Schräger ÖVP-Vorstoß

Raab zu Leitkultur: „Es geht nicht ums Schnitzel“

Politik
05.02.2024 13:57

Integrationsministerin Susanne Raab ist von Bundeskanzler Karl Nehammer (beide ÖVP) beauftragt worden, die sogenannte Leitkultur zu erarbeiten. Am Montag verriet die Ministerin auf krone.tv Details zu den Überlegungen und räumte mit gewissen Vorurteilen auf. „Hier geht es nicht darum, dass wir alle ein Schnitzel essen oder österreichische Musiker hören müssen. Aber Österreich ist ein vielfältiges Land, das eine gemeinsame Basis an Regeln braucht und an denen sich jeder halten muss“, betonte Raab (siehe Video oben). 

Der Plan einer Leitkultur wird aktuell - vor allem in sozialen Medien - heiß diskutiert. Experten werfen Raab Populismus und Hetze gegen Flüchtlinge vor.

Doch was kommt mit einer Leitkultur nun wirklich auf Österreich zu? Raab stand krone.tv-Moderator Gerhard Koller Rede und Antwort.

(Bild: krone.tv)

Vergleich zu Leitbild in Unternehmen
„Unter einer Leitkultur stellen wir uns ein Leitbild vor, wie das auch große Unternehmen machen. Wie man im Unternehmen zusammenarbeitet, auf welchen Werten das Unternehmen fußt und wie man auch als Unternehmen nach außen hin auftritt. So wollen wir auch als Österreich eine Leitkultur“, erklärte Raab. 

Zitat Icon

Es geht um Verhaltensnormen. Wie man sich miteinander verhält. Eine Hausordnung, in der die Regeln des Zusammenlebens im Zentrum stehen.

Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) zur Idee einer Leitkultur für Österreich

„Werte unseres Zusammenlebens akzeptieren“
Und das sei primär im Integrationsbereich von großer Relevanz. „Integration bedeutet, die Sprache zu lernen, arbeiten zu gehen und auch die Werte unseres Zusammenlebens zu akzeptieren. Und das ist deshalb relevant, weil viele Menschen zu uns kommen, die völlig anders sozialisiert wurden. Wo die Kultur eine ganz andere ist, wo Frauen weniger wert sind als Männer, wo Mädchen keinen Zugang zur Bildung haben und zwangsverheiratet werden oder wo die Polizei nicht dein Freund und Helfer ist, sondern höchst korrupt. All das ist wichtig, zu vermitteln. Und hier müssen sich die Zuwanderer auch anpassen.“

Claus Pándi zur „Leitkultur“ der ÖVP

Der Kanzler hat ein altes Thema für sich neu entdeckt. Gut möglich, dass das nur wenige mitbekommen haben. Das wäre auch ein Glück für die ÖVP. Es geht nämlich darum, dass Karl Nehammer die famose Susanne Raab beauftragt hat, eine österreichische „Leitkultur“ zu entwickeln.

Was das soll, ist schleierhaft. Nach den Erfahrungen mit Türkis-Schwarz geht es wohl um ein Idealbild, was richtige Österreicher für Musik zu hören haben (Strauss und Gabalier), was man zu essen hat (Schinkenfleckerl und Schnitzel), was man lesen soll (Grillparzer und Brezina).

Das ist natürlich ein rechter Unsinn als Antwort auf die Fragen der Migration. Außerdem haben kluge Köpfe schon vor Jahrzehnten die Frage mit der Leitkultur geklärt: Es geht darum, dass man sich an westliche Werte hält, Staat und Religion auseinanderhalten kann, und so ganz allgemein die Rechte der Menschen respektiert.

Vereinfacht erklärte das einmal Wiens Alt-Bürgermeister Michael Häupl als Hausordnung, an die sich die Leute zu halten haben.

Menge anderer Fragen
Was Ministerin Raab sich da Neues ausdenken soll, ist schleierhaft. Der lächerliche Hokuspokus mit der „Leitkultur“ wäre auch völlig egal, gäbe es nicht eine ganze Menge anderer Fragen: Demnächst streichen Europas Konzerne 80.000 Arbeitsplätze, die Wohnpreise steigen, vielen fehlt hinten und vorne das Geld für den Alltag.

