Kurz vor ihrer Rettung

Unbekannte kidnappen Bärenjunge aus Käfig

Niederösterreich
03.02.2024 15:04

Alles war im Vier-Pfoten-Bärenwald in Arbesbach (NÖ) schon für die Ankunft des zotteligen Zuwachses vorbereitet. Doch skrupellose Wildtierhändler machten alle Pläne zunichte.

„Wir hatten die Zusicherung bereits vertraglich in der Tasche, um die in einem Hotel-Restaurant im albanischen Nationalpark Tomorr in viel zu kleinen Käfigen gehaltenen Geschöpfe der Wildnis zu befreien und sie in unser Waldviertler Meister-Petz-Paradies zu übersiedeln“, so Wildtier-Direktorin Barbara van Genne und Geschäftsführerin Eva Rosenberg von den Vier Pfoten.

Doch alle beherzten Bemühungen zur Rettung der gequälten Kreaturen waren vergeblich. Denn über Nacht war der nackte Betonboden hinter den rostigen Gitterstäben plötzlich leer.

„Behörde hat sich zu lange Zeit gelassen!“
Die beiden Jungbären waren verschwunden und befinden sich offenbar in den Händen skrupelloser Wildtierhändler. Der Aufenthaltsort des Duos ist jedenfalls nicht bekannt. Van Genne gib dem zuständigen Ministerium in der Hauptstadt Tirana die Schuld: „Die Behörde hat sich viel zu lange Zeit mit der Konfiszierung gelassen. Jetzt ist alles zu spät!“

Gute Nachrichten gibt es indes von „Mark“ (dessen Pate der Autor dieser Zeilen ist). Der ebenfalls in Albanien befreite Bär ist nach jahrelangem Siechtum endlich über den Berg.

„Mark“ hätte im Bärenwald Gesellschaft bekommen, seine Artgenossen wurden aber entführt.  (Bild: Vier Pfoten)
„Mark“ hätte im Bärenwald Gesellschaft bekommen, seine Artgenossen wurden aber entführt. 

Seit 2023 hat Vier Pfoten erschreckende Beweise für Tierquälerei in Albanien durch Wildtierhandel aufgedeckt. Mindestens 27 dokumentierte Fälle enthüllen die Ausbeutung von Großkatzen und anderen Wildtieren für den illegalen Handel als Haustiere oder für Selfie-Attraktionen. Diese schreckliche Situation, in der Wildtiere auf Social Media, in Musikvideos und sogar in Restaurants und Hotels ausgebeutet werden, gibt Grund zur Sorge. Es besteht die Gefahr, dass in Albanien eine unkontrollierte Großkatzenzucht und -handel ohne Lizenz stattfinden. Die Tierschutzorganisation mit Sitz in Wien drängt die Behörden, energischer gegen diese Missstände vorzugehen und die Tierschutzgesetze zu verschärfen, einschließlich eines endgültigen Verbots der privaten Haltung von Großkatzen und Bären.

Die Anzahl der illegal gehaltenen Großkatzen in Albanien ist besorgniserregend hoch. Schätzungsweise werden derzeit 60 bis 80 Großkatzen illegal in privater Gefangenschaft gehalten. Die meisten dieser Fälle von Tierausbeutung und Misshandlung kommen über soziale Medien ans Licht, was die Verfolgung im wahren Leben erschwert. Informationen zu verschwundenen Bärenjungen und dem Schicksal vieler Großkatzen fehlen ebenfalls. Vier Pfoten vermutet ein internationales Netzwerk für den legalen und illegalen Handel in Albanien, mit Verbindungen zu anderen Ländern, insbesondere Serbien.

Zitat Icon

Der jüngste Vorfall der verschwundenen Bärenjungen und ähnliche Fälle zeigen, dass ein aktiveres Handeln in Albanien notwendig ist!

Barbara van Genne, Direktorin der Abteilung für Wildtiere bei Vier Pfoten

Vier Pfoten hatte den letzten „Restaurantbären“ Albaniens - basierend auf eigenen Recherchen und zu dem Zeitpunkt vorhandenen Informationen - Ende 2022 befreit und in den Bärenwald Arbesbach gebracht. „Bär ,Marks‘ Rettung war ein großer Meilenstein für den Tierschutz in Albanien, trotzdem zeigt das jüngste Verschwinden der Bärenjungen, dass es noch viel zu tun gibt. Die Bedeutung der historischen Rettungsmission kann nur erhalten bleiben, wenn die Behörden der Verbesserung von Tierschutzvorschriften mehr Aufmerksamkeit schenken und Wildtiere besser schützen“, sagt van Genne.

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