„Sie sperrten uns ein“
Mithäftling packt aus: Das geschah vor Nawalny-Tod
Am Freitag starb Russlands wichtigster Oppositioneller Alexej Nawalny (47). Einer seiner Mithäftlinge sprach jetzt mit der Zeitung „Nowaja Gazeta“, was unmittelbar vor Nawalnys Tod in der Strafkolonie geschehen sei. „Sie sperrten uns ein, verboten jede Bewegung zwischen den Baracken und verschärften die Sicherheitsmaßnahmen“, erzählte er.
Zuvor sei am Donnerstagabend bereits die Durchsuchung beschleunigt worden. „Das passiert normalerweise an Feiertagen, wenn die Wärter es eilig haben, zu feiern“, wird er in der „Bild“ zitiert. „Dann sperrten sie uns ein (...). Wir hörten spät in der Nacht Autos auf das Gefängnisgelände fahren, konnten aber durch unsere Zellenfenster nicht sehen, um was es sich handelte.“ Nawalny und sein Mithäftling saßen in der abgelegenen Strafkolonie IK-3, die auch als „Polarwolf“ bezeichnet wird.
Gründliche Durchsuchung
Am Freitagmorgen sollen die Wärterinnen und Wärter die Zellen der Häftlinge gründlich durchsucht und mitunter Telefone und Kartenspiele beschlagnahmt haben. Es habe so gewirkt, als gebe es bald eine externe Inspektion. Von solchen erfahren Gefangene im Regelfall aber ungefähr einen Monat im Vorhinein. „Da muss etwas passiert sein“, sagte der Mithäftling. Gegen 10 Uhr habe sich schließlich die Nachricht von Nawalnys Tod verbreitet.
Zu spät Hilfe geleistet?
Der Krankenwagen sei erst gekommen, als der Tod des Putin-Kritikers bei den Häftlingen bereits bekannt gewesen sei. „Ich glaube (...), dass er schon viel früher gestorben ist, als offiziell verkündet wurde - höchstwahrscheinlich in der Nacht zuvor“, mutmaßte der Insasse. Auch die Inspektorinnen und Inspektoren sollen zeitgleich zur Bekanntgabe des Todes gekommen sein.
Ein Mitarbeiter des Notfalldiensts gab an, dass Nawalnys Leiche blaue Flecken gehabt hätte (siehe Video oben). Sie zeugten davon, dass der Oppositionelle vor seinem Tod Krämpfe gehabt und von Justizangestellten festgehalten wurde. Ein Bluterguss auf der Brust spreche dafür, dass noch versucht worden sei, Nawalny wiederzubeleben.
Kein Zugang zu Leiche
Bisher haben die Anwältinnen und Anwälte sowie die Mutter und Ehefrau des Regimegegners keinen Zugang zu der Leiche. Die Behörden warteten ab, bis keine Spur des Nervengifts Nowitschok mehr nachzuweisen seien, sagte die Witwe Julia Nawalnaja am Montag. Sie werde das Werk ihres Mannes fortführen und für ein freies Russland kämpfen, kündigte sie an. Sie sei etwa gegen Korruption und Ungerechtigkeit. „Ich habe keine Angst. Ich werde die Sache von Alexej Nawalny fortsetzen, kämpfen um unser Land. Ich rufe euch auf, an meiner Seite zu stehen.“
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