Nur kurz konnte sich ein aus einem niederländischen Gefängnis geflohener Häftling über seine wiedergewonnene Freiheit freuen. Zielfahnder des Bundeskriminalamts schnappten den Mehrfach-Verbrecher im Bereich des Flughafens Wien-Schwechat. So schnell geht es freilich nicht immer ...
Wie Trophäen hängen ihre grimmigen Gesichter an der kahlen Bürowand. Es sind die Steckbriefe von Schwerverbrechern. Von Mördern, Räubern, Betrügern. Allesamt haben sie Menschen viel Leid beschert - und den Medien Schlagzeilen. Wer hier hängt, ist ein schwerer Junge. Oder ein schweres Mädchen. Insgesamt sind es 311 Fratzen - 286 Männer und 25 Frauen, die sich dem langen Arm der Behörde nicht entziehen konnten.
„Eine Zielperson wird nicht vom Schreibtisch aus festgenommen“, schildert ein arrivierter Zielfahnder beim „Krone“-Lokalaugenschein im Bundeskriminalamt. Seine Anonymität muss gewährt werden, ebenso jene seiner Kollegen. Tatsächlich kommen die Top-Kriminalisten ziemlich herum. Mexiko, Venezuela, Thailand, USA, Irak - rund um den Globus ließen sie schon die Handschellen klicken. Stets in Zusammenarbeit mit der Polizei vor Ort. „Als Zielfahnder muss man auch ein bisschen Diplomat sein“, erklärt Andreas Holzer, Direktor des Bundeskriminalamtes. Denn für eine gute Zusammenarbeit mit ausländischen Behörden bedürfe es vor allem eines: Vertrauen.
Die Täter müssen wissen, dass sie sich nirgends sicher fühlen können. Das sind wir auch den Opfern schuldig.
Andreas Holzer, Direktor des Bundeskriminalamtes
Seit ihrer Gründung im Jahr 2003 machte die Zielfahnder-Einheit 152 Personen in Europa und 37 in anderen Ländern dingfest. Darunter finden sich auch prominente Namen wie Olympiasieger Peter Seisenbacher, der Hersteller des Ibiza-Videos Julian Hessenthaler, aber auch einer der Mörder im Fall „Leonie“ sowie jener serbische Raubmörder, der einen Wiener Juwelier auf dem Gewissen hat. Im Gegenzug fassten die Beamten basierend auf internationalen Haftbefehlen 122 Täter für ausländische Behörden in Österreich. „Die Täter müssen wissen, dass sie sich nirgends sicher sein können“, so Holzer.
Im Vergleich zu solchen Kalibern ist der entflohene Häftling aus den Niederlanden nur ein kleiner Fisch. Dafür ging er in Windeseile ins Netz: Zwischen der Alarmierung der niederländischen Behörden bis zur Festnahme auf dem Flughafen Wien-Schwechat vergingen gerade einmal 90 Minuten. Die Zielfahnder hatten den Mann in einer S-Bahn lokalisiert und konnten ihn widerstandslos festnehmen.
Aufklärungsrate beinahe 100 Prozent
Dass es nicht immer so schnell geht, zeigt ein Fall von 2007. Ein wegen Kindesmissbrauchs verdächtiger Mann tauchte drei Jahrzehnte (!) in Nigeria unter, ehe ihn Zielfahnder aufspüren und festnehmen konnten. „Kein Verbrechen darf ungesühnt bleiben“, so das Credo. Tatsächlich liegt die Aufklärungsrate bei beinahe 100 Prozent. Nur zwei Fälle haben die Zielfahnder aktuell offen: den berüchtigten Prostituierten-Mörder Tibor Foco (nach ihm wird seit 1997 gefahndet) sowie Martin Josef Schabel, alias „Mr. Blow“ - der 51-Jährige soll über das Darknet-Marktplätze Drogen im ganz großen Stil unter die Leute bringen. Sein Aufenthaltsort ist unbekannt. Noch ...
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