Bereits bei der EM 2021 war er im Kader von Österreichs Nationalmannschaft gestanden, damals hatte ihn Teamchef Franco Foda jedoch nicht eingesetzt - drei Jahre später hofft Marco Friedl nun auf eine erneute Nominierung für den rot-weiß-roten Endrunden-Kader und darüber hinaus auch auf Einsätze! Zumindest bei einem Argument für den fixen Kaderplatz für die Deutschland-EM würde der Werder-Bremen-Captain nie daran denken, es bei Teamchef Ralf Rangnick vorzutragen. Welches das ist und noch mehr erfahren Sie hier in Teil 2 des großen krone.at-Interviews mit Marco Friedl ...
krone.at: Auch wenn das Weser-Stadion bei der EM im kommenden Sommer keine Rolle spielen wird, Österreich ist allemal dabei, im Idealfall mir Dir. Was traust Du Österreich zu? Gerade auch angesichts der Gruppengegner Frankreich und Holland?
Marco Friedl: Auch wenn das eine unfassbar schwierige Gruppe ist - es ist alles drinnen. Ich glaube, dass wir auf uns schauen müssen, auch wenn Frankreich und Holland richtig große Namen sind. Dank der Leistungen, die wir in der Quali gebracht haben, können wir mit Selbstvertrauen ins Turnier gehen und deshalb ist die Vorfreude absolut da. Wir werden sehen, wozu es reicht - aber ich bin guter Dinge.
krone.at: Du hast im Dress des U21-Nationalteams Frankreich ja auch schon einmal besiegt. Wäre das vielleicht ein Argument für den Ralf Rangnick? Dass man sagt: „Der weiß, wie das geht!“
Friedl: Sie können es ihm ja gerne einmal sagen … (lacht) ... Ich werd‘s ihm nicht sagen. Aber ja, es stimmt, einmal habe ich es schon geschafft, gegen die Franzosen zu gewinnen.
Anmerkung: Wenige Tage nach diesem Interview hat Marco Friedl einen Syndesmoseriss im rechten Sprunggelenk erlitten, der ihn einige Wochen außer Gefecht setzen wird ...
krone.at: Wenn wir schon beim internationalen Fußball sind: International gesehen hat Werder da am 7. Dezember 2010 zum letzten Mal ein Ausrufezeichen gesetzt, mit dem Champions-League-Spiel gegen Inter Mailand. Auch wenn’s jetzt unrealistisch erscheint: Glaubst Du, dass Du die Champions-League-Hymne hier im Weser-Stadion als Aktiver noch miterleben wirst?
Friedl: Das ist jetzt sehr weit ausgeholt … (lacht) Stand jetzt ist es kein Thema, ist ja logisch. Nichtsdestotrotz versuchen wir, erfolgreicher zu sein, attraktiveren und besseren Fußball zu spielen und am Ende des Tages auch mehr Punkte zu holen, als in den vergangenen Jahren. Ich glaube, dass Werder Bremen nicht um den Abstieg spielen, sondern höhere Ziele haben sollte. Das muss in den Kopf rein von jedem Einzelnen, der bei diesem Verein arbeitet, weil Werder einfach eine riesengroße Adresse ist in Deutschland. Dass das ein weiter Weg ist, dass das einige Jahre dauern wird und nicht von heute auf morgen geht, sollte jedem bewusst sein. Ich glaube als aktiver Spieler wird es schwierig, aber Werder sollte schon wieder in die richtige Richtung gehen.
krone.at: Dein Vertrag in Bremen läuft bis Sommer 2026, Du wärst dann 28 Jahre alt und sieben Jahre beim Klub gewesen. Mal grundsätzlich: Kannst Du Dir vorstellen, in Bremen alt zu werden - oder gibt’s noch Träume von einer anderen Liga?
Friedl: Grundsätzlich habe ich immer gesagt, dass ich gerne noch einmal ins Ausland, einfach gerne mal etwas anderes sehen wollen würde. Aber ich bin der Letzte der am Ende des Tages sagt, ich hätte keine gute Karriere gehabt, wenn ich „nur“ in Deutschland bzw. in Bremen gespielt habe. Und Stand jetzt muss ich sagen, ich bin sehr happy und sehr froh, dass ich hier bin.
krone.at: Österreicher und Werder Bremen, das ist nicht nur ein Thema der Vergangenheit, das ist auch ein Thema der Gegenwart und eines der Zukunft. Wie geht’s Dir damit, dass Du mit Romano Schmid einen Landsmann als Teamkameraden hast und mit Marco Grüll kommenden Sommer einen weiteren dazubekommst?
Friedl: (lacht) Schön, dass sich diese Geschichte immer wieder wiederholt, dass immer wieder Österreicher in Bremen ein Zuhause finden. Schön dass nun auch Marco zu uns kommt, ich kenne ihn ja noch aus der U21, habe mit ihm da auch einige Spiele absolviert. Marco ist ein Super-Spieler, hat einen Top-Tempo, zeigt das auch in der Bundesliga Woche für Woche ...
krone.at: Hattet ihr Kontakt vor dem Wechsel?
