36.000 Euro gefordert

Kredite für Faksimile-Bücher: Bank klagt Seniorin

Ombudsfrau
16.02.2024 07:00

Vor einigen Jahren wurden einer 80-jährigen Seniorin im Zuge von Haustürgeschäften angeblich wertvolle Faksimiles für Tausende Euro verkauft. Und dazu auch Darlehensverträge vermittelt. Wegen dieser muss die Wienerin vor Gericht.

Vor rund zwei Jahren haben wir über den Fall von Gertrude N. (Name geändert) berichtet. Der Pensionistin wurden 2021 von zwei Männern, die sich als ehemalige Mitarbeiter eines renommierten deutschen Buchverlags ausgegeben haben sollen, Faksimile-Bücher, Nachbildungen historischer Werke, bei ihr zu Hause verkauft. Offenbar mit der Masche, dass sie ähnliche Bücher habe und man nun welche anbieten würde, die ihre Sammlung komplettieren und noch wertvoller machen würden.

Insgesamt drei Kredite vermittelt
14.000 Euro (!) zahlte Frau N. für drei Bücher. 5000 Euro hat sie überwiesen, 9000 Euro wurden über einen Darlehensvertrag bei einer deutschen Bank an die Firma gezahlt. Ohne dass Frau N. je mit der Bank Kontakt hatte. Schon 2020 wurde sie mit gleicher Masche zum Kauf von Faksimiles inklusive zweier Kredite bei derselben Bank überredet. Geld für Bücher, die laut Experten nicht annähernd das Geld wert sind, um das sie an Betroffene verkauft wurden.

Seniorin schämte sich für teuren Buchkauf
Frau N. war bei der Sache nicht wohl. Sie schämte sich, darüber zu reden, so teure Bücher gekauft zu haben. Irgendwann nahm sie ihren Mut zusammen, kontaktierte das zum Verein für Konsumenteninformation (VKI) gehörende Europäische Verbraucherzentrum (EVZ), welches die Rentnerin nun unterstützt, sowie die Ombudsfrau.

Zitat Icon

Man kann Konsumenten nur dringend davon abraten, im Rahmen von Haustürgeschäften solch teure Bücher zu kaufen.

Reinhold Schranz ist Jurist und leitet das Europäische Verbraucherzentrum beim VKI.

Eine der deutschen Firmen, über die die teuren Faksimile verkauft wurden, hatte 2022 gegenüber der „Krone“ alle Vorwürfe zurückgewiesen. Man schrieb damals, man arbeite seriös und könne sich den Fall nur so erklären, dass die Kundin das Unternehmen mit anderen, anders arbeitenden Vertriebsfirmen verwechsle.

Jurist zu Buchverkauf: „Verdacht auf Betrug“
Reinhold Schranz, Jurist beim EVZ, ist anderer Meinung. Laut ihm besteht hinsichtlich des Buchverkaufs Verdacht auf Täuschung, Wucher sowie gewerbsmäßigen Betrug. Der Vorfall wurde bei der Polizei sowie der Staatsanwaltschaft Wien angezeigt. Schranz meint auch, dass die Kredite nicht hätten vermittelt werden dürfen. Er half Frau N. dabei, bezahlte Raten rückbuchen zu lassen und weitere Abbuchungen zu stoppen.

Rentnerin wird auf 36.000 Euro geklagt
Das führte dazu, dass die Bank aus Deutschland die 80-Jährige, die mittlerweile im Seniorenheim lebt, auf insgesamt rund 36.000 Euro klagt. Die Ombudsfrau wollte nun von der Bank wissen, ob im Fall von Frau N. vor Vertragsschluss eine Bonitätsprüfung stattgefunden hat und wie viele solcher Kreditverträge im Rahmen von Faksimile-Verkäufen abgeschlossen wurden.

Laut Jurist Reinhold Schranz besteht hinsichtlich des Buchverkaufs der Verdacht auf Täuschung Wuscher sowie gewerbsmäßigen Betrug.  (Bild: Verein für Konsumenteninformation)
Laut Jurist Reinhold Schranz besteht hinsichtlich des Buchverkaufs der Verdacht auf Täuschung Wuscher sowie gewerbsmäßigen Betrug. 

Was das Kreditinstitut in dieser Sache sagt
Über einen Anwalt teilte die Bank mit, man könne aus Datenschutzgründen keine Angaben zum Fall von Frau N. machen. Geschäftspolitik und -betrieb seien auf Seriosität und das Einhalten aller rechtlichen Vorgaben angelegt. Und auf Fairness im Umgang mit Kunden, auch Verbraucherschutz sei der Bank wichtig. Als Finanzierer habe man jedoch keine Möglichkeit, auf das Grundgeschäft zwischen Käufer und Verkäufer einzuwirken.

Bank: „Derartige Produktfinanzierungen eingestellt“
Auffällige Vertriebe von Faksimiles habe man mit Nachdruck zur kulanten Handhabung von einzelnen Beschwerdefällen aufgefordert. Die Berichterstattung zum Thema „Faksimile“ in Deutschland (dort gibt es Tausende Betroffene, die Bücher gekauft haben, Anm. d. Redaktion) habe man zum Anlass genommen, die Einhaltung aller gesetzlichen Vorgaben, die Kreditprüfung (zu der auch eine Bonitätsprüfung gehöre) und das Qualitätsmanagement derartiger Produktfinanzierungen stichprobenartig erneut zu überprüfen.

Tipps des EVZ

  • Viele der Buchverkäufe haben mit einem Anruf begonnen. Lassen Sie sich auf keine Treffen ein, und schicken Sie ungebetene Vertreter weg.
  • Werden Sie hellhörig, wenn Ihnen Bücher angeboten werden, deren Wert sich steigern soll.
  • Unterschreiben Sie an der Haustüre oder zu Hause niemals Verträge.
  • Wenn Sie Faksimiles zu überhöhten Preisen gekauft haben, zeigen Sie den Vorfall bei der Polizei an, und kontaktieren Sie eine Rechtsberatung.
  • Versuchen Sie, bereits getätigte Zahlungen über Ihre Bank wieder zurückbuchen zu lassen.
  • Mehr Infos zu diesem Thema hat das EVZ hier zusammengestellt.

Das Ergebnis sei für korrekt befunden worden. Konsumentenfinanzierungen von auffälligen Vertrieben habe man ab Ende 2022 sukzessive und so zeitnah wie vertraglich möglich eingestellt. Mit 31. Dezember 2023 habe man derartige Produktfinanzierungen gänzlich beendet.

Wurden Ihnen auch „wertvolle“ Bücher verkauft?
Erstaunlich ist, wie leichtfertig offenbar Kredite über 33.000 Euro für den Kauf der teuren Bücher an die betagte Dame vergeben wurden. Für Frau N. bleibt nun abzuwarten, wie es bei Gericht weitergeht. Wir bleiben an der Sache dran.

Übrigens: Nach unserem ersten Artikel 2022 meldeten sich mehrere Betroffene, die Bücher gekauft haben. Die Dunkelziffer dürfte hoch sein. Sind Ihnen oder Verwandten auch „wertvolle“ Bücher verkauft worden? Schreiben Sie der Ombudsfrau!

Porträt von Ombudsfrau
Ombudsfrau
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