Dieses Training ist nichts für Warmduscher! Herbert Pichler aus Liezen lässt selbst bei klirrender Kälte die Hüllen fallen. Unverfroren krabbelt und purzelt der Motivationstrainer im Schnee, um Heilungskräfte zu aktivieren. Der Ennstaler erwärmt sich damit auch für behinderte Menschen.
Wer Herbert Pichler bei seinen winterlichen Trainingseinheiten im Eiskanal oder auf frisch verschneiten Hängen begleitet, erkennt am eigenen, fröstelten Leib: durch die Adern dieses Extremsportlers muss Kältemittel fließen. Fast pudelnackt, nur mit leichter Turnhose und Fitness-Patscherln bekleidet, purzelt der Ennstaler durch den Pulverschnee und taucht seinen gestählten Körper bis zu 30 Minuten lang in das Kältebad.
„Unbeschreibliches Glücksgefühl“
Ist es Exhibitionismus? Missverstandener Körperkult? Was motiviert ihn dazu? „Ich erlebe ein unbeschreibliches Glücksgefühl, wenn ich etwas erreiche, das andere nicht schaffen“, argumentiert der Muskelmann. „Ich will die Menschen aus der Komfortzone holen.“ Und jeder kann zuschauen, denn der 61-Jährige dokumentiert seine Touren auf Social Media. „Jeder will wissen, wie ich das aushalte, negative Kommentar sind selten“, freut sich der gelernte Maurer.
„Ich habe sehr darunter gelitten, dass mir meine Eltern den Leistungssport ausreden wollten. Stattdessen sollte ich etwas Anständiges lernen.“ Mit dem Sprintlauf hat die Leidenschaft für den Spitzensport begonnen. „Heute verdiene ich als Motivations- und Krafttrainer mein Geld, habe eigene Trainingsmethoden entwickelt, die Spitzensportlern und Menschen mit Behinderungen zugutekommt.“
Arbeitet auch mit Menschen mit Beeinträchtigung
In der Lebenshilfe Ennstal etwa bringt Pichler seine Erfahrung in der Motorik-Förderung ein. „Auch hier geht es an die persönlichen Grenzen, um Erfolge zu erleben“, sagt er. Als jüngste Erfolgsgeschichte nennt er eine Schlaganfallpatientin, die im Rollstuhl zu ihm kam und nun am Laufband die ersten Schritte macht.
Doch wie kam er eigentlich zur Kälte? Vor 15 Jahren litt Pichler unter Gelenkschmerzen. Als Heilmethode hat er sich auch mit der Kältetherapie beschäftigt. „Mein Körper hat darauf sofort angesprochen. Wenn ich heute nur eine Kleinigkeit verspüre, bewege ich mich in der Kälte und fühle mich danach pudelwohl“.
Training ist nicht für jedermann
Doch Pichler weiß, dass dieses Training nicht für jedermann geeignet ist. „Ich habe mich in kleinen Schritten in die Kälte gewagt. Zuerst nur barfuß im Schnee, dann habe ich immer mehr Bekleidung weggelassen. Das Wichtigste ist die richtige Atemtechnik, damit sich der Körper aufwärmt“.
Und was sagt der Hausarzt zum eiskalten Hobby? „Mein Internist hat mir noch nicht die Freundschaft gekündigt. Glücklich ist er damit nicht, aber er kann mich eh nicht davon abhalten“, schmunzelt Pichler, der weiß, dass frostiges Abhärten nur für Menschen mit stabilem Kreislauf, intaktem Herz und gesunden Gefäßen infrage kommt.
„Man muss seine Grenzen kennen“
Und man muss auch wissen, wo die Grenzen sind, um sich nicht in lebensgefährliche Situation zu bringen. „Das ist mir schon passiert“, gibt Pichler ehrlich zu. Halbnackt hat er sich am nebelverhangenen Preber verirrt und es mit letzter Kraft auf allen Vieren heim geschafft. „Du spürst nur mehr, wie alles steif wird. Da geht es ums Überleben“.
Als Attraktion wird der Ennstaler auch zu Events eingeladen, um zur Erfrischung des Publikums seine Unverfrorenheit zu demonstrieren. Nur bei einer Sache kneift der Fitnesscoach. „Eisbaden mag ich nicht, weil ich nicht gerne ins Wasser gehe. Wenn Wasser, dann bin ich ein begeisterter Warmduscher“.
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