Für den Tod Alexej Nawalnys machen viele direkt die Moskauer Regierung verantwortlich. Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) vermied dagegen eine direkte Schuldzuweisung. Grünen-Abgeordnete Nina Tomaselli wirft ihm jetzt vor, wirtschaftliche Interessen wichtiger genommen zu haben und zitiert dazu aus Ministeriums-Unterlagen.
„Die Wirtschaftsbeziehungen mit Russland dürfen wegen Nawalny nicht gestört werden“, kritisiert Tomaselli Sonntagvormittag auf der Plattform X und verweist auf interne Gesprächsunterlagen aus dem Außenministerium.
„Trotz Nawalny kühlen Kopf bewahren“
So fand im September 2020 - nur einen Monat nach dem Giftanschlag auf den Kremlkritiker Nawalny - ein Gespräch zwischen Schallenberg und dem damaligen OMV-Vorstandschef Rainer Seele statt. Der Außenminister habe dabei keinen Anlass gesehen, die kremlfreundliche Haltung zu überdenken, so die Nationalratsabgeordnete. „Müssen trotz Nawalny kühlen Kopf bewahren. Vermischung von Politik und Wirtschaft nicht gut!“, heißt es in den geheimen Unterlagen, die krone.at vorliegen.
An anderer Stelle wird darin befürchtet, dass Russland österreichische Firmen mit Sanktionen belegen könnte: „Müssen aufpassen“, so der Wortlaut. Das Drängen der USA auf ein Ende der Abhängigkeit von russischem Erdgas wurde in dem Gespräch offenbar nicht ernst genommen. Entsprechende Sanktionen würden mehr den wirtschaftlichen und geopolitischen Interessen der Vereinigten Staaten dienen als der Energiesicherheit Europas, heißt es in den Unterlagen.
„Geschichte muss in diesen Tagen erzählt werden“
Diese Geschichte von 2020 müsse in diesen Tagen erzählt werden, so die grüne Spitzenpolitikerin. Denn Schallenberg lobt zwar Nawalny posthum in einem ersten Statement, vermied jedoch wie andere internationale Politiker eine explizite Schuldzuweisung an den Kreml“, betonte die Abgeordnete auf X. Der Außenminister hatte zudem betont, „wie undemokratisch und illiberal“ Russland geworden sei und eine vollständige und unabhängige Untersuchung der Todesumstände gefordert. Es sei aber die Pflicht des Außenministeriums, „das russische System als solches zu benennen, was es ist: verbrecherisch“, beharrte Tomaselli.
Unser Gas kommt zu 98 Prozent aus Russland
Sie forderte ein Ende der russischen Gasimporte. „Unterstützungszahlungen in Form unserer Gasrechnungen müssen ein Ende haben“, schrieb sie. Von einer Unabhängigkeit der Erdgaslieferungen ist Österreich sehr weit entfernt. Tomasellis Parteikollegin, Energieministerin Leonore Gewessler, verwies zuletzt darauf, dass der russische Importanteil im Dezember 2023 sogar auf 98 Prozent gestiegen sei. Sie will die frühzeitige Kündigung der Liefervereinbarung prüfen lassen. Aktuell laufen die Verträge der OMV mit Gazprom für eine fixe Abnahme noch bis 2040.
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