Zähe Verhandlungen
Neue Schuldenregeln für die EU sind beschlussreif
In der Nacht auf Samstag haben sich Vertreter Europaparlaments und der Regierungen der Mitgliedsstaaten auf neue Schuldenregeln in der EU geeinigt. Der endgültige Beschluss dürfte nur noch Formsache sein. Bei den zähen Verhandlungen konnte ein Kompromiss zwischen jenen Ländern, die auf eine Aufweichung pochten, und den Verfechtern eines strengeren Kurses - darunter auch Österreich - erreicht werden.
Die Einigung werde den Stabilitäts- und Wachstumspakt erheblich verbessern und wirksame und anwendbare Regeln für alle EU-Länder gewährleisten, erklärte der belgische Finanzminister Vincent Van Peteghem im Namen der belgischen Ratspräsidentschaft.
Grundsätzlich gibt es in der EU die Regel, dass der Schuldenstand eines Mitgliedstaates 60 Prozent der Wirtschaftsleistung nicht überschreiten darf. Zudem gilt es, das gesamtstaatliche Finanzierungsdefizit - also die vor allem durch Kredite zu deckende Differenz zwischen den Einnahmen und Ausgaben des öffentlichen Haushalts - unter drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu halten.
Schuldenregeln wegen Corona und Ukraine-Krieg ausgesetzt
Das bisherige Regelwerk zur Überwachung und Durchsetzung dieser Vorgaben sahen Kritiker seit Langem als zu kompliziert und zu streng an. Wegen der Corona-Krise sowie der Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine wurde es zuletzt sogar ganz ausgesetzt. Vor allem 2020 lagen die Defizite in fast allen EU-Ländern deutlich über der Drei-Prozent-Marke.
Die nunmehrigen Reformpläne sehen unter anderem vor, dass bei EU-Zielvorgaben für den Abbau zu hoher Defizite und Schulden die individuelle Lage von Ländern stärker berücksichtigt wird. Zugleich soll es für hoch verschuldete Länder klare Mindestanforderungen für die Rückführung von Schuldenstandsquoten geben.
Flexibler Rückzahlungszeitraum bei glaubhaften Sanierungsplänen
Vorgesehen bleibt weiter, dass Staaten bei einem Verstoß gegen die Drei-Prozent-Defizitgrenze eine jährliche strukturelle Verbesserung von mindestens 0,5 Prozent des BIP erreichen sollen. Gegner sehr strenger Regeln setzten allerdings durch, dass auch der Anstieg der Zinszahlungen berücksichtigt wird. Wenn Mitgliedsstaaten glaubhafte Reform- und Investitionspläne vorlegen, die Widerstandsfähigkeit und Wachstumspotenzial verbessern, soll auch der Zeitraum zur Schuldenverringerung verlängert werden können.
Grundlage der nun getroffenen Einigung waren Reformvorschläge der EU-Kommission, die allerdings vor allem von Deutschland als zu weitreichende Aufweichung des Stabilitätspakts kritisiert worden waren. Auch Österreichs Finanzminister Magnus Brunner trat für „strikte, durchsetzbare und klar definierte Schuldenregeln“ ein. Die Regierungen der EU-Staaten verständigten sich deswegen nach monatelangen Verhandlungen auf etliche Veränderungen.
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