26.02.2024 08:31

Werders Marco Friedl:

„Würde EM-Ticket dafür geben, dass Alaba fit wird“

Er ist nicht einfach nur ein Österreicher in Deutschlands Bundesliga, er ist hier auch der Kapitän seines Teams - er ist, obwohl nicht blutsverwandt, so etwas wie der „kleine Bruder“ eines Real-Madrid-Haudegens - und er lebt in einer bei Österreichern sehr beliebten Stadt, in der es früher regelmäßig „Wunder von der Weser“ gegeben hat. krone.at hat Werder-Abwehrmann Marco Friedl in Bremen besucht und ihn u.a. zu seiner Kapitänsrolle im Klub sowie seinen bisher wenigen Länderspielen befragt und ihm darüber hinaus ganz Persönliches zu seiner Beziehung zu David Alaba entlockt ...

krone.at: Zum Aufwärmen ein kleines Historien-Quiz, bei dem es nichts zu gewinnen gibt: Welche Österreicher sind vor Dir hier beim SV Werder Bremen aktiv gewesen?
Marco Friedl: (lächelt) Ich glaube, alle werde ich jetzt nicht auf die Schnelle aufzählen können: Andi Herzog, Florian Kainz, Flo Grillitsch, Marko Arnautović, Martin Harnik, ... Wer war denn da noch so?

krone.at: Du kannst auch aktuelle Spieler nennen … 
Friedl: Romano Schmid und ich natürlich. Ja, das war’s eigentlich auf die Schnelle ...

krone.at: Nicht erwähnt hast Du jetzt Sebastian Prödl, Bruno Pezzey, Richard Strebinger, Gerhard Steinkogler, Heimo Pfeifenberger und Zlatko Junuzovic …
Friedl: Ja, Zladdi und Prödl, die hätte ich eigentlich wissen müssen.

Marco Friedl im Gespräch mit krone.at-Reporter Hannes Maierhofer (Bild: krone.tv)
Marco Friedl im Gespräch mit krone.at-Reporter Hannes Maierhofer

Anmerkung: Wenige Tage nach diesem Interview hat Marco Friedl einen Syndesmoseriss im rechten Sprunggelenk erlitten, der ihn einige Wochen außer Gefecht setzen wird ...

krone.at: Marco, Du bist Kapitän beim SV Werder Bremen und in dieser Funktion der bereits dritte Österreicher nach Andreas Herzog und Zlatko Junuzović. Was bedeutet es Dir, in einer Reihe mit derartigen Kalibern zu stehen?
Friedl: Darauf wurde ich schon oft hingewiesen und auch dazu gefragt, wie das für mich persönlich ist. Nicht nur, weil diese beiden Österreicher auch Kapitän gewesen sind, sondern auch, weil der Verein unglaublich groß ist und eine unglaubliche Geschichte hat - er ist ja jetzt gerade erst 125 Jahre alt geworden. Da ist es schon etwas Einzigartiges, für diesen Verein zu spielen - und dann auch noch als Kapitän aufzulaufen. Das macht mich jedes Mal aufs Neue stolz.

krone.at: Sowohl Herzog als auch Junuzović haben die Schleife erst relativ spät in ihrer Werder-Karriere ergattert, Du dagegen mit 24 Jahren. Was hat sich für Dich dadurch verändert? Hast Du die Kapitänsschleife jemals als Belastung empfunden?
Friedl: Als Belastung jetzt nicht unbedingt. Aber das ist eine neue Verantwortung, ein neuer Abschnitt, auf den du dich nicht vorbereiten kannst. Ab dem Moment, in dem du Kapitän bist, musst du in die Rolle hineinwachsen - das hat bei mir ein gutes Jahr gedauert. Sehr geholfen haben mir da meine Führungsspieler, meine älteren Mitspieler, die selbst schon viel miterlebt haben. Aber man muss da schon irgendwo auch seinen eigenen Weg finden ... (denkt nach) Bei mir hat es ein bisschen gedauert, aber speziell dieses Jahr fühle ich mich sehr wohl und ich mache jetzt viele Dinge ein bisschen anders als noch letztes Jahr.

krone.at: Was muss man als Kapitän Deiner Meinung nach in sich haben? Was muss man der Mannschaft vorleben?
Friedl: Ich bin jetzt schon relativ lange hier in Bremen. Ich habe schon alles Mögliche hier erlebt: den Abstieg, den Aufstieg, die Relegation und gleich zu Beginn sind wir knapp an Europa vorbeigeschrammt. Ich habe das immer schon in mir gehabt, dieses Vorneweg-Marschieren, dieses Vorangehen. Als ich Kapitän geworden bin, habe ich das dann natürlich noch intensiver, noch besser machen müssen. Man muss extrem viel Verantwortung übernehmen in verschiedenen Sachen.

krone.at: Kapitän hin oder her - wie zufrieden bist Du mit Deiner heurigen Performance im Werder-Dress? Aber auch generell mit Deiner Entwicklung über die vergangenen Jahre?
Friedl: Ich glaube, dass du als junger Spieler immer in einem Lernprozess steckst. Es gibt immer Schwankungen nach oben und auch nach unten. Der Verein weiß sehr gut damit umzugehen und schützt die jungen Spieler so auch: Das ist auch bei mir so gewesen. Ich hatte einige Spiele dabei, mit denen ich nicht so zufrieden gewesen bin, von denen ich im Nachhinein sage: Die waren nicht gut! Aber irgendwann einmal musst du das abstellen, irgendwann musst du auf einem konstant hohen Level spielen. In diesem Jahr mache ich es im Großen und Ganzen ordentlich. Ich bin zufrieden, ich habe jetzt nicht mehr diese Achterbahn drinnen, dass ich gute Spiele habe und dann richtig schlechte Spiele - da bin ich jetzt auf einem konstanten Level.

Marco Friedl (Bild: GEPA)
Marco Friedl

krone.at: Vorige Saison ist Dein Klub, früher regelmäßig für „Wunder von der Weser“ bekannt, nur auf dem letzten Platz der Bundesliga-Heimtabelle gelandet - dank der guten Auswärtsbilanz hat man den Abstieg abwenden können. Heuer habt ihr dafür auswärts lange Zeit keinen Fuß vor den anderen bekommen. Wie wichtig ist von daher euer Ausflug nach München im Jänner gewesen? War das eine Art Trendumkehr?
Friedl: Jetzt im Nachhinein betrachtet würde ich sagen „Ja“. Der ausschlaggebende Punkt für den Sieg in München ist wohl das Spiel in Bochum zuvor gewesen, wo wir in der Nachspielzeit das 1:1 gemacht haben. Von dem her ist das schon ein beflügelnder Moment gewesen, dass wir vor allem beim Blick auf die Tabelle gesagt haben: Hey, das ist ein unfassbar wichtiger Punkt! Und dann sind wir - wie wohl auch 80 Prozent aller anderen Mannschaften der Bundesliga - in das Spiel in München gegangen mit dem Gefühl, dass wir nichts zu verlieren haben. Wir haben zwar natürlich gewusst, wie lange wir dort schon nicht mehr gewonnen hatten, aber das hat uns nicht beunruhigt: Wir sind vom ersten Moment an da gewesen. In den letzten 15-20 Minuten haben wir zwar Glück gehabt, aber in der Allianz-Arena braucht jede Mannschaft Glück, um zu gewinnen. Über die 90 Minuten ist es ein verdienter Sieg gewesen. Ich glaube, dass wir ein richtig gutes Auswärtsspiel gemacht und gesehen haben, was in der Mannschaft steckt.

krone.at: Sebastian Prödl, ein österreichischer Vorgänger von Dir hier bei Bremen, hat einmal gesagt: „München ist wie ein Zahnarzt-Besuch. Muss jeder mal hin. Kann ziemlich wehtun. Kann aber auch glimpflich ausgehen ...“
Friedl: So ist es auch bei mir gewesen, ich habe ja in München schon ein paar Mal eine auf den Deckel gekriegt. Aber ja, diesmal haben wir angeschrieben ...

