Massive Aufrüstung?

NATO-General: „Europa muss sich wappnen“

Ausland
10.02.2024 11:14

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg befürchtet, dass sich der russische Angriffskrieg in der Ukraine noch sehr lang hinziehen könnte. Er forderte die europäischen Mitgliedsländer aus diesem Grund auf, massiv aufzurüsten. „Wir müssen uns wappnen für eine möglicherweise jahrzehntelange Konfrontation“, warnte er.

„Die NATO sucht keinen Krieg mit Russland“, so Stoltenberg in einem Interview mit „Welt am Sonntag“. Dennoch müsse sich auf den Ernstfall vorbereiten. „Wenn (der russische Präsident Wladimir) Putin in der Ukraine gewinnt, gibt es keine Garantie dafür, dass die russische Aggression sich nicht noch auf andere Länder ausbreitet“, warnte der NATO-Chef.

Stoltenberg: „Eigene Bestände wieder auffüllen“
Die Waffenproduktion in Europa müsse daher hochgefahren werden. „Wir müssen unsere industrielle Basis schneller wiederherstellen und ausbauen, damit wir die Lieferungen an die Ukraine erhöhen und unsere eigenen Bestände wieder auffüllen können“, so der frühere norwegische Ministerpräsident.

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg (Bild: AFP)
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg

NATO-Chef: Westen kann Russland bei Waffenproduktion übertreffen
Stoltenberg plädierte deshalb für zügige Vertragsabschlüsse der NATO-Staaten mit ihren Rüstungsindustrien, damit sie ihre Produktion hochfahren könnten. Der Westen habe die Mittel, Russland sowohl bei der Produktion als auch bei Investitionen zu übertreffen. Da Moskau seine gesamte Wirtschaft auf Krieg ausrichte, müsse auch die NATO mehr für ihre Sicherheit tun. Ziehe das Bündnis nicht nach, werde der russische Präsident Wladimir Putin davon profitieren. Dadurch wäre Europas Sicherheit gefährdet.

Experte hält Überfall auf NATO-Gebiet möglich
Der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, hält einen russischen Angriff auf NATO-Gebiet für nicht ausgeschlossen, sollte die Ukraine den Krieg verlieren. Auf die Frage, ob er Putin einen solchen Angriff zutraue, sagte er der „Rheinischen Post“ (Samstag): „Natürlich. Putin hat ja mehrfach gesagt, dass die größte Katastrophe des 20. Jahrhunderts der Zerfall der Sowjetunion war, weil damit viele Russen außerhalb der Grenzen Russlands gestrandet sind.“

Putin wolle ein Groß-Russland in den Grenzen der ehemaligen Sowjetunion wiederherstellen, ein russisches Weltimperium, in dem er wie ein Zar herrschen könne, sagte Heusgen. „Sollte Putin den Krieg in der Ukraine nicht verlieren, müssen wir damit rechnen, dass er auch nach der Republik Moldau oder den baltischen Staaten greift.“ Der Frieden in Europa sei keine Selbstverständlichkeit ist. Abschreckung funktioniere nur, wenn sie glaubwürdig ist, so Stoltenberg.

Stoltenberg plädiert für Militärhilfe für die Ukraine
Er wolle nicht darüber spekulieren, was Putin wirklich wage. „Aber wir müssen alles tun, damit die Ukraine jene Waffen und Militärhilfe bekommt, die sie bräuchten, um sich gegen die russischen Aggressoren erfolgreich zu wehren und sie von ihrem Staatsgebiet wieder zu vertreiben.“

Putin hatte in einem Interview des rechtsgerichteten US-Moderators Tucker Carlson gesagt, dass Russland keine territorialen Ansprüche gegen Polen oder den Baltenstaat Lettland hege. Ein russischer Einmarsch in diese NATO-Staaten sei „absolut ausgeschlossen“ - mit einer möglichen Ausnahme: „Wenn Polen Russland angreift.“ Der polnische Parlamentspräsident Szymon Holownia mahnte in Warschau in Reaktion darauf, solchen beschwichtigenden Äußerungen Putins keinen Glauben zu schenken.

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