In Wien wurden innerhalb eines Tages fünf Frauen brutal ermordet und niedergemetzelt. Die dringend Tatverdächtigen: Männer. Die renommierte Gerichtspsychiaterin Sigrun Roßmanith spricht im Gespräch mit der „Krone“ über mögliche Hintergründe von solch schockierenden Taten.
Gegen 7 Uhr früh betreten Polizeibeamte am Freitag eine Wohnung in Wien-Erdberg und finden zwei leblose Körper auf. Es ist eine 51-jährige Frau mit ihrer 13-jährigen Tochter. Den Ermittlern ist schnell klar, sie haben es hier mit einem Gewaltverbrechen zu tun. Rasch gerät der 53-jährige Ehemann und Vater ins Visier der Ermittler, doch der ist untergetaucht.
In den Abendstunden wird die Polizei nach Wien-Brigittenau gerufen. Was sie dort vorfindet, ist selbst für hartgesottene Ermittler schwer anzusehen: Drei Frauen, niedergemetzelt in einem Erotikstudio. Ein regelrechtes Blutbad dürften die Beamten vorgefunden haben. Der dringend Tatverdächtige, ein afghanischer Asylwerber. Der blutüberströmte 27-Jährige wird beim Tatort festgenommen. Zum Motiv ist derzeit noch nichts bekannt.
Messer als verlängerter Arm des Selbstwerts
„Das ist ein Abbild der Gesellschaft, wie es zugeht“, sagt die erfahrene Gerichtspsychiaterin, Sigrun Roßmanith, tags darauf zur „Krone“. Dass fünf Frauen an nur einem Tag ermordet werden, sei zwar nicht die Regel, generell aber habe die Gewalt- und Erregungsbereitschaft „natürlich zugenommen“.
Wir haben keine Regeln und keine Strukturen mehr, unsere Demokratie kommt an ihre Grenzen.
Sigrun Roßmanith, Gerichtspsychiaterin
Vor allem Prostituierte haben einen hochgefährdeten Opferstatus, wie Roßmanith weiter ausführt. Werden Frauen in solchen Etablissements niedergemetzelt, sei üblicherweise ein Mann ausgerastet, „weil er zahlen soll, aber nicht zahlen kann, gedemütigt oder beschimpft wird, wo dann der Verstand nicht mehr funktioniert, sondern das Messer als verlängerter Arm des Selbstwerts zählt.“ Dabei spricht man im Fachjargon auch von einer Übertötung bzw. einem Overkill.
Die Übertötung oder auch Overkill genannt, ist ein Begriff aus der Kriminalistik, der verwendet wird, wenn bei einem Tötungsdelikt der Täter gegenüber dem Opfer deutlich mehr Gewalt anwendet, als zur eigentlichen Tötung notwendig gewesen wäre.
Gewalt als Abbild scheinbar männlicher Stärke
Die erhöhte Gewaltbereitschaft hat zum Teil mit der Zuwanderung zu tun. Solche Taten, wie die eingangs angeführten, fördern weitere Taten oder die „Gewaltanwendung als Abbild scheinbar männlicher Stärke“. Frauen werden immer selbstständiger und jene, die aus ihren Herkunftsländern die Unterordnung und Unterdrückung der Frau noch gewohnt sind, nehmen in Österreich ein anderes Klima wahr und lassen sich davon auch gerne beeinflussen, so die Gerichtspsychiaterin. Will sich eine Frau vor diesem Hintergrund plötzlich trennen, platzt die Bombe und es kann zu solch verheerenden Taten kommen.
Man gewinnt den Eindruck, wir haben ein Stück weit eine vaterlose Gesellschaft.“
Sigrun Roßmanith, Gerichtspsychiaterin
Eine Trennung ist außerdem für Männer immer schlimmer als für Frauen, das sagt die Statistik. Und: „Männer antworten eher mit physischer Gewalt als Frauen.“ Das sei natürlich auch bei österreichischen Männern zu beobachten, wie anhand des Doppelmordes zu sehen ist, aber nicht so ausgeprägt. „Wir haben hier in Österreich doch eine andere Struktur, natürlich sind noch patriarchale Aspekte vorhanden, aber in manchen Bereichen kippt das schon“, sagt Roßmanith.
Zu bedenken gibt die Gerichtspsychiaterin, dass viele den Eindruck bekommen, in Österreich fehle die ordnende Hand von oben. „Wir haben keine Regeln und keine Strukturen mehr, unsere Demokratie kommt an ihre Grenzen“, sagt sie. Dann bestehe immer die Gefahr, dass es ins Extreme kippt. „Anzeichen dafür haben wir ja schon.“
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