krone.at: Kann man sagen, dass in der Vorbereitung irgendwelche Stellschrauben gedreht worden sind, sodass Werder Bremen jetzt im Frühjahr so gut dasteht oder ist das jetzt das Momentum nach den frühen Erfolgserlebnissen - und auf einmal ist man im Flow drinnen?
Friedl: Ich glaube schon, dass es extrem viel mit dem Kopf zu tun hat. Wenn dein Kopf frei ist und du den Druck ein bisschen auf die Seite legst, dann kann das viel bewirken. Nichtsdestotrotz: Wir haben viel gesprochen, wir im Mannschaftsrat und mit dem Trainer, und wir haben in der ganzen Mannschaft gespürt, dass wir besseren Fußball spielen können als noch in der Hinrunde. Wir sind nicht zufrieden damit gewesen, was wir gezeigt haben. Klar, jetzt sind es vier Spiele gewesen, die wir gewonnen haben - aber das ist eine Momentaufnahme. Es geht bei uns darum, dass wir am Wochenende das Spiel gewinnen und darüber hinaus ein gutes Spiel zeigen. Und darum geht’s Woche für Woche bis zum Ende der Saison.

Marco Friedl bei seinem Einsatz-Debüt für Österreichs Nationalteam im Testspiel gegen Griechenland am 7. Oktober 2020 (Bild: APA/EXPA/JOHANN GRODER)
Marco Friedl bei seinem Einsatz-Debüt für Österreichs Nationalteam im Testspiel gegen Griechenland am 7. Oktober 2020

krone.at: Während Du es bei Werder längst zum Stammspieler und Kapitän gebracht hast, hältst Du im Nationalteam von Österreich „nur“ bei fünf Einsätzen. Woran liegt’s, dass Du bisher noch nicht öfter zum Zug gekommen bist?
Friedl: An mir und meinen Leistungen im Verein. Ich hatte, wie vorher schon erwähnt, in den vergangenen Jahren viele Spiele, in denen ich nicht konstant gut oder eigentlich sogar eher schlechter gespielt habe, so ehrlich muss ich sein. Deshalb ist das die logische Konsequenz gewesen. Aber nichtsdestotrotz muss man sagen, dass wir in Österreich eine unglaublich gute Abwehr mit vielen Superspielern haben. Da ist es dann auch schwierig, wenn man einmal draußen ist und die anderen es sehr gut machen. Der Erfolg gibt ihnen Recht, da gibt es auch wenig Grund, etwas zu ändern. Deshalb gilt für mich, so wie ich es jetzt mache: ordentlich performen und Woche für Woche abliefern!

krone.at: Einst bei den Bayern hat alles danach ausgeschaut, dass Du später einmal wie David Alaba als Linksverteidiger Dein täglich Brot verdienen würdest - und doch spielst Du jetzt schon ein Zeiterl im Abwehrzentrum. Ist der Linksverteidiger Friedl inzwischen passé?
Friedl: (lacht) In letzter Zeit habe ich die Position nicht viel gespielt ...

krone.at: Ich sage es nur vor dem Hintergrund, dass man im Nationalteam einen regelmäßig dort spielenden Linksverteidiger durchaus gebrauchen könnte …
Friedl: Auch wenn ich das in letzter Zeit nicht gespielt habe, kenne ich die Position trotzdem sehr gut, ich fühle mich dort wohl. Deshalb würde ich nicht sagen „passé“. Aber klar, ich wurde in letzter Zeit häufiger in der Innenverteidigung benötigt.

krone.at: Kurz vor Weihnachten ist nicht nur ein Riss durchs Kreuzband im linken Knie von David Alaba gegangen, sondern auch durch die Herzen vieler der österreichischen Fußballfans. Wie hast Du die bittere Nachricht von der Verletzung von einem Mann erlebt, der gerade für Dich ja nicht einfach nur ein Mitspieler im Nationalteam ist?
Friedl: Ich bin zu Hause gewesen, habe das Spiel sogar live gesehen und daraufhin mit ein paar Freunden telefoniert, die die Spiele auch regelmäßig schauen. Ich muss ehrlich sagen, dass das wirklich extrem übel ausgeschaut hat. Und als ich seine Reaktion danach gesehen habe, habe ich schon damit gerechnet, dass wahrscheinlich irgendetwas …

