Gutachten bestätigt:

Piloten-Versagen löste Absturz des Fluges AF 447 aus

Ausland
05.07.2012 17:32
Die Air-France-Flugzeugkatastrophe am 1. Juni 2009 wurde maßgeblich durch Pilotenfehler verursacht, heißt es in dem nun abgeschlossenen Expertengutachten. Wie die Unfall-Ermittler am Donnerstag mitteilten, war die Crew nach einer Vereisung der Sonden zur Geschwindigkeitsmessung mit der grundsätzlich beherrschbaren Situation überfordert und hatte im Cockpit der Airbus-Maschine die Kontrolle verloren. Die A330-200 stürzte daraufhin ins Meer, alle 228 Menschen an Bord kamen ums Leben, darunter eine Österreicherin.

In ihren Abschlussempfehlungen schlagen die Ermittler eine bessere Pilotenschulung, aber auch Verbesserungen an den Anzeigen im Cockpit vor. Die vereisungsanfälligen Sonden des Herstellers Thales waren bereits kurz nach dem Absturz in einer Unwetterzone aus dem Verkehr gezogen worden.

Der Chef der Luftfahrtermittlungsbehörde BEA, Jean-Paul Troadec, betonte bei der Vorstellung des Gutachtens, dass seine Behörde nicht die Aufgabe gehabt habe, die Verantwortlichen zu benennen. Dies sei Sache der Justiz. Eine französische Untersuchungsrichterin ermittelt bereits seit Langem in dem Fall, sie hat allerdings noch kein Anklageverfahren eingeleitet.

Air France wies Schuldzuweisungen zurück
In ihrem Bericht zum Todesflug AF 477 wollten sich die Ermittler nicht konkret dazu äußern, ob die Fehler der Piloten auf unzureichende Schulung oder Fahrlässigkeit zurückzuführen waren. Air France wies jegliche Schuldzuweisung in Richtung der Mannschaft oder des Unternehmens zurück. Die Crew habe in einer außergewöhnlichen Situation ihre Aufgaben bis zum Schluss erfüllt, hieß es in einer ersten Stellungnahme. Die äußeren Umstände wie das Alarmverhalten der Instrumente hätten eine bessere Reaktion verhindert.

Bei den Ermittlungen zur Absturzursache stützten sich die Experten der BEA vor allem auf die Auswertung der Flugdatenschreiber. Sie waren im Frühjahr des vergangenen Jahres nach mehreren vergeblichen Suchaktionen aus rund 4.000 Metern Tiefe geborgen worden. Der Flugdatenschreiber registrierte zahlreiche Parameter wie Höhe und Neigungswinkel der Maschine sowie Triebwerkseinstellungen. Der Stimmenrekorder nahm während des Fluges von Rio nach Paris die Gespräche und Geräusche im Cockpit auf.

Geschwindigkeitsmesser vereist
Bis zum Fund der Flugdatenschreiber war lediglich klar gewesen, dass sich wegen einer Vereisung der Sonde zur Geschwindigkeitsmessung der Autopilot abgeschaltet hatte. Das hatte die Auswertung der vom Flugzeug automatisch versendeten Wartungsmeldungen ergeben. Der kurzfristige Ausfall einer sogenannten Pitot-Sonde konnte allerdings nicht eine solche Katastrophe verursachen, betonten die Experten bereits in der Vergangenheit. 

Die Daten der Flugschreiber ergaben, dass die Piloten vor allem auf anschließende Warnungen über einen Strömungsabriss an den Tragflächen - im englischen Fliegerjargon "stall" genannt - falsch reagiert hatten. Dies ließ den Jet schnell an Höhe verlieren und schließlich abstürzen.

Hinterbliebene nicht zufrieden
Der Flugzeughersteller Airbus kündigte in einer ersten Stellungnahme eine ausführliche Analyse des Gutachtens an. Das Unternehmen werde jede Möglichkeit ergreifen, die Flugsicherheit weiter zu verbessern, hieß es. Die deutsche Hinterbliebenenvereinigung "Hiop AF 447" äußerte dagegen Zweifel an der Unabhängigkeit der Experten. Seiner Meinung nach sei es der BEA darum gegangen, die Luftfahrtindustrie nicht allzu sehr zu belasten, sagte der Hiop-Vorsitzende Bernd Gans. Er und viele andere hofften nun auf die Ermittlungen der französischen Justiz.

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