Weil sie die Zeche nicht bezahlen konnten, flüchteten im August letzten Jahres eine 16-Jährige und ihr Freund (17) aus einem Sushi-Lokal in Linz. Die Chefin der beiden verfolgte sie. Doch die junge Frau drückte aufs Gas ihres gestohlenen Wagens und überfuhr die 42-Jährige. Am Dienstag wurden sie in Graz zu Haftstrafen wegen versuchten Mordes verurteilt - nicht rechtskräftig!
Im Rollstuhl wird Lihua C. von einem Sanitäter zum Gericht in Graz gebracht. Nachdem sie im August letzten Jahres von zwei Teenagern, gerade einmal 16 und 17 Jahre alt, vor ihrem Lokal in Linz vom Auto überfahren wurde, obwohl sie nur die ausstehende Zeche der beiden verlangen wollte. Vor dem Schwurgerichtssaal wartet die Gezeichnete nun auf ihre Einvernahme.
Zuvor hielt Staatsanwältin Katharina Tauschmann ihren Anklagevortrag. Und der hat es in sich, denn die beiden sind alles andere als unbeschriebene Blätter! Autos stehlen, diese unbefugt in Betrieb nehmen, stand für sie beinahe an der Tagesordnung, genau so wie Ladendiebstähle. Verurteilt sind sie auch schon, die 16-Jährige unter anderem wegen versuchter schwerer Körperverletzung.
„Ein Wunder, dass sie noch lebt“
Doch was ist an jenem 9. August des Vorjahres in die Zahnarztassistentin in Ausbildung und den Elektriker-Lehrling gefahren? „Sie wollten gemeinsam abhauen und das Leben genießen“, trägt die Staatsanwältin vor. „Fahren wir doch nach Linz“, dachten sich die beiden. Dort angekommen, parkten sie den Wagen in einer Einbahnstraße und ließen es sich anschließend schmecken. Dass sie nicht genug Geld dabei hatten, sei ihnen klar gewesen. Daher gingen sie einfach.
Doch ein Kellner und die Sushi-Chefin bemerkten das und folgten den beiden bis zum Auto. Während der Kellner versuchte, die Beifahrertür zu öffnen, stand die 42-Jährige auf der Straße und zückte ihr Handy. „Sie wollte ein Bild vom Wagen zur Dokumentation machen“, sagt die Staatsanwältin. Doch dann drückte das Mädchen aufs Gas. Es sei ihnen egal gewesen, ob die Frau das überleben würde, Hauptsache weg. Dabei wird das Opfer von zwei Reifen komplett überfahren. „Es ist ein Wunder, dass sie das überlebt hat.“
Meine Mandantin wird hier als Schwerverbrecherin dargestellt. Das ist absolut nicht richtig!
Verteidiger Bernhard Lehofer
Bild: Christian Jauschowetz
Öffentlichkeit bei Einvernahme ausgeschlossen
Bernhard Lehofer, Verteidiger der jungen Angeklagten, kontert: „Meine Mandantin wird hier als Schwerverbrecherin dargestellt. Das ist absolut nicht richtig!“ Sie habe eine schwierige Kindheit und Jugend hinter sich gebracht, sei mit sieben Jahren nach einer Scheidung der Eltern nach Österreich gekommen. Sie sei selbst Opfer schwerer Gewalttaten geworden und eigentlich ein intelligentes, aber schwer gezeichnetes Mädchen, das unter Panikattacken leide. Eben aus diesen heraus habe sie an jenem furchtbaren Tag gehandelt. Außerdem sei die Sushi-Wirtin nicht auf der Straße gestanden, sondern eher ins bereits fahrende Auto hineingesprungen.
Der Verteidiger ihres angeklagten Freundes plädiert auf „nicht schuldig“. Er, sowie sein Vorredner, beantragen den Ausschluss der Öffentlichkeit vom Verfahren, zu groß sei die Sorge über Spott und Häme sowie das weitere Fortkommen der beiden. Die Berufsrichter stimmen diesem Antrag teilweise zu. Die Öffentlichkeit ist von der Einvernahme der Angeklagten ausgeschlossen.
Opfer wurde schon mehrere Male operiert
Als diese vorbei ist, wird das Opfer aufgerufen. Vom Sanitäter wird sie im Rollstuhl vorgefahren. Noch einmal soll sie erzählen, was an jenem schicksalhaften Tag passiert ist. „Ich habe bemerkt, dass sie nicht bezahlt haben. Ich bin rausgegangen, mein Kollege und ich haben sie aber nicht gesehen, weil sie sich versteckt haben. Wir haben sie aber entdeckt. Sie sind schnell gerannt, deshalb nehme ich an, dass sie mich gesehen haben. Mein Kollege ist ihnen nachgelaufen, ich bin zu Fuß nach“, erzählt sie. Als sie vor dem Auto stand, wollte sie mit dem Handy ein Foto machen.
Es geht mir nicht gut. Ich habe Schmerzen im Rücken, in den Beinen und bin kürzlich erst wieder operiert worden. Das war nun die sechste Operation. Weitere stehen noch vor mir.
Das Opfer Lihua C.
Haftstrafen für das befreundete Paar
Doