"Das kann nicht sein"

Ungläubigkeit und viele Theorien nach Sebastians Tod

Österreich
06.07.2012 07:19
Nach dem tragischen Tod des kleinen Sebastian aus Baden bei Wien wirkt das romantische Eiland Amrum weiterhin wie paralysiert. Gegenüber der "Krone" stellen allerdings viele Urlauberfamilien die offizielle Unfallversion (siehe auch Infobox) infrage. Außerdem will kaum jemand glauben, dass keiner der Feriengäste etwas gesehen hat. Ein Strandkorb-Vermieter will gehört haben, dass mehrere Kinder - und nicht der Zehnjährige alleine - das Sandloch gruben. Die trauernden Eltern kehrten indes nach Österreich heim.

"Sandro! Komm sofort zurück!", brüllt eine Mutter am Strand von Wittdün mit hastiger Stimme. Knapp 20 Meter hat sich der Bub mit dem Sandkübel und der roten Plastikschaufel vom Strandkorb der Familie in Richtung der Dünen bewegt. 20 Meter, die derzeit ausreichen, um die Urlauberin in Hysterie zu versetzen.

"Das müsste doch jemand gesehen haben"
Die Nachricht vom Tod des kleinen Sebastian aus Baden unter seinem Lieblingsspielplatz hat viele Feriengäste mit Kindern auf der Nordseeinsel in Schockzustand versetzt. Die salzige Meeresluft trägt mehr als nur eine Brise Trauer. Das Lied der Möwen klingt wie ein Requiem. Es gibt nur ein Thema, eine einzige Frage: Wie konnte das nur passieren? Eine junge Frau erinnert sich mit Schaudern an die Schreie des Vaters Sonntagnacht: "Er brüllte immer nur: Sebastian, Sebastian!"

Aber auch Unverständnis macht die Runde. "Direkt daneben ist ein Kiosk, die Strandkörbe sind voll. Das müsste doch jemand gesehen haben", schildert Großmutter Anna aus Berlin, die mit ihren Enkerln Carlotta und Antonia seit einer Woche an der Nordsee ist. Die Urlauberin kann und will die Unfallversion einfach nicht glauben.

Schlicklöcher als Todesfalle
Verschwörungstheorien machen die Runde. So weisen viele Einheimische auch auf die Gefahr von Löchern im Schlick hin. 50 Meter von der Unglückstelle entfernt warnen Hinweistafeln vor den möglichen unterirdischen Fallen ("Achtung, gefährliche Schlicklöcher, Begehen auf eigene Gefahr"). Erst im April 2011 konnte eine Frau in letzter Sekunde aus einer solchen "Watt-Öffnung" befreit werden.

Laut Obduktionsergebnis der Gerichtsmediziner in Kiel dürften dem Schüler aus Baden allerdings die Sandmassen zum tödlichen Verhängnis geworden sein. Ob er die Sandhöhle wirklich alleine gebaut hat, ist unklar. Ein Strandkorb-Vermieter will gehört haben, dass mehrere Kinder das Loch gegraben hat. Der Letzte, der mit ihm kurz vor seinem Tod spielte, soll Elia, der Sohn des Kioskbesitzers, sein.

"Polizei grub nicht tief genug"
Schwere Vorwürfe muss sich indes die Polizei gefallen lassen: Schon am Montag wurde beim "Piratenschiff" gegraben - allerdings vorerst nicht tief genug. Die Eltern wollen sich an solchen Vorwürfen nicht beteiligen. Sie wollen nur eines - in Ruhe um ihren Liebling trauern. Am Donnerstag kehrten sie über Hamburg nach Österreich zurück.

Schwarze Flagge in Baden
Sebastian W. war ein Sonnenschein und ein Musterschüler. Als einer der wenigen seiner Volksschulklasse in Baden bei Wien durfte er sich vergangene Woche über lauter Einser im Abschlusszeugnis freuen. Seit Mittwoch hängt an der Schule eine schwarze Fahne. Lehrer, Schüler und Direktorin trauern.

Sebastian hätte nach diesen Sommerferien einen neuen Lebensabschnitt beginnen sollen: das Gymnasium. Der Bub war "aufgeweckt und wahnsinnig sportlich", berichtet eine seiner Lehrerinnen. Nur eine Woche vor seinem Tod hatte er am Badener Stadtlauf teilgenommen - er belegte Platz 14. Tennis spielte er auch - und die Sommerurlaube verbrachte Sebastian zuletzt immer gemeinsam mit seiner Familie auf Amrum.

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