Schuldspruch für den früheren Geschäftsführer der Käserei Gloggnitz (NÖ): Der 39-Jährige war in Wiener Neustadt wegen grob fahrlässiger Tötung in fünf Fällen und mehrfacher grob fahrlässiger (schwerer) Körperverletzung angeklagt. Im „Kajmak“ seiner Käserei wuchsen die tödlichen Listerien. Das Urteil: 13 Monate Haft.
Der gefährliche Keim habe zwischen 2020 und 2022 zu fünf Todesfällen in Wien geführt, sechs weitere Menschen erkrankten - unter ihnen ein Baby, das bei seiner Geburt 2022 an Listeriose litt. Das Mädchen kam sieben Wochen zu früh zur Welt, überstand eine lebensbedrohende Sepsis.
Ratten und Schwarzschimmel
Die Aussagen der bisherigen Zeugen in dem Prozess, der seit September 2023 lief, gaben einen bedenklichen Einblick in die Zustände in der Käserei: Von Ungeziefer, Ratten, Schwarzschimmel und einem muffigen Geruch war die Rede. Es habe keine Hygieneschulungen für die Mitarbeiter gegeben. Eines der Lieferautos war nur isoliert statt gekühlt, bei einem anderen funktionierte die Kühlung nicht.
Angeklagter soll Ehefrau geschlagen haben
Der aus Serbien stammende angeklagte frühere Käsereichef sieht sich als unschuldig. Zum Start des Verhandlungstages am Donnerstag überrascht die Staatsanwältin mit einer Ausweitung der Anklage um Untreue, Körperverletzung, versuchte Körperverletzung und Nötigung. „Er hat seine Frau im Büro am Körper verletzt, indem er sie grob am Hals gepackt und ihr eine Ohrfeige gegeben hat“, sagt die Anklägerin.
„Vielleicht etwas fester angepackt ...“
Im Gerichtssaal wird ein Video des unschönen Vorfalls vom 10. März 2023 vorgespielt. Darin zu sehen ist eine laut schreiende Frau, die vom Angeklagten attackiert wird. „Ich habe nicht auf sie eingeschlagen, ich habe sie gedrückt und vielleicht etwas fester angepackt an diesem Tag“, bekennt er sich trotz der Aufnahmen nicht schuldig. Im Video ist auch zu sehen, wie der Mann einen zu Hilfe eilenden Mitarbeiter wegstößt. „Ich wurde dabei in keinster Weise verletzt“, sagt dieser als Zeuge im Gericht.
Die neuen Vorwürfe werden im März verhandelt
Ein weiterer neuer Vorwurf der Staatsanwaltschaft betrifft den Konkurs der Käserei Gloggnitz. Der Ex-Chef soll Bargeld der Handkassa wissentlich der Masse entzogen haben. Weil weitere Zeugen erforderlich sind und um das Verfahren nicht zu verzögern, scheidet die Richterin die neuen Vorwürfe aus. Ebenso wie zwei Infektionsfälle, die ein Restaurant in Wien betreffen. Auch hier bedarf es weiterer Zeugen. All diese Fakten werden nun am 14. März verhandelt.
„Nur die Spitze des Eisbergs“
Am dritten Prozesstag am Donnerstag kommt abschließend ein Gutachter zu Wort: „In den erkrankten Patienten wurde der gleiche Listerienstamm gefunden wie in der Käserei Gloggnitz. Es gibt keinen Zweifel, dass diese Stämme zusammengehören. Die Listerien können nur aus dieser Quelle stammen.“ Die Inkubationszeit sei sehr lange und betrage bis zu 70 Tage. „Wir sehen bei den vorliegenden Fällen nur die Spitze des Eisbergs. Es gab sicher viel mehr Erkrankungen, die unentdeckt blieben, weil sie milder verlaufen sind“, berichtet der Gutachter.
13 Monate und 25.000 Euro Schmerzengeld
Der nun nochmals alle angeklagten Infektionsfälle einzeln durchgeht. So musste eines der Opfer 188 Tage intensivmedizinisch versorgt werden. Der Wiener, der keine Vorerkrankungen hatte, ist jetzt dauerhaft auf Pflege angewiesen. Andere Fälle sind nicht minder schockierend.
„Das Tragischste an diesem Verfahren sind die Menschen, die jetzt nicht mehr unter uns leben. Unabhängig davon, ob ich Schuld daran trage, ist es das Ärgste, was passieren kann. Das tut mir unendlich leid“, beteuert der Ex-Geschäftsführer in seinen Schlussworten. „Ich möchte, dass das alles rasch ein Ende findet. Und ich mein Leben redlich fortsetzen kann.“ Gegen 12.30 Uhr spricht Richterin Birgit Borns das Urteil: 13 Monate Haft und 25.000 Euro Schmerzengeld für drei Erkrankte. Nicht rechtskräftig.
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