Immer mehr Kinder werden von den Schulen in Oberösterreich suspendiert. Ein Sozialpädagoge bezweifelt die Sinnhaftigkeit dieser Maßnahme, denn oft seien die Schülerinnen und Schüler in dieser Zeit sich selbst überlassen. „Die Betroffenen sind nicht schwierig, weil sie ein super Leben führen!“
Was ist bloß mit unseren Kindern los? Im vergangenen Schuljahr stieg die Zahl der Suspendierungen um rund 160 an – insgesamt 501 Schülerinnen und Schüler mussten dem Unterricht für 14 Tage fernbleiben. Am massivsten haben die vorübergehenden Ausschlüsse in den AHS und den Sonderschulen zugenommen, in letzterer Schulform gab es einen Anstieg von über 200 Prozent.
Kinder nicht das Problem
„Die Ursachen sind meist nicht Gewalt, sondern, dass die Kinder im Unterricht einfach nicht folgen“, weiß Alexander Unterberger. Der Sozialpädagoge hat oft mit verhaltensauffälligen Kindern und Jugendlichen zu tun und meint: „Die Grundsubstanz der Kinder hat sich nicht verändert, das wäre ein genetisches Wunder. Kinder sind aber immer das Produkt ihrer Umwelt.“
„Suspendierungsfreudigkeit“ spürbar
Doch warum steigen die Zahlen dann so massiv an? „Wir merken eine gewisse ,Suspendierfreudigkeit’, diese Maßnahme wird sehr schnell ausgesprochen“, so Unterberger. Die Richtlinien dafür seien offen formuliert – wie das Verhalten der Kinder von den Lehrpersonen aufgenommen wird, ist eine sehr subjektive Sache.
Ich bin nicht grundsätzlich gegen Suspendierungen, manchmal geht’s nicht ohne. Langfristig bringen sie überhaupt nichts. Würden Strafen etwas bringen, bräuchten wir nur staatlich geprüfte Zusammenscheißer.
Alexander Unterberger, Sozialpädagoge
Kein langfristiger Nutzen
Langfristig würden die Suspendierungen aber überhaupt nichts bringen. „Die Betroffenen sind nicht schwierig, weil sie ein super Leben führen. Wenn ich sie vom geschützten Rahmen der Schule zurück ins Schädigungsumfeld gebe, ist das kontraproduktiv. Zu glauben, dass das etwas bringt, ist nicht nur kurzsichtig, sondern blöd“.
Mit Schmach alleine
Oft seien die Suspendierten zu Hause dann mit ihrer Schmach und den Problemen alleine, denn Eltern könnten sich nicht einfach Urlaub nehmen. „Den Kindern ist der Ausschluss vom Unterricht zu Tode peinlich, das Zurückkommen an die Schule ist das Peinlichste überhaupt“, weiß der Sozialpädagoge.
„Problem wird größer werden“
Er würde sich wünschen, dass danach eine Verpflichtung für beide Seiten entsteht – sowohl für Eltern als auch für Pädagogen, denn „solange wir nur die Zuständigkeiten herumschachern, wird das Problem größer werden.“
Ist Bildungssystem gerecht?
Um nachhaltig etwas zu ändern, „bräuchte man nur nachlesen, was man eh schon weiß. Gewisse Unterrichtsformen sind einfach nicht mehr zeitgemäß, nach der Volksschule sollten alle Kinder in einer gemeinsamen Schulform unterrichtet werden“. Ist unser Bildungssystem gerecht? „Nein, ist es nicht – und fair schon gar nicht!“
Weitere Themen aus der sozialpädagogischen Praxis im Podcast „sozialfuzzi“
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