Als erste Gemeinde Österreichs übernimmt das Tiroler Kufstein die Patenschaft für eine ukrainische Stadt. Was eine Schweizer Stadt vor fast 80 Jahren für Kufstein leistete, möchte die Festungsstadt nun weitergeben. Das Projekt startet im heurigen Sommer.
Was vor 78 Jahren mit der Lieferung von Hilfsgütern begann, welche die Stadt Frauenfeld zur Bewältigung der Folgen des 2. Weltkrieges nach Kufstein sendete und dazu noch mehrere Sommer lang etliche Familien der Schweizer Ortschaft bis zu 85 Kufsteiner Kinder, die unterernährt waren, zum „aufpäppeln“ bei sich aufnahm, das ist bis heute tief im Bewusstsein der Unterländer Festungsstadt verankert.
Drei Sommer lang - ab 1946 - konnten alljährlich dutzende Kufsteiner Kinder ihre Ferien in Sicherheit, bei gutem Essen und kindlichen Tätigkeiten in Frauenfeld verbringen. Gut, dass wir nun auch helfen können.
Horst Steiner, Kufsteins Referent für Städtepartnerschaften
Kufstein übernimmt eine humane Vorreiterrolle
Diese Erinnerung an die damalige Hilfe in großer Not kann auch als Wurzel dessen gesehen werden, was nun Kufstein, als erste Stadt Österreichs, seit Beginn des Ukrainekrieges beispielhaft für andere Gemeinden vorgibt und vorlebt - nämlich die Patenschaft für eine ukrainische Stadt. „Es sind an die 100 Städte in der gesamten Ukraine, die Interesse an Partner- und Patenschaften mit einer Gemeinde in der EU haben“, meint Projektunterstützerin Julia Berger, welche selbst in der Ukraine geboren wurde.
Patenschaft für eine alte ukrainische Stadt
Nach genauer Sondierung dieser präsentierte sie ein paar von ihrer Struktur her zu Kufstein passende Kommunen der Stadtführung. Diese entschied sich schlussendlich für die etwa 100 Kilometer südlich von Lemberg liegende, rund 17.000 Einwohner zählende Stadt Berezhany. Berezhany, eine der ältesten ukrainischen Siedlungen, war im Laufe seiner Geschichte ein Handels-, Handwerks-, Kultur-, Bildungs- und Verwaltungszentrum.
Berezhany weist neben der europäischen Baustruktur seines Altstadtkerns weitere Ähnlichkeiten mit Kufstein auf, so wurde im 16. Jahrhundert eine Festung errichtet und die Stadt hatte wirtschaftliche Bedeutung, auch durch ihre Glasmanufaktur. Der derzeitige Bürgermeister, Rostyslav Bortnyk, ein Architekt und Künstler, der 17 Jahre in Österreich lebte und arbeitete, ist ein Verfechter dafür, dass europäische Ideen in die ukrainische Realität umgesetzt werden.
Erholung für ukrainische Kinder in Tirol
In einer Videobotschaft an Kufstein lässt er unter anderen verlauten: „Ich bitte nicht um Waffen, Munition oder Geld. Ich bitte Euch, unseren Kindern und ihren Müttern zu helfen.“ Und Kufstein hilft, wie am Mittwoch im Rahmen eines Pressegesprächs Kufsteins Kulturreferent Klaus Reitberger mitteilte: „Von 20. Juli bis 3. August holen wir 70 Mütter und ihre Kinder aus Berezhany für einen zweiwöchigen Erholungsurlaub zu uns in die Festungsstadt. Hier bieten wir ihnen ein umfangreiches Programm an Freizeitaktivitäten“.
Die Stadtgemeinde Kufstein gibt durch dieses humane Projekt ein Beispiel für andere Gemeinden in Tirol, Österreich und Europa. Aktiv gelebte Solidarität wie diese ist eine starke Waffe gegen brutale Kriegsführung und Unterdrückung.
Julia Berger, koordinierende Unterstützerin des Hilfsprojekts „Städtepatenschaft Berezhany“
Dafür ist die Mithilfe von Unternehmen, Vereinen und Freiwilligen gefordert, welche die eine oder andere Aktivität leiten und betreuen. Untergebracht sollen die Mütter mit ihren Kindern, gleich wie die Kufsteiner Kinder vor 78 Jahren in der Schweiz, bei Familien werden, bei denen sie auch frühstücken und mittagessen können. Obwohl die Patenschaft und ihre Durchführung erst am 29. Februar im Kultur Quartier Kufstein der Bevölkerung präsentiert wird, haben sich schon einige Kufsteiner als Gastfamilie angeboten.
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