Sehr positiv äußerte sich der Außenminister auch zum Thema einer europaweiten Finanztransaktionssteuer. "Die Finanztransaktionssteuer ist nicht nur eine linke Position", erklärte Spindelegger am Sonntag. Es sei eine Fehlentwicklung, wenn die Wirtschaft nicht mehr genug Geld bekomme, weil stattdessen in einträglichere Finanzprodukte investiert werde, so der Minister. Die Finanztransaktionssteuer, die laut Plan im Jahr 2014 wirksam werden soll, werde einen Lenkungseffekt bewirken, hofft Spindelegger. Es sei aber schwer abzuschätzen, wie viel sie einbringen werde, ob 50 oder 100 Milliarden Euro.
Euro-Zone auch ohne Griechen möglich
Der ÖVP-Politiker geht zudem davon aus, dass es den Euro weiter geben wird. Die Euro-Zone könnte aber auch ohne Griechenland weiter bestehen, betonte der Außenminister. Man müsse jedenfalls alles für die Erhaltung des Euro tun. Eine Studie des deutschen Finanzministeriums habe ergeben, dass in Österreich ansonsten die Arbeitslosigkeit um 9 Prozent steigen und die Wirtschaftsleistung um ein Zehntel sinken würde.
Daher hofft der ÖVP-Chef auch, dass der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) nächste Woche im Nationalrat - abgestimmt wird am Mittwoch - beschlossen werden kann. Der ESM sei ein "europäischer Währungsfonds", so Spindelegger, "de facto ist das ein Rettungsschirm für alle Problemkinder".
"Österreich weiterhin von Wien aus regiert"
Keinen Zweifel ließ er daran, dass die EU-Mitgliedsländer künftig Kompetenzen an Brüssel abgeben sollten. "Man kann nicht eine gemeinsame Währung machen, ohne eine gemeinsame Währungspolitik zu betreiben." Es brauche in Brüssel einen Finanzkommissar, der auf die Währung schaut, der mehr Rechte bekommt.
Der Außenminister sprach sich in diesem Zusammenhang für eine "Stabilitätsunion" aus. Er sei weder für Vereinigte Staaten Europa noch für einen Bundesstaat, beides seien alte Begriffe, mit denen man etwas verbinde. Das wolle er nicht für Österreich. "Ich will etwas ganz Eigenes, eine europäische Union, die eine Stabilitätsunion ist", so der Minister. Aber "Österreich bleibt ein Land, das von Wien aus regiert wird".
Es gelte etwa gegenüber China und Indien stärker im Wettbewerb aufzutreten. "Dazu braucht es eine stärkere Position in Brüssel, ein Regierungschef, der direkt gewählt wird." Bei Sozialpolitik gebe es große Spielräume, er wolle diese nicht Dänemark oder Zypern anpassen, aber dort wo man etwas entscheiden müsse, brauche man ein Durchgriffsrecht.
Spindelegger drängt auf mehr Mitbestimmung
Bereits vor einigen Tagen in Brüssel hatte Spindelegger gemeint: "Ich bin sehr dafür, dass wir über Möglichkeiten der direkten Mitbestimmung diskutieren, etwa durch die Wahl des Kommissionspräsidenten bei der Europawahl. Dieser hat dann nämlich eine andere Position, wenn er von den Bürgern direkt gewählt ist und damit stark ist." Auch der EU-Währungskommissar sollte mehr Kompetenzen bekommen, sagte Spindelegger damals.
Beim EU-Gipfel habe es einen großen Fortschritt gegeben, nämlich "dass wir sagen, wir brauchen die Generalüberholung, wir müssen die Bevölkerung während dieses Prozesses voll mitnehmen", sagte der Minister am Sonntag. So sei etwa mit "Town-Hall-Meetings" begonnen worden. Diese heiße es fortzusetzen, so lange, bis es einen neuen Vertragstext gebe, so der Vizekanzler. Viele Bürger würden Begriffe wie ESM und Fiskalpakt nicht mehr verstehen.
"Die Bevölkerung sollte in einem Konvent eingebunden werden, am Schluss bin ich für eine Volksabstimmung, ich glaube, dass können wir sonst nicht verantworten." Eine europäische Volksabstimmung "wäre wünschenswert", sei aber erst nach einer Vertragsänderung machbar.
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