Hilfe für die Ukraine
Macron: Entsendung von Bodentruppen „möglich“
Um die Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen Russland zu unterstützen, schließt der französische Präsident Emmanuel Macron auch den Einsatz von Bodentruppen durch sein Land nicht mehr aus. Im künftigen Kriegsverlauf könne nichts ausgeschlossen werden, sagte Macron nach Abschluss der Ukraine-Hilfskonferenz Montagnacht in Paris. Dem schloss sich auch Premier Gabriel Attal an.
Bei dem Treffen von über 20 Staats- und Regierungschefs habe es „keinen Konsens“ gegeben, offiziell Bodentruppen zu entsenden, erklärte Frankreichs Präsident. „Aber in der Dynamik darf nichts ausgeschlossen werden. Wir werden alles tun, was nötig ist, damit Russland diesen Krieg nicht gewinnen kann.“
„Alles ist möglich, wenn es hilfreich ist“
Viele Menschen, die heute „nie, nie“, sagten, seien dieselben, die vor zwei Jahren sagten, „nie, nie Panzer, nie, nie Flugzeuge, nie, nie Raketen mit längerer Reichweite“. Heute drehe sich die Diskussion darum, bei der Lieferung von Panzern und Raketen schneller und stärker zu werden. „Also ist alles möglich, wenn es hilfreich ist, um unser Ziel zu erreichen“, sagte der französische Präsident. Jedes Land könne eigenständig und souverän über den Einsatz von Bodentruppen entscheiden.
„Man kann nichts ausschließen in einem Krieg (...) im Herzen Europas“, stimmte Premier Attal am Dienstag gegenüber dem Radiosender RTL zu. Vor zwei Jahren hätten viele Länder ausgeschlossen, Waffen an die Ukraine zu liefern, so Attal. „Heute sind wir dabei, Raketen mit hoher Reichweite zu schicken, um die Ukrainer gegen diese Aggression zu unterstützen.“
Vor seiner Abreise zu dem Pariser Treffen hatte der slowakische Ministerpräsident Robert Fico vor einer „gefährlichen Eskalation der Spannungen“ mit Russland gewarnt. Einzelne Länder, die er nicht namentlich nennen wollte, seien offenbar bereit, eigene Soldaten direkt in die Ukraine zu schicken. Das aber würde Russland nicht zum Einlenken bewegen, sehr wohl aber die Gefahr einer Ausweitung des Konflikts vergrößern.
Umso mehr NATO-Staaten in den Konflikt involviert werden, umso unsicherer wird die Lage für uns alle.
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP)
Auch Nehammer zeigte sich in Bezug auf eine Involvierung westlicher Soldaten besorgt. Jede Eskalation des Krieges betrachte er sorgenvoll, sagte Nehammer von der APA darauf angesprochen, dass Tschechiens Präsident Petr Pavel 20 Tschechen erlaubt hat, in der ukrainischen Armee zu kämpfen. „Umso mehr NATO-Staaten in den Konflikt involviert werden, umso unsicherer wird die Lage für uns alle.“
Entsendung von Raketen mit mehr Reichweite
Bei dem Treffen sei die Bildung einer Koalition beschlossen worden, die die Ukraine mit Raketen und Bomben mittlerer und längerer Reichweite für Schläge weit hinter die russischen Linien versorgen soll, sagte der französische Präsident. Kurzfristig solle außerdem auch aus eigenen Beständen und aus Drittländern zusätzliche Munition für die Ukraine mobilisiert werden.
Rund 15 Länder signalisierten laut Angaben des tschechischen Premiers Petr Fiala Interesse an einer Munitions-Initiative seines Landes. Tschechien führt die Initiative an, um Geld für einen schnellen Kauf von Artilleriemunition aus Drittländern für die Ukraine zu sammeln. Die Niederlande wollen sich mit 100 Millionen Euro an der Initiative beteiligen, wie der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte in Paris ankündigte.
Cyberabwehr und Minenräumung
Verständigt habe man sich unter anderem auf Initiativen zur Cyberabwehr, zur Koproduktion von Waffen, zu militärischen Fähigkeiten und Munition in der Ukraine sowie zur Verteidigung von Ländern, die direkt von der russischen Offensive in der Ukraine bedroht sind, insbesondere Moldau, erklärte Macron. Zudem wolle man die Ukraine an ihrer Grenze zu Belarus mit nichtmilitärischen Kräften unterstützen, sagte Macron. Auch sei es um das Entschärfen von Minen gegangen.
Eine Lieferung französischer Mirage-Kampfjets sei aktuell nicht beschlossen worden. Geprüft werde aber weiterhin, welches französische Militärmaterial der Ukraine helfen könne, sagte Macron, der bis Mitte März selbst nach Kiew reisen will.
Gemeinsame Schulden zur Rüstungsfinanzierung?
Auf der Konferenz sei grundsätzlich beschlossen worden, schneller mehr Hilfe für die Ukraine bereitzustellen, sagte Macron. Frankreich unterstütze zudem Überlegungen, mit gemeinsamen Schulden europäische Rüstungsausgaben angesichts des Ukraine-Kriegs zu finanzieren. Ähnlich wie in der Corona-Krise seien auch von Russlands Aggression sämtliche europäischen Länder betroffen, was den Sonderweg gemeinsamer Schulden rechtfertige.
Der zu der kurzfristig organisierten Konferenz mit einer Videobotschaft zugeschaltete ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte weitere Hilfe gefordert, damit Russland seine Aggression nicht auf weitere Länder ausdehnt. Er beklagte am Montag, dass versprochene Waffenlieferungen zu spät ankommen.
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