Friedl: Nein, davor hatten wir keinen, aber danach habe ich ihm natürlich gratuliert. Woche für Woche bringt er gute Leistungen in der österreichischen Bundesliga, deshalb freut es mich sehr, nächstes Jahr mit ihm zusammen zu spielen.
krone.at: Was macht den Reiz Bremens aus, dem bereits so viele Österreicher anheimgefallen sind - und was speziell den Reiz des SV Werder? Der Klub mit der Raute als Logo hat nie so viele Österreicher angezogen …
Friedl: (lacht) Das stimmt. Früher hätte ich es nicht sagen können, warum sich die Leute generell für Bremen entschieden haben. Jetzt, seit ich hier bin, weiß ich warum. Weil der Verein extrem familiär ist und weil die Stadt ruhiger ist und egal, wohin man hingeht, der Verein Werder Bremen ist überall zu sehen. Jeder in dieser Stadt liebt diesen Verein - und das sieht man Woche für Woche in den Stadien. Es ist unfassbar gute Stimmung, die pushen dich auch, wenn es mal schwierig oder zäh ist - die Fans stehen immer hinter dir. Das macht diesen Verein noch einmal besonderer als andere Vereine, weil einfach diese Stimmung und dieses familiäre Umfeld hier extrem gegeben sind.
krone.at: Für Tiroler Verhältnisse bist Du als Kirchbichler zwar eh schon so etwas wie ein Flachländler, Bremen ist allerdings noch einmal eine andere Baustelle. Wie hältst Du es als Tiroler hier im hohen Norden Deutschlands aus, wo das Höchste, was es hier gibt, Dein 2,02 Meter großer Teamkollege Skelly Alvero ist?
Friedl: (lacht) Das war schon eine extreme Umstellung für mich, da musste ich mich erst daran gewöhnen. Im Süden, in München, da gibt’s schon noch ein bisschen Berge und es ist ja nicht so weit nach Tirol. Aber dann ganz im Norden oben, das hat schon ein bisschen gedauert, das war nicht ganz einfach. Wenn ich mal im Sommer oder Winter länger Zeit habe, dann versuche ich schon, nach Hause zu fahren - das brauche ich für mich, da fühle ich mich wohl, da bin aufgewachsen. So oft sehe ich meine Heimat nicht mehr, deshalb freut es mich immer sehr, wenn ich nach Hause komme. Das Wetter hier in Bremen ist halt ziemlich ein Skandal … (lacht) ... vor allem im Winter, aber die Stadt ist in Ordnung.
krone.at: Und vom Zungenschlag her? Akzeptiert man Dich eigentlich noch in Tirol, weil den Tiroler höre ich jetzt nicht mehr sonderlich heraus …
Friedl: Mit dem Papa und mit der Mama rede ich schon sehr tirolerisch - oder auch mit der Familie und mit meinen Freunden zu Hause. Aber seit ich hier spiele, verwende ich mehr das Hochdeutsche, weil der Tiroler Dialekt ist ja schon extrem. Die würden mich hier anschauen und fragen, was für eine Sprache ich spreche. Aber sobald ich mit meiner Familie und meinen Freunden spreche, wechsle ich um 180 Grad in den Dialekt.
krone.at: Zum Abschluss noch ein Blick in die Vergangenheit: Du hast von früher Jugend an Kurs Richtung Profi-Fußball genommen, bist mit knapp zehn Jahren zum Tagespendler nach München geworden zum FC Bayern - hat es bei Dir jemals den Zeitpunkt gegeben, dass Du Dir überlegt hast: Okay, wenn’s mit Fußball nichts wird, dann werde ich Dachdecker oder Lehrer oder Pirat?
Friedl: (lacht) In der Familie ist das bei mir schon ein Thema gewesen. Bis ich den Führerschein hatte, sind meine Eltern anfangs zwei bis drei Mal die Woche und später fünf bis sechs Mal die Woche mit mir nach München gefahren. Ohne die wäre das alles gar nicht möglich gewesen. Sie haben immer gesagt, sie unterstützen mich, solange sie merken, dass ich Spaß daran habe und alles gebe, dem Fußball alles unterordne. Zum Spaß und zur Gaudi wären sie nicht mit mir nach München gefahren, aber das ist bei mir nie ein Thema gewesen, ich habe dem Fußball immer alles untergeordnet, wollte immer Profi werden. Über die Jahre, wenn du diesem Ziel Stück für Stück immer näher und näher kommst, merkst du, warum du das alles so gemacht hast. Für meine Eltern war dabei unfassbar wichtig, dass ich die Schule in Österreich fertig mache, dass ich einen Abschluss habe und mich dann auf den Fußball konzentriere - und das habe ich dann auch gemacht. Ohne meine Eltern hätte ich die Schule womöglich ein bisschen links liegen gelassen. Ab dem Moment, wo klar ist, dass man es nicht zum Profifußballer schafft, dann kannst du mit deinem Schulabschluss schauen, was du stattdessen machst.
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