Die Regierung möge daher ihre Restlaufzeit für klügere Ideen nützen. Vielen Dank.

Sanktionen bei Nicht-Befolgung möglich
Bedeutet das gleichzeitig, wenn sich jemand nicht anpasst, dass dann der Flüchtlingsstatus verschwinden kann? Raabs deutliche Antwort: „Ja, da wird es Maßnahmen geben, die man gesetzlich abbilden kann.“ Sie sprach etwa von Kürzungen der Sozialleistungen oder negativen Einflüssen im Staatsbürgerschaftsverfahren oder beim Asylstatus. 

(Bild: Tomschi Peter)

Was erwarten Österreicher von Zuwanderern?
Auf der anderen Seite gehe es ihr darum, dass man auch als Österreicher eine klare Erwartungshaltung kommuniziert. „Integration heißt Anpassung. Wo und wie sollen sich die Menschen unserer Meinung nach integrieren? Wo erwarten wir eine Anpassung? Wir wollen nicht, dass in Österreich Männer Frauen sagen, wie sie leben sollen, oder ob sie Autofahren oder Deutsch lernen dürfen. Das ist ganz klar, dass hier Anpassung notwendig ist.“

Wie das kontrolliert werden soll? Raab: „Natürlich kann man nicht in jeden Haushalt hineinregieren, aber wir sehen im Integrationsbereich immer wieder Punkte, wo Flüchtlinge im System aufschlagen und wo man hier Nachschau halten muss.“

Mit der neuen Leitkultur sollen vor allem Regeln für Zuwanderer hinsichtlich einer Verbesserung des Zusammenlebens in Österreich erstellt werden. (Bild: WoGi - stock.adobe.com)
Mit der neuen Leitkultur sollen vor allem Regeln für Zuwanderer hinsichtlich einer Verbesserung des Zusammenlebens in Österreich erstellt werden.

Die Ministerin brachte ein Beispiel: Wenn man nach Österreich kommt und einen positiven Asylbescheid hat, muss man Deutsch- und Wertekurse machen sowie eine Integrationserklärung unterzeichnen, ansonsten droht die Kürzung von Sozialleistungen. Weitere Sanktionsmöglichkeiten wolle man sich aktuell noch überlegen.

Auch Bildungsbereich ist ein Thema
In Sachen Leitkultur nimmt Raab auch den Bildungsbereich nicht aus. Ihre Überlegung lautet folgendermaßen: „Wie können wir Schüler mit Migrationshintergrund, wenn es um die Vermittlung unserer Werte geht, noch besser erreichen?“

Rekord: Ausländeranteil in Graz liegt jetzt bei 24 Prozent. (Bild: dpa/Armin Weigel)
Rekord: Ausländeranteil in Graz liegt jetzt bei 24 Prozent.

Bundesländer für Kürzung der Sozialhilfe zuständig
Laut Raab gab es in der Vergangenheit bereits Fälle, wo Sozialleistungen gekürzt wurden. „Das ist Aufgabe der Bundesländer, die zuständig sind für die Auszahlung der Sozialhilfe. Manche machen es konsequenter, andere vielleicht etwas lockerer. Von uns gibt es ganz klar konsequent Meldungen, wenn ein Asylberechtigter keinen Kurs belegt. Es ist notwendig, dass man Konsequenzen setzt.“ 

Bevölkerung soll miteinbezogen werden
Bis 2030 soll Raab nun ein derartiges Konzept erarbeiten. Wir 
fangen nicht bei null an. Wir haben die letzten Jahre schon rund 100.000 Flüchtlinge in Wertekursen gehabt, wir sehen genau, wo die Werte aufeinanderprallen und was wichtig ist, zu kommunizieren (z.B. Antisemitismus). Wir werden die Materialien, mit denen wir arbeiten, als Grundlage hernehmen.“ Zudem sollen Experten eingebunden werden. „Wir wollen auch Österreicher einbinden und sie fragen, welche Regeln des Zusammenlebens ihnen wichtig sind, aber auch, welche Traditionen ihnen wichtig sind.“ 

Was Raab zur angedachten Bezahlkarte für Asylwerber hält, können Sie im Video oben nachschauen. 

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