalt half bei Erstellung der eidesstattlichen Erklärung
Interessant ist, dass die Postion des CEO nach wie vor - sprich ein halbes Jahr nach dem Treffen in Amsterdam - nicht besetzt ist. „Wir haben bürokratische Probleme, werden das Projekt aber weiterverfolgen“, so der Russe. Und noch etwas verwundert: Otto Dietrich, Verteidiger von Sebastian Kurz, hatte laut dem Zeugen die eidesstattliche Erklärung, die er bei der Botschaft in Tiflis einbrachte, mitverfasst. 

Valery A. sagte, dass er von Dr. Dietrich kontaktiert worden sei, weil dieser von dem Absagemail betreffend Schmid, das der Zeuge an einen Personalvermittler geschickt hatte, erfahren habe. Woher dieser gewusst hat, dass es ein Absagemail gab, wollte Oberstaatsanwalt Roland Koch wissen: „Keine Ahnung“, antwortete der Zeuge.

Thomas Schmid wird nochmals als Zeuge geladen
Um 15:08 Uhr überraschte der Richter mit einer Verlesung. Der zweite russische Zeuge habe aufgrund einer Erkrankung kurzfristig abgesagt. Er konnte am Mittwoch doch nicht in die Botschaft in Moskau kommen. Der Mann soll nun am 23. Februar via Zoom einvernommen werden. Die WKStA beantragte die neuerliche Zeugenladung von Thomas Schmid. Er soll zu den an diesem Tag gegen ihn erhobenen Vorwürfen Stellung nehmen. Richter Radasztics gab dem Antrag statt, Schmid soll am 23. Februar via Videokonferenz befragt werden. 

Richter lehnt Löschung der Schmid-Chats ab
Vor der Mittagspause hatte Richter Michael Radasztics die erwartbare Entscheidung betreffend der Anträge der Kurz-Verteidiger am Dienstag verkündet. Kurz-Anwalt Otto Dietrich: „Wir beantragen, alle bei Thomas Schmid sichergestellten Dateninhalte aus dem gegenständlichen Akt zu nehmen.“ Der Verteidiger hatte die Forderung mit dem jüngsten VfGH-Entscheid betreffend Handysicherstellungen begründet. Laut Verfassungsgerichtshof ist es verfassungswidrig, Mobiltelefone ohne vorherige richterliche Genehmigung sicherzustellen. Erwartungsgemäß lehnte Herr Rat den Antrag ab. Der VfGH habe eine Frist festgelegt: „Bis auf den Anlassfall hat die bislang geltende Rechtslage weiter Geltung“, so Radasztics.

Urteile im Februar möglich
Nach den letzten Zeugenbefragungen geht die Verhandlung nun in eine längere Pause, voraussichtlich letzter Tag ist der 23. Februar. Nach der Befragung von Schmid und dem zweiten Russen werden die Schlussplädoyers gehalten. Ob sich an diesem Tag ein Urteil ausgeht, ist offen.

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