Die Filmindustrie hat Nordirland schon längst als Kulisse entdeckt. Als Reiseland wurde es lange unterschätzt. Saftige grüne Wiesen, schroffe Felsküsten, sagenumwobene Burgen in großer Zahl auf kleinster Fläche sind aber nur ein paar der Gründe für einen Besuch.
Schafe. Und zwar reichlich davon. Das ist das Erste, was einem vor dem geistigen Auge vorschwebt, wenn man von der Insel Irland hört. Natürlich auch die unzähligen Nuancen der Farbe Grün. Ob es gar 40 sind, wie einst Johnny Cash in seinem Lied „40 Shades Of Green“ besang, haben wir nicht nachgezählt.
Aber ja, Grün ist auf der Insel nicht nur die Nationalfarbe, dank des gemäßigten Klimas, das durch den Atlantik und den Golfstrom geprägt ist und dafür sorgt, dass zwölf Monate im Jahr hindurch das Gras wächst, auch die Landschaft. Wiesen, Hügel, Weiden oder Moore – verlässt man die größeren Städte, wie zum Beispiel Belfast, die Hauptstadt Nordirlands, eröffnen sich dem Besucher aber nicht nur die Grünschattierungen.
Immergrüne Insel als Filmkulisse
Schnell wird klar, warum auch die Filmindustrie schon längst die immergrüne Insel als Kulisse entdeckt hat. Grund dafür sind einerseits nicht nur die dramatischen Küstenlandschaften mit steilen Klippen, die in den tosenden Atlantik hinabstürzen, und unberührte Sandstrände. Ein weiterer Anziehungspunkt sind die unzähligen alten Ruinen von Burgen, Schlössern und Abteien. 3000 solcher Relikte sollen es sein.
So friedlich manche Szenerie wirkt, natürlich hat man auch die schwierige politische Geschichte der Insel Irland im Hinterkopf. Begonnen hat es einst im 12. Jahrhundert mit den englischen und schottischen Invasionen. Die protestantischen Siedler standen oft im Gegensatz zur einheimischen, mehrheitlich katholischen Bevölkerung. Der wachsende irische Nationalismus führte letztendlich zur irischen Unabhängigkeitsbewegung und zur Teilung der Insel 1921 in die Republik Irland und Nordirland, das zum Vereinigten Königreich gehört.
Und damit zu den sogenannten „Troubles“ in Nordirland, den gewalttätigen Konflikten, die von den späten 1960er-Jahren bis zum Karfreitagsabkommen 1998, das ihn beendete, andauerte: geprägt von politischen Auseinandersetzungen, hauptsächlich zwischen protestantischen Gruppen, die die Union mit Großbritannien aufrechterhalten wollten, und katholischen Gruppen, die eine Vereinigung Nordirlands mit der Republik Irland anstrebten. Die „Murals“ in Belfast sind Zeitzeugen und Mahnung zugleich, wie fragil der Frieden ist. Vor den großen, oft politisch motivierten Wandmalereien, die auf Gebäuden und den Mauern, die einst als „Friedenslinie“ die Stadt teilten, zu finden sind, stehen heute die Touristen für Fotos an.
Mittlerweile ist die Grenze zwischen Nordirland und der Republik Irland fließend. Im Tourismussektor arbeitet man schon lange zusammen, wie uns auch Billy Scott erzählt. Der Fremdenführer kennt nicht nur jede Ecke seiner Heimatstadt Belfast, er ist auch ein Ire und Geschichtenerzähler, wie er im Buche steht. Sein Naturell ähnlich der Landschaft: rau, aber herzlich.
In atemberaubendem Tempo garniert er Fakten mit Anekdoten und Sagen, vergisst dabei des Öfteren, dass selbst für diejenigen, die der englischen Sprache durchaus mächtig sind, der irische Dialekt schwer verständlich ist. Dafür aber klingt er viel melodischer und weniger steif. Was nicht nur daran liegt, dass Billy nur allzu gerne mal ein irisches Volkslied anstimmt.
Ausschweifend amüsant ist auch seine Erzählung beim wohl meistbesuchten Ziel der Touristen in Nordirland, dem Giant’s Causeway. Ein wunderbarer Mythos, der tief in der irischen Identität verwurzelt ist, rankt sich um die Entstehung der rund 40.000 sechs- und achteckigen Basaltsäulen, die sich wie Fliesen symmetrisch perfekt vier Kilometer an der Küste des Counties Antrim aneinanderreihen. Einige erreichen Höhen von bis zu 12 Metern.
Der Riese Finn McCool soll sie einst in die Erde gestampft haben, um einen Weg über das Meer zu seinem schottischen Gegenstück Benandonner zu erschaffen. Wissenschaftlich betrachtet ist der Giant’s Causeway aber wohl eher das Ergebnis intensiver vulkanischer Aktivität vor etwa 50 bis 60 Millionen Jahren. Heute gilt er als nationales Naturreservat, das sich auch über vier wunderbare Wanderwege erkunden lässt und 1986 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt wurde.
Entlang der Causeway Coastal Route
Auf einer der spektakulärsten Küstenstraßen der Welt, die sich von Belfast bis zur Stadt Derry erstreckt, sollte man auf jeden Fall fahren. Sie bietet eine faszinierende Mischung aus atemberaubender Landschaft, charmanten kleinen Dörfern und historischen Sehenswürdigkeiten. Wie die prächtigen Burgruinen des Dunluce Castle, die sich auf einem Felsvorsprung erheben und nur durch eine schmale Brücke mit dem Festland verbunden sind, was die Burg aus dem 13. Jahrhundert zu einer leicht verteidigbaren Festung machte.
Im Jahr 1639 stürzte ein Teil der Küche samt Personal während eines stürmischen Abends ins Meer. Die damalige Besitzerfamilie MacDonnell suchte daraufhin das Weite. Zum kleinen Dorf Ballintoy mit seinem malerischen Fischerhafen fühlen sich hingegen seit „Game of Thrones“ viele Touristen hingezogen. In der Serie diente es als Kulisse für Pyke, die Hauptstadt der Iron Islands, Heimat des Hauses Greyjoy. „Die Thronies lieben es“, grinst Billy.
Dass Nordirland kulinarisch Fish und Chips mittlerweile hinter sich gelassen hat, kann man nicht nur im lebhaften Belfast schmecken. Der Schwerpunkt liegt dabei auf handwerklich hergestelltem Käse, Rind- und Lammfleisch und frischen Meeresfrüchten direkt vom Boot. Und natürlich auf dem einen oder anderen Glas Cider oder Whiskey.
Ein weiterer Blockbuster verhalf Belfast dazu, positiver mit einem anderen Erbe umzugehen. „Lange Zeit wollten wir nicht auf das Thema ,Titanic‘ angesprochen werden“, so Fremdenführer Billy. Und das, obwohl Belfast einst mit den Werften von Harland and Wolff, gegründet 1861, zu einem der größten Schiffbauzentren der Welt aufstieg.
Die „Titanic“ wurde zusammen mit ihren Schwesterschiffen, der „Olympic“ und der „Britannic“, in Belfast gebaut. Im beeindruckenden „Titanic“-Museum im gleichnamigen Viertel der Stadt macht der Besucher sich auf die Spuren des berühmten Passagierdampfers – und seines Unterganges. Den halten die Nordiren den Engländern heute noch vor. Oder wie Billy schmunzelnd erklärt: „Wir Iren bauten sie unsinkbar, versenkt hat sie aber ein englischer Kapitän.“
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