Die wahre Geschichte hinter dem millionenschweren Megahit von DJ Ötzi, der aus der Feder der drei Murtaler Fritz Schicho, Manfred Padinger und Walter Schachner stammt.
Die Sirene heult, der Chor ruft „An-ton, An-ton. Ich bin so schön, ich bin so toll, ich bin der Anton aus Tirol“. Der Stimmungsmacher Gerry Friedle hat dieses Gaudi-Lied im Feber 1999 angeboten bekommen. Wie schon Hansi Hinterseer zuvor, konnte sich auch der Tiroler DJ ganz und gar nicht für das rustikale Volksmusik-Stück erwärmen und lehnte ab. Die Oma war es, die das Hit-Potenzial der Disco-Version von „Anton in Tirol“ erkannte und den damaligen DJ und Karaoke-Sänger ermutigte. „Gerhard, ich sage dir, das zieht! Das mag Jung und Alt, und jeder Besoffene kann es mitsingen.“ Diese Argumente überzeugten den Tiroler Sturschädel.
Elf Stunden für einen absoluten Superhit
„Normal singt man so ein Lied ein oder zwei Stunden ein, ich habe elf Stunden für den ,Anton‘ gebraucht“, erinnert sich DJ Ötzi an die Geburtsstunde des Gassenhauers, der von den Murtalern Manfred Padinger, Walter Schachner und Fritz Schicho geschrieben wurde. „Eigentlich ist der Anton eine Kabarettnummer, die 1989 als deftige Urversion im ,Gimpel-Programm‘ Premiere feierte“, erzählt Schicho. Walter Schachner hat die entschärfte Version als Platte aufgenommen und machte sich damit zur treibenden Kraft des Generationen-Hits.
14 Interpreten versuchten sich erfolglos an dem musikalischen Egotrip, bis DJ Ötzi kam, sang und das Volkslied mit wummernden Beats untermalte. Der Wiener Manager und Verleger Herbert Fechter hatte die Idee zur Techno-Version und die passenden Produzenten (Claus Markus, Klaus Biedermann, Christian Seitz), um aus dem Ladenhüter einen Lottosechser zu machen. „Ich hätte nie geahnt, dass diese pimpige Melodie so ein Knaller wird. Der ,Anton‘ war aber Fluch und Segen zugleich“, blickt Schicho auf den Hype um die Jahrtausendwende zurück. „Selbst unsere Freundschaft hat darunter gelitten, denn es ging um Eitelkeiten und viel Geld.“ Der Jackpot musste ja auf drei Komponisten aufgeteilt werden. Dazu kamen noch Plagiatsvorwürfe eines slowenischen Musikers. Die „Anton-Doppelgänger“ vermehrten sich damals wie die Platin- und Goldschallplatten an den Wänden der Murtaler Komponisten, die sich um die Rolle des „Ur-Antons“ duellierten. Das ärgerte DJ Ötzi, der mit dem Song über Nacht zum Mega-Star wurde. Von Hamburg bis Hartberg wurde der Lederhosen-Anton gebucht, der täglich bis zu drei Auftritte absolvierte und dabei seine spätere Frau Sonja kennenlernte.
Der „Anton“ finanzierte ein Pferdegestüt in Nizza
„Der Gerry hat uns Song-Schreibern vorgeworfen, dass wir nur abcashen wollen“, erinnert sich Schicho, „dabei ging es bei den Tantiemen nie um Millionen!“ Die hat Herbert Fechter verdient. „Der Anton aus Tirol hat mir mein Pferdegestüt in Nizza mitfinanziert“, dankte dieser den Komponisten. „Ich hab leider erst im Nachhinein begriffen, was ich da mit der Abgabe der Verlagsrechte verschenkt habe.“
Heute, 25 Jahre später, bringt der „Anton“ jährlich an die 4000 Euro Tantiemen. „Ich habe so viele Volkslieder komponiert, aber angesprochen werde ich nur auf den Anton, bedauert der 70-Jährige, der im September im Grazer Theatercafé als Kabarettduo „Gloggi & Schicho“ in Rente geht und lieber Kühe auf der Alm hütet als Lachmuskeln strapaziert. Sein Kollege Walter Schachner (72) bastelt in Klagenfurt weiter an neuen Songs. Dem Dritten im Bunde, Manfred Padinger, blieb das Glück mit dem Megahit verwehrt. Der „zerrissene“ Vollblutmusiker kam 2013 bei einem tragischen Unfall in Niederösterreich ums Leben. Der „Anton aus Tirol“ dürfte hingegen unsterblich sein.
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