Auf der Thalia Straße

Trübseligkeit in Ottakring trotz Millionen-Umbau

Wien
04.02.2024 19:00

Auf der Thaliastraße gleicht ein ausländisches Geschäft dem anderen. Traditionsläden sind die Ausnahme. Betreiber klagen der „Krone“ ihr Leid.

Die goldenen Zeiten der Thaliastraße sind schon lange vorbei„, erzählt Jaqueline Schneider, die seit 30 Jahren ein Kaffeehaus auf der Thaliastraße betreibt. Das Espresso Jackie ist eines der wenigen Cafés, die noch übrig sind, aber auch Schneider muss kämpfen. “Früher sind die Leute vor der Arbeit auf einen Kaffee gegangen, jetzt ist am Vormittag gar nichts los", sagt die 52-Jährige.

„Geschäft läuft nicht gut“
Ähnliches berichtet Andrea Hütter, die seit 39 Jahren bei einem Herrenausstatter tätig ist: „Das Geschäft läuft nicht gut, die Klientel hat sich verändert.“ Ihr Chef Viktor Wagner fügt hinzu: „Vom Bezirk gibt es keine Unterstützung für uns Geschäftsleute.“

Jaqueline Schneider (52) führt seit 30 Jahren ein Wiener Kaffeehaus auf der Thaliastraße. (Bild: Peter Tomschi)
Jaqueline Schneider (52) führt seit 30 Jahren ein Wiener Kaffeehaus auf der Thaliastraße.
Ali Kurt (32) ist einer von vielen Friseuren auf der Thaliastraße. Trotz Konkurrenz läuft sein Geschäft gut. (Bild: Peter Tomschi)
Ali Kurt (32) ist einer von vielen Friseuren auf der Thaliastraße. Trotz Konkurrenz läuft sein Geschäft gut.

Obdachlose und Müll
Dabei wurde die Thaliastraße erst letztes Jahr um viel Geld umgestaltet. Das Ergebnis ist wenig zufriedenstellend: Betonblumenbeete, die voll mit Zigarettenstummeln sind. Unzählige Sitzgarnituren, die hauptsächlich von Obdachlosen belagert werden, und leere Radständer, die Parkplätze verdrängt haben.

Andrea Hütter ist seit 39 Jahren Verkäuferin beim Herrenausstatter „Wagner & Glass“. (Bild: Peter Tomschi)
Andrea Hütter ist seit 39 Jahren Verkäuferin beim Herrenausstatter „Wagner & Glass“.
Christian Anibas (56) betreibt einen der letzten österreichischen Friseursalons. Die Kunden werden weniger. (Bild: Peter Tomschi)
Christian Anibas (56) betreibt einen der letzten österreichischen Friseursalons. Die Kunden werden weniger.

Mindere Qualität
Hinzu kommt, dass die einstige Vielfalt der 2,8 Kilometer langen Einkaufsstraße verschwunden ist. Stattdessen reiht sich jetzt eine Kebabbude an die andere. Dazwischen dominieren Handy-Shops, Barber-Shops und Friseursalons. Einen davon betreibt Ali Kurt. Sein Geschäft läuft gut, aber er beklagt die mindere Qualität seiner Konkurrenten. „Ich hatte einen syrischen Bewerber, der gemeint hat, er kenne sich aus, weil er daheim Schafe geschoren hat“, meint der 32-Jährige mit einem Schmunzeln.

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Die Situation hat sich seit dem acht Millionen Euro teuren Umbau auf der Thaliastraße weiter verschlechtert.

(Bild: Peter Tomschi)

FPÖ-Bezirkschef in Ottakring Michael Oberlechner

Weniger Kundschaft, Dumpingpreise
Auch Christian Anibas ist Friseur, aber schon etwas länger als die meisten hier. „Seit 1955 führt meine Familie den Salon an diesem Standort", berichtet der 56-Jährige. Aber auch er beklagt weniger Kundschaft. Mit den Dumpingpreisen der Barber-Shops kann er nicht mithalten, diese sehe er aber nicht als Konkurrenz, weil sie eine andere Klientel bedienen. Jedoch eine, die größer wird.

Brunnenmarkt wird anders
Aber nicht nur auf der Thalia Straße gibt es Änderungen. Auch am Brunnenmarkt. Dieser ist mit 170 Standln der längste Straßenmarkt Europas. Hier herrscht seit Jahrzehnten ein buntes Sprachgewirr. In den 1960-er Jahren, als sich die ersten Gastarbeiter niederließen, war ein Grieche der Platzhirsch. Nach und nach kamen dann die Türken. Sie alle schufteten fleißig.

Wer heute durch die Brunnengasse geht, dem fällt auf, dass immer mehr Firmenaufschriften arabisch sind. Tee wird aus orientalischen Kannen serviert. Auch das Produktsortiment erinnert an 1001 Nacht. „Die Kinder wollen das Geschäft nicht übernehmen. Sie haben eine bessere Ausbildung als ihre Eltern und Großeltern. Die Araber zahlen sehr viel Ablöse für einen Marktstand. Woher das Geld stammt, wissen wir nicht“, sagt ein Standler. Der Preis startet bei 100.000 Euro für eine Koje. Im Vergleich zum Wiener Naschmarkt ist das billig. Dort wechseln beliebte Gastro-Lokale um bis zu 6 Millionen Euro die Besitzer.

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