Minister Johannes Rauch sorgte am Samstag in einer Pressekonferenz für Klarheit. Längst überfällige Punkte im Gesetz werden nun doch umgesetzt und sollen für Verbesserungen bei Qualzucht, Welpenhandel und Beißtrainings sorgen.
Nach zähen Verhandlungen inklusive massiver Hinhaltetaktik der ÖVP hat sich die Koalition nun endlich auf neue Regeln zum Schutz unserer Tiere geeinigt und kommt damit auch der Forderung der „Krone“ und ihrer Leser nach.
Großer Schritt vorwärts
Die Novelle zum Tierschutzgesetz soll bereits nächste Woche in Begutachtung gehen - ein Erfolg für die Allianz mehrerer Tierschutzorganisationen (Vier Pfoten, TOW, VGT, Freunde der Tierecke, Pfotenhilfe, Tierschutz Austria u.v.m.), die sich in den vergangenen Monaten intensiv und hartnäckig für Verbesserungen eingesetzt haben.
Denn eine Zeit lang sah es so aus, als würde es Stillstand geben oder sogar ein Rückschritt bevorstehen. Doch nun sprach Tierschutzminister Rauch (Grüne) am Samstag bei einer Pressekonferenz im Wiener TierQuarTier klare Worte, die von ihm überarbeitete Novelle zum Tierschutzgesetz soll bereits im Lauf des Jahres in Kraft treten.
Nur noch gesunde Tiere für die Zucht zulassen
Mit dem neuen Gesetz soll auch endlich der Qualzucht ein Ende gesetzt werden. Die Tiere aus einer solchen Zucht kämpfen oft mit schweren Gesundheitsproblemen wie Atemnot oder kaputten Gelenken.
Ich freue mich, dass uns hier ein Meilenstein gelungen ist. Dieses Heimtierpaket setzt europaweit neue Tierschutzstandards.
Faika El-Nagashi, Tierschutzsprecherin der Grünen
Gewisse Rassen vor dem Aus?
„Eine eigens dafür gegründete Kommission wird die Qualzucht-Merkmale nach streng wissenschaftlichen Standards festlegen“, so Rauch. Dieses Gremium wird auch Zuchtprogramme von Verbänden überprüfen und kann sogar das Ende von gesundheitlich schwer beeinträchtigten Rassen wie etwa dem Cavallier King Charles oder dem Mops einläuten.
Stilles Leid
Auch dem illegalen Welpenhandel wird weiter der Kampf angesagt. Zukünftig wird nicht nur der Handel solcher Tiere, sondern auch deren Kauf unter Strafe gestellt. „Hier den Konsumenten ebenfalls in die Pflicht zu nehmen, wird viel bewirken“, ist sich „Krone“-Tierecke-Chefin Maggie Entenfellner sicher.
Züchter in der Pflicht
Ein weiterer Meilenstein ist die Ausweitung einer Bewilligungspflicht von Züchtern - denn bisher reichte eine formlose Meldung bei der Behörde, und man konnte munter draufloszüchten. Ab dem zweiten Hunde- und dritten Katzen-Wurf läuft das nicht mehr unkontrolliert als „Hobby“, sondern muss genehmigt werden.
Gechippt - und auch registriert?
Erfreulich ist auch, dass die Heimtierdatenbank ausgebaut wird. Künftig sind Tierärzte auch verpflichtet, beim Einsetzen des Chips den Hund ins Register einzutragen und für eine entsprechende „Herkunftskennzeichnung“ zu sorgen: Der Name des Züchters und die Chipnummern der Eltern müssen aufscheinen. Bei Hunden aus dem Tierschutz muss die Organisation eingetragen sein.
Sachkundenachweis
Vor der Anschaffung eines Hundes gibt es einen verpflichtenden vierstündigen Sachkundenachweis für Hundehalter in allen Bundesländern, der ebenfalls in der Datenbank eingetragen werden muss. Zusätzlich muss innerhalb des ersten Jahres eine Praxiseinheit von zwei Stunden absolviert werden. Es gibt also viel zu tun, die Hürden für miese Geschäfte werden höher, ein kleiner Schritt für mehr Tierwohl ist erreicht!
Strengere Regeln für Schutzhunde!
Massivste Einschränkungen und Auflagen gibt es auch für den privaten Schutzhundesport. Für alle Tierschützer war klar: Entweder wird das umstrittene Beiß- und Angriffstraining komplett verboten, oder es muss umfassende Reformen in diesem heiklen Bereich geben.
Denn „im Schutz trainierte“ Hunde sind mit dem Führen einer Waffe zu vergleichen. Zukünftig muss daher jeder, der mit seinem Tier diese Art der Ausbildung beginnen möchte, vorab einen einwandfreien Leumund nachweisen und sich einer Zulassungsprüfung unterziehen.
Wesenstest und Prüfungen
Aber auch die Prüfer, Hundetrainer und „Schutzhelfer“ müssen sich nun von einer unabhängigen wissenschaftlichen Stelle überprüfen und sich zertifizieren lassen. Der Hund selbst muss mindestens zwölf Monate alt sein und vor dem Ausbildungsbeginn einen Wesenstest bestehen - fällt er durch, bleibt er lebenslang gesperrt.
Ebenso ist vorab ein umfassender Gesundheitscheck bei unabhängigen Experten vorgesehen, der die körperliche Eignung für dieses belastende Training attestiert. Die genauen Inhalte von Wesenstests und Prüfungen werden von führenden Hunde-Experten wie Karl Weissenbacher von der VetMed Universität erarbeitet.
Bundeskanzler: „Streng, aber nachvollziehbar“
Lob für das neue Paket kam auch von Bundeskanzler Karl Nehammer: „Es ist gut, dass es nun strenge, aber auch praxistaugliche Regeln für die Ausbildung gibt. Es war mir wichtig, dass wir dabei die Diensthunde von Bundesheer und Polizei berücksichtigen und zugleich strenge, aber nachvollziehbare Regeln für jene schaffen, die mit ihrem Hund eine Schutzhunde-Ausbildung machen wollen. Niemand will, dass ausgebildete Hunde in die falschen Hände geraten. Ich habe mich mit meinem Team sehr dafür eingesetzt, dass wir hier nun endlich eine Regelung schaffen und bin froh, dass es gelungen ist.“
Vielen ein Dorn im Auge
Dass hier ab sofort endlich das Tierwohl ins Zentrum gerückt und tierschutzqualifiziert gearbeitet wird, wird den Verfechtern der „alten Traditionen“ allerdings ein Dorn im Auge sein. Es bleibt unverständlich, warum die Vertreter der betroffenen Verbände - allen voran der ÖKV - nicht bereits von alleine auf die Idee gekommen sind, diese Verbesserungen auf den Weg zu bringen.
Stattdessen wurden lautstarke und untergriffige Wortgefechte dieser Interessensgruppen geführt und zu lange zugewartet, bis sich etwas bewegt. Diese Debatte hat das wahre Gesicht des Hundesports gezeigt, das bisher den eigenen Ehrgeiz über das Tierwohl gestellt hat.
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