Marco Friedls „großer Bruder“ David Alaba mit seinem ersten Social-Media-Posting nach der schweren Verletzung (Bild: Associated Press; instagram.com/davidalaba)
Marco Friedls „großer Bruder“ David Alaba mit seinem ersten Social-Media-Posting nach der schweren Verletzung

krone.at: Er ist kein Schauspieler …
Friedl: Nein! Es hat einfach wirklich sehr übel ausgeschaut. Ich habe ihm auch kurz geschrieben, ihn dann aber in Ruhe gelassen, weil ich wusste, dass ihm unfassbare viele Menschen schreiben werden. Die Woche drauf habe ich ihn dann angerufen. Das ist ja nicht nur jetzt so, sondern auch schon die Jahre zuvor so üblich, ich habe ja sehr viel Kontakt mit ihm. Und wenn es dann so einen engen Freund trifft, dann …

krone.at: Den großen Bruder sozusagen …
Friedl: … ja, dann tut es natürlich doppelt so weh! Es ist unfassbar schade für ihn und ich hoffe, dass er schnell wieder zurückkommt.

krone.at: So herzlos es jetzt auch klingen mag: Wie geht’s Dir mit dem Gedanken daran, dass Du von seiner Verletzung womöglich profitieren und als ein variabler Ersatzmann für die EM nominiert werden könntest?
Friedl: Ich denke daran nur, wenn mich jemand darauf anspricht. Ich muss ehrlich sagen, ich habe den Gedanken nicht nur nicht, weil er einer meiner besten Freunde ist, sondern ich habe ihn generell nicht. Verletzungen gehören leider zum Fußball dazu, aber dass ich daraus Profit schlagen will oder dass ich mir darüber Gedanken mache, das ist bei mir nicht der Fall und war auch noch nie der Fall. Und speziell beim David ist das nicht der Fall ...

krone.at: Was ist Dein persönlicher Eindruck? Glaubst du, dass es der David schaffen wird bis zur EM?
Friedl: (ächzt) Das ist ganz schwer zu sagen. So wie ich den David kenne, weiß ich, dass er alles Menschenmögliche gibt und probiert, dass er fit wird. Ob es dann am Ende reicht, kann ich nicht sagen. Ich würde es ihm unfassbar wünschen, weil er einfach zu einer EM gehört, weil er sich das verdient und eine Super-Quali gespielt hat. Deshalb würde ich es sehr hoffen ...

Marco Friedl mit David Alaba - erst als Teamkameraden beim FC Bayern ... (Bild: APA/SKY/HANS RAUCHENSTEINER)
Marco Friedl mit David Alaba - erst als Teamkameraden beim FC Bayern ...
... und später als Gegner nach einem Duell der Bayern mit Werder Bremen (Bild: AFP)
... und später als Gegner nach einem Duell der Bayern mit Werder Bremen

krone.at: Knifflige Frage: Wenn Du dich entscheiden müsstest, selber bei der EM dabei zu sein oder dass der David wird fit?
Friedl: Da muss ich ganz klar sagen, dass der David fit werden soll. Nicht nur, weil er der Kapitän ist, sondern weil er der beste Fußballer in Österreich ist. Und wenn ein Land wie Österreich den besten Spieler nicht dabei hat, dann tut es immer weh. Deshalb ganz klar: David.

In Kürze folgt Teil 2 des großen Interviews mit Marco Friedl, in dem der Werder-Captain u.a. auf die Chancen Österreichs bei der kommenden EURO eingeht, über den Reiz Bremens für Österreicher sinniert und von den Leiden eines Tirolers im flachen Norddeutschland erzählt ...

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