Zahlreiche Menschen werden heute auf dem Marktplatz in Dornbirn erwartet. Sie wollen ein starkes Zeichen für den Schutz der Demokratie und Menschenrechte setzen. Die „Krone“ hat mit den Organisatoren gesprochen.
Von „millionenfacher Remigration“ war in jener mittlerweile berühmt-berüchtigten Nacht in Potsdam die Rede, zum Thema referiert hat der österreichische Rechtsextremist Martin Sellner, einer der prominentesten Vertreter der „Identitären Bewegung“. Der Begriff „Remigration“ sieht in der Gesinnung der Identitären die Abschiebung von Migranten in ihre Herkunftsländer vor - wenn notwendig auch mit Gewalt. Die Grenzen zwischen Identitären und dem politischen Establishment verlaufen fließend, insbesondere von der FPÖ vermisst man eine klare Abgrenzung: Erst am Donnerstag tanzte Sellner - so wie viele Blaue - beim Akademikerball auf, Parteichef Herbert Kickl verniedlichte jüngst die vom Verfassungsschutz beobachtete Gruppierung als „NGO von rechts“ und sogar der als vergleichsweise moderat geltende oberösterreichische FPÖ-Landeschef Manfred Haimbuchner bezog sich bei seiner Aschermittwochsrede zumindest indirekt auf die „Remigration“ und prägte den nicht weniger zynischen Begriff der „Ausschaffung“.
Dazu kommt, dass viele Forderungen von Rechtsaußen längst auch von der ÖVP absorbiert worden sind und dort mittlerweile zum Standardrepertoire zählen. Keine Frage also: Die politischen Kräfteverhältnisse verschieben sich mehr und mehr nach rechts - und genau das bereitet den Organisatoren der Kundgebung in Dornbirn Sorgen, wobei ausdrücklich betont wird, dass sich die Demonstration nicht gegen Parteien oder Einzelpersonen richtet. „Wir lehnen generell Geisteshaltungen und Dynamiken ab, die das Zusammenleben vergiften, die Demokratie gefährden und die Spaltung der Gesellschaft anstreben“, erklärt OK-Sprecher Peter Mennel von der „Plattform für Menschenrechte“. Mitorganisatoren sind die Bewegung „uns reicht’s“, Stephanie Gräve, Intendantin des Vorarlberger Landestheaters und die „Plattform reformpädagogischer Initiativen“.
Breite Phalanx aus allen Bereichen der Gesellschaft
Unterstützt werden sie von fast 50 Organisationen - darunter Kulturinstitutionen, die Kirche, Bildungseinrichtungen und sogar Sportvereine. „Auch ein Basketballverein sollte sich öffentlich zu bestimmten Entwicklungen positionieren“, betont etwa Markus Mittelberger, Manager der Dornbirn Lions. „Weltbilder“ wie jenes der Identitären würden ausgrenzen, den Dialog verhindern und seien zutiefst inhuman. „Gerade jetzt brauchen wir Toleranz. Und da hat der Sport eine wichtige Aufgabe. Wir zum Beispiel sind ein Verein mit Mitgliedern unterschiedlichster Nationalität. Bei uns gelingt Integration jeden Tag. Das wollen wir auch öffentlich kundtun.“
Gerade jetzt brauchen wir Toleranz. Und da hat der Sport eine wichtige Aufgabe. Daher positionieren wir uns auch als Verein sehr klar.
Markus Mittelberger, Manager der Dornbirn Lions
Bild: Maurice Shourot
Die Protagonistinnen des Vereins „Amazone“ werden am heutigen Sonntag ebenfalls mitmarschieren: „Seit vielen Jahren setzen wir uns für die Rechte von Menschen ein, die aufgrund des Geschlechts Benachteiligung und Diskriminierung erfahren“, so Geschäftsführerin Angelika Atzinger. „Die Geschichte zeigt: Wenn Menschenrechte in Frage gestellt werden, bedeutet das oft, dass insbesondere Rechte von Mädchen und Frauen, aber auch von inter-, trans- und nicht-binären Personen eingeschränkt werden.“
Die Politik wird in die Pflicht genommen Augustin Jagg und Hubert Dragaschnig, die Leiter des Theater Kosmos in Bregenz, sehen angesichts der immer tiefer werdenden gesellschaftlichen Gräben speziell die Politik in die Pflicht. „In Zeiten wie diesen, in denen rechtsextreme Parteien in Deutschland unverhohlen von Remigration - also von Volksvertreibung - sprechen und in denen sich in Österreich ein rechtsextremer Populist zum ’Volkskanzler’ aufschwingen will und bereits ’Fahndungslisten’ für Politiker schreibt, ist es zwingend notwendig, sich auch öffentlich zu positionieren“, stellt Jagg klar.
Es geht auch darum, Menschen, die von von Diskriminierung betroffen sind, zu zeigen, dass es Rückhalt und Unterstützung gibt.
Angelika Atzinger, Geschäftsführerin des Vereins „Amazone“
Bild: zvg/Atzinger
Und Hubert Dragaschnig ergänzt: „Immer mehr Parteien in Österreich versuchen, sich mit nationaler und chauvinistischer Stimmungsmacherei zu profilieren und auf eine schäbige Art und Weise Mehrheiten für sich zu gewinnen. Das ist keine zukunftsfähige Politik. Das ist menschenfeindlich und menschenverachtend.“ Unsere Gesellschaft lebe von der Vielfalt: „Respekt und Solidarität sind für ein faires und demokratisches Zusammenleben essenziell - und nur auf dieser Basis lassen sich die großen Probleme der Gegenwart nachhaltig lösen“, so Jagg.
Hoffen auf ein starkes Zeichen
Beginnen wird die heutige Kundgebung um 17.30 Uhr auf dem Dornbirner Marktplatz. „Wir wollen ein starkes Zeichen für Demokratie, Menschenrechte und Mitmenschlichkeit setzen“, hofft Mitorganisator Mennel auf eine rege Teilnahme. Letztlich gehe es auch darum, die schweigende Mehrheit aufzurütteln: „Wir möchten die Zivilgesellschaft zur Selbstwirksamkeit in der Demokratie motivieren, um sich aktiv für Rechte und Werte einzusetzen, die dem Leben, der sozialen Gerechtigkeit und dem Gemeinwohl dienen.“
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