Israelkritische Äußerungen von Filmschaffenden bei der Preisverleihung der 74. Berlinale hat für heftige Diskussionen gesorgt. Auffällig war nach Ansicht von Kritikern vor allem, dass viele Beteiligte einseitig Vorwürfe gegen Israel erhoben, ohne den Terrorangriff der islamistischen Hamas vom 7. Oktober 2023 zu erwähnen oder eine Rückführung der israelischen Geiseln zu fordern. Das Festival ging auf Distanz, Israels Botschafter in Deutschland ortete „antisemitische Rhetorik“.
„Antisemitische und israelfeindliche Äußerungen“ seien mit tosendem Applaus bedacht worden, schrieb Botschafter Ron Prosor im Portal X (früher Twitter). „Es scheint, dass die Lektion aus der Documenta nicht begriffen wurde. Unter dem Deckmantel der Rede- und Kunstfreiheit wird antisemitische und antiisraelische Rhetorik zelebriert.“
„Müssen akzeptieren“
„Die Äußerungen von Preisträgerinnen und Preisträger sind unabhängige individuelle Meinungen. Sie geben in keiner Form die Haltung des Festivals wieder“, sagte eine Berlinale-Sprecherin der Deutschen Presse-Agentur. „Solange sie sich innerhalb der gesetzlichen Grenzen bewegen, müssen wir sie akzeptieren.“ Die Berlinale habe Verständnis dafür, dass die Äußerungen einiger Preisträgerinnen und Preisträger „als zu einseitig empfunden wurden“ - wies aber auch darauf hin, dass Meinungsäußerungen bei Kulturveranstaltungen nicht grundsätzlich verhindert werden könnten und sollten.
Lediglich die Co-Chefin der Berlinale, Mariette Rissenbeek, hatte bei der Gala am Samstagabend andere Töne angeschlagen: „Wir fordern Hamas auf, die Geiseln umgehend freizulassen und wir fordern Israel dazu auf, alles erdenklich Mögliche zu tun, um die Zivilbevölkerung in Gaza zu schützen und dafür zu sorgen, dass dauerhaft Frieden in der Region wiederkehren kann.“
Der Zentralrat der Juden wies auf X (ehemals Twitter) am Sonntagabend darauf hin, dass bei der Berlinale „schon wieder eine der wichtigsten Kulturveranstaltungen in Deutschland für ideologische Hetze gegen Israel und Juden missbraucht“ wurde. Damit spielt der Zentralrat wohl auf die vergangene documenta fifteen im Jahr 2022 an, die vom Umgang mit als antisemitisch kritisierter Kunst überschattet wurde.
Die deutsche Kulturszene rolle roten Teppich „ausschließlich für Künstler“ aus, die sich für „Israels Delegitimierung“ einsetzen, schrieb Prosor in seinem Tweet und forderte: „Ihr Schweigen, sogenannte ‘Kultur-Elite‘, ist ohrenbetäubend! Es ist an der Zeit, Ihre Stimme zu erheben und dieser grotesken Scharade eine Absage zu erteilen. Handeln Sie jetzt, oder seien Sie für immer Teil dieses beschämenden Erbes.“
Die Berlinale war in diesem Jahr besonders stark von politischen Debatten geprägt. Bereits bei der Eröffnungsgala hatten einige Filmschaffende ein Ende der Kämpfe in Gaza zwischen Israel und der Hamas gefordert. Bei der Preisverleihung am Samstag trugen mehrere Menschen auf der Bühne Zettel mit der Aufschrift „Ceasefire Now“ (etwa: „Feuerpause jetzt“) - womit sie für ein Ende der militärischen Aktionen Israels gegen die Terrororganisation Hamas in Gaza protestierten.
„Free Palestine“-Foto
Hinzu kam am Sonntag ein israelfeindlicher Beitrag auf der Instagram-Seite der Panorama-Sektion der Berlinale, der schnell wieder gelöscht wurde und im Anschluss als Screenshot auf X kursierte. Auf einem Foto war der Spruch „Free Palestine - From the River to the Sea“ („Befreie Palästina - vom Fluss bis zum Meer“) zu sehen. Mit dem Satz ist gemeint, es solle ein freies Palästina geben auf einem Gebiet vom Fluss Jordan bis zum Mittelmeer - dort, wo sich jetzt Israel befindet. Das Filmfestival distanzierte auch hiervon und gab an, Opfer eines Hackerangriffs geworden zu sein.
„Dass jemand einen Berlinale-Social-Media-Kanal für antisemitische Hetze missbraucht, ist unerträglich“, hieß es auf Nachfrage der dpa. Die Posts seien sofort gelöscht worden, zudem werde untersucht, wie es zu dem Vorfall habe kommen können. „Und wir haben Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt. Wir verurteilen diesen kriminellen Akt aufs Schärfste.“
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