Prozess in Ungarn
Wirbel um in Ketten vorgeführte Linksextremistin
Der Fall einer in Ungarn inhaftierten Linksextremistin, der jetzt der Prozess gemacht wird, ist zu einem Politikum auf höchster Ebene geworden. Die Anwälte der 39-jährigen Volksschullehrerin und Aktivistin beklagen die „menschenunwürdige“ Behandlung ihrer Mandantin, der vorgeworfen wird, mit anderen Beteiligten aus der linken Szene im Februar des Vorjahres eine Gruppe von Rechtsextremen tätlich angegriffen und verletzt zu haben.
Das Außenministerium in Rom bat die Regierung in Budapest, die 39-Jährige ausreisen zu lassen. Nun hat sich auch Regierungschefin Giorgia Meloni eingeschaltet und den Fall mit ihrem ungarischen Amtskollegen Viktor Orban erörtert. Dieser betonte bei einem bilateralen Treffen am Rande des EU-Sondergipfels in Brüssel, sich dafür einzusetzen, dass „die Angeklagte gerecht behandelt wird“.
Anwälte kämpfen um Hausarrest für Angeklagte
Die Anwälte von Ilaria Salis erklärten am Mittwoch, sie wollen den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anzurufen. Ungarn habe gegen Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention verstoßen, der Personen vor unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe schützt. „Die Verletzung ist eklatant, wenn man bedenkt, wie unsere Mandantin in Handschellen in den Gerichtssaal geführt wurde“, sagte Rechtsanwalt Eugenio Losco. Er kämpfe, damit seiner Mandantin Hausarrest gewährt werde.
Gegen die Mailänderin und ein mitangeklagtes deutsches Paar hatte am Montag in Budapest ein Prozess begonnen, bei dem sie in Hand- und Fußfesseln in den Gerichtssaal gebracht wurden (siehe Tweet oben). Dies hatte in Italien für Aufsehen gesorgt. Der Italienerin drohen bis zu elf Jahre Haft. Ihr Vater hatte mehrmals über unmenschliche Bedingungen berichtet, unter denen seine Tochter in einem Gefängnis in Budapest festgehalten werde. Ein mitangeklagter Deutscher hatte sich schuldig bekannt und wurde am Montag in erster Instanz zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Die Lehrerin und die mitangeklagte Deutsche bekannten sich nicht schuldig.
„Hammerbande“ macht Jagd auf Rechtsextreme
Die Mailänderin bezeichnet sich selbst als Antifaschistin. Ihr wird zur Last gelegt, mit anderen Beteiligten aus der linken Szene im Februar des vergangenen Jahres eine Gruppe von Rechtsextremen angegriffen zu haben, die an eine Aktion der Waffen-SS und ungarischer Soldaten im Jahr 1945 erinnern wollten. Dabei wurden nach Angaben der Behörden neun Menschen verletzt, sechs von ihnen schwer. Aufnahmen aus einer Überwachungskamera zeigen den brutalen Angriff der Antifaschisten. Allerdings geht aus diesen Sequenzen nicht hervor, ob Salis tatsächlich unter den Angreifern ist (siehe Tweet unten).
Das deutsche Paar soll der Gruppierung „Hammerbande“ rund um die deutsche Linksextremistin Lina E. angehören, die sich zum Ziel gesetzt hat, mutmaßliche Neonazis und Rechtsextremisten tätlich anzugreifen und ihnen schwere bis lebensgefährliche Verletzungen zuzufügen.
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