Christoph Klarer kämpft mit Aufsteiger Darmstadt derzeit um den Klassenerhalt in der deutschen Bundesliga. Im Gespräch mit „Sportkrone.at“ erzählt der Verteidiger, warum der „Underdog“ trotzdem die Klasse hält, wie er die aktuellen Fan-Proteste sieht und wie es um das Nationalteam steht. Über Leader Leverkusen sagt Klarer: „Sie spielen teilweise überragend, das haben wir am eigenen Leib erfahren müssen.“
„Kronesport“: Christoph, mit Darmstadt bist du seit Oktober sieglos und Tabellenschlusslicht. Warum klappt es dennoch mit dem Klassenerhalt?
Christoph Klarer: Es ist eine lange Zeit vergangen, seit unserem letzten Sieg. Wir arbeiten alle hart daran, dass uns die Wende gelingt. Was uns positiv stimmt ist, dass es noch genügend Spiele gibt und wir noch alle Chancen haben. Solange es rechnerisch möglich ist, werden wir nicht aufgeben. Zudem haben wir immer wieder einige ordentliche Spiele dabei. Aber „nur“ ordentlich reicht in dieser Liga meistens nicht.
Ist die Stimmung innerhalb der Mannschaft trotzdem gut?
Wir sind uns alle der Lage und der Tabellensituation bewusst. Nichtsdestotrotz können wir unsere Qualität und jene der Gegner gut einschätzen. Wir wissen, dass wir in den meisten Spielen qualitativ unterlegen sind. Aber das Kollektiv muss das schaukeln. Das ist unser Ziel und allen auch bewusst, dass wir es nur gemeinsam erreichen können. Grad deshalb stehen wir auch in der aktuell schwierigen Phase zusammen. Wir wollen uns gemeinsam daraus befreien.
Wie zufrieden bist du mit deiner persönlichen Entwicklung seit dem Wechsel von Düsseldorf?
Die Möglichkeit, mir im Sommer den Traum von der Bundesliga erfüllen zu dürfen, war natürlich genial. Ich durfte dann auch regelmäßig spielen und hatte gute Gespräche mit dem Trainer. Es macht einfach Spaß in dieser Liga zu spielen - umso mehr, wenn einem eine wichtige Rolle im Team zugeteilt wird. Aber natürlich wird dir hier auch gnadenlos aufgezeigt, wo du dich noch entwickeln musst. Gerade bei den Gegenspielern, die da so Woche für Woche auf dich zukommen. Aber trotz der angespannten Tabellensituation macht es Spaß hier zu sein.
Im Hessen-Derby gegen Frankfurt gelang dir in der Nachspielzeit der Ausgleichstreffer - zugleich dein erstes Tor in der Bundesliga. Welche Emotionen kamen da in dir hoch?
Es ist ein Derby, das für die ganze Region und die Menschen hier enorm wichtig ist. So spät noch den Ausgleich zu erzielen, setzt natürlich Emotionen frei. Das hat mir, aber auch der ganzen Mannschaft enorm viel bedeutet. Mit Sicherheit einer der schönsten Momente in meiner bisherigen Karriere. Zudem hat der Treffer dem gesamten Team auch mental geholfen und einen richtigen Push gegeben. Die Stimmung war anschließend überragend.
Welcher Gegenspieler hat dich in der Bundesliga bisher am meisten fasziniert
Da gibt es einige. Natürlich fällt mir da gleich das Spiel gegen die Bayern ein. Da kommen plötzlich Harry Kane und Leroy Sane auf dich zu. Also echte Weltstars. Aber auch gegen Leverkusen war ich von Florian Wirtz und Victor Boniface beeindruckt.
Bayer Leverkusen ist bisher noch ungeschlagen. Zuletzt fügten sie den Bayern eine Klatsche zu. Ist „Vizekusen“ bald Geschichte?
Zutrauen kann man es ihnen auf jeden Fall. Gerade auch zuletzt im Spiel gegen Bayern haben sie gezeigt, wie gut sie wirklich sind. Sie spielen teilweise überragend, das haben wir am eigenen Leib erfahren müssen. Mit Xabi Alonso als Trainer funktioniert das sehr gut. Also ja, sie haben das Zeug, Meister zu werden. Aber ich warne davor, die Bayern frühzeitig abzuschreiben!
Das Böllenfalltor ist etwas für Fußball-Romantiker. Wie ist es für dich da mit dem „Lilien-Song“ einzulaufen?
Das ist immer ein besonderes Gefühl. Gerade auch jetzt, wenn man merkt, wie die Fans auch in einer schwierigen Situation immer hinter uns stehen. Das macht den Zauber dieses Vereins auch aus, dass die Fans uns in jeder Lage nach vorne pushen. Das hilft uns - denn es ist klar, dass wir die Leute im Stadion in unserem Rücken brauchen, um in dieser Liga zu bestehen. So kann ein Spiel, das auf der Kippe steht, auch nochmal gedreht werden.
Wie es für euch als Spieler, wenn aufgrund der aktuellen Fan-Proteste gegen Investoren, Spiele unterbrochen werden und wie ist deine Meinung zu den Protesten?
Zu meiner Vorstellung von Demokratie gehört, dass die Menschen, die ins Stadion gehen, da auch ihre Meinung äußern dürfen. Dass wir auf den Fußball, den wir in Deutschland aktuell haben, stolz sein können, ist glaube ich auch allen bewusst. Dass die Leute für ihre Meinung kämpfen, ist legitim. Für uns Spieler sind die Unterbrechungen aber natürlich eher störend. Wenn man da am Platz steht und du weißt nicht, wann und ob es weiter geht - das ist suboptimal. Aber man kann auch keinem böse sein, der seine Meinung vertritt. Ich glaube schon, dass es da zeitnah einen Dialog und eine Lösung geben sollte.
Den Sprung zu den Profis schaffen, ist nicht leicht. Wie viel wird von jungen Spielern verlangt und was ist der Schlüssel zum Durchbruch?
Man muss, gerade auch in jungen Jahren, sehr viel opfern. Den wirklichen Durchbruch schafft am Ende nur ein kleiner Bruchteil. Neben Talent braucht es auch harte Arbeit und natürlich eine ordentliche Portion Glück. Und man muss bereit sein, viel auf sich zu nehmen. Nach Rückschlägen muss man weitermachen und man muss kritikfähig sein. Das fehlt meines Erachtens bei vielen Jugendspielern heute. Dass ich es bis in die Bundesliga geschafft habe, macht mich echt stolz.
Die EM in Deutschland steht vor der Tür. Gibt es bei ihnen auch Gedankenspiele, Teil des Nationalteams bei diesem Turnier sein zu dürfen?
Ich habe alle Altersstufen im ÖFB-Team durchlaufen dürfen. Es macht mich stolz, mein Land so repräsentieren zu dürfen. Natürlich macht man sich als Spieler, der in der deutschen Bundesliga spielt, immer Hoffnungen, dass man mal dabei sein darf. Aber die Konkurrenz auf meiner Position ist groß. Außerdem liegt mein Hauptfokus auf dem Abstiegskampf mit Darmstadt. Wir wollen den Klassenerhalt schaffen und darauf wollen wir uns alle komplett konzentrieren. Wenn es irgendwann mit dem Nationalteam klappt, wäre das aber schön. Ich versuche weiter meine Leistung zu bringen und dann sieht man weiter.
Was hältst du von der Entwicklung unter Ralf Rangnick?
Wir haben einen starken Kader mit Spielern, die regelmäßig auf höchstem Niveau spielen. Denkt man da nur an David Alaba, Marcel Sabitzer oder Marko Arnautovic - das sind Top-Spieler. Wir haben schon öfter gezeigt - gerade auch zuletzt gegen Deutschland - welche Qualität in der Mannschaft steckt. Es bringt nichts, das Team vor dem Turnier zu sehr zu loben, aber die Reise geht meiner Meinung nach in die richtige Richtung. Wir haben einen Trainer, der gut zur Mannschaft passt. Wie weit es bei der EURO dann geht und wie reif wir dafür sind, wird sich zeigen.
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