Akt ging einfach unter

Wien: Wie ein Lehrer jahrelang missbrauchen konnte

Wien
15.02.2024 17:34

Im Fall eines Lehrers, der in Wien über Jahre hinweg Dutzende Schüler missbraucht haben soll, gibt es neue Erkenntnisse. Die mutmaßlichen Übergriffe hätten verhindert werden können, wäre eine bereits 2013 gegen ihn eingebrachte Anzeige bei den Behörden nicht versandet - nun liegt der Untersuchungsbericht vor.

Betäubt, sexuell missbraucht und davon massenhaft Foto- und Videomaterial angefertigt, lauten die schweren Vorwürfe. Jahrelang konnte Ronald S. mutmaßlich an einer Wiener Mittelschule, in einem Feriencamp und einem Sportverein sein Unwesen treiben. Mindestens 40 unmündige Buben seien dem Lehrer zum Opfer gefallen, hieß es.

Symbolbild (Bild: stock.adobe.com, krone.at-Grafik)
Symbolbild

Erst 2019 wäre er zu einer Beschuldigteneinvernahme bestellt worden. Doch so weit kam es nicht - der Lehrer beging Suizid, nachdem die Anzeige gegen ihn eingebracht worden war.

Das war aber nicht die einzige: Bereits 2013 war gegen den Mann Anzeige von einem inzwischen erwachsenen Opfer eingebracht worden. Der Übergriff soll 2006 in einem Feriencamp stattgefunden haben, das mutmaßliche Opfer war damals 13 Jahre alt. Dieser Missbrauchsakt verschwand allerdings auf mysteriöse Weise.

Nun liegt krone.at der Untersuchungsbericht über die Ermittlungen gegen die damals zuständigen Beamten vor. Das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) hatte den Bericht für die Staatsanwaltschaft verfasst.

Haarsträubende Aussagen sind von den Einvernommenen darin auf mehr als 20 Seiten zu lesen. Ermittlungsgrund: Verdacht auf Missbrauch der Amtsgewalt. Denn als sich demnach im Juli 2013 ein hilfesuchendes Opfer aus dem Feriencamp Wolfgangsee an die Polizei wandte, ging so ziemlich alles schief, was man sich nur vorstellen kann.

(Bild: P. Huber)

Bei Opfer-Name „vertippt“
Wie konnte der Missbrauchsakt untergehen? Der Sachverhalt sei laut Zeugenaussagen zwar aufgenommen worden, aber man habe sich beim Namen des Opfers vertippt, oder auch den Namen des Täters und des Opfers vertauscht, sagt ein Insider zur „Krone“.

„Bitte senden an ...“
Und wo kam der Akt dann weiter hin? Zur Post? „Es könne auch sein, dass sie auf dem unkuvertierten Akt selbst lediglich ein Post-it mit der Anmerkung „Bitte senden an …“ angebracht habe.“ Das Versandziel selbst sei allerdings nicht mehr in Erinnerung.

„Schwere G‘schicht“
Das sind nur einige wenige verblüffende Aussagen der beschuldigten Beamten aus dem Bericht. Derartige „Durchläufer“ seien keine Seltenheit gewesen - der Tatort damals nicht im Zuständigkeitsbereich der Dienststelle. Allerdings war dem damaligen Beamten klar, dass „das eine schwere G‘schicht sei“ ...

Und abschließend heißt es: „Aufgrund fehlender, weiterer Ermittlungsansätze ist seitens des BAK kein weiteres Vorgehen geplant.“ Die Ermittlungen wurden demnach bereits eingestellt. Anzunehmen ist jedenfalls: Wäre 2013 bereits gegen den Missbrauchs-Lehrer ermittelt worden, hätten unzählige Buben wohl die weiteren sechs Jahre seines Lebens verschont bleiben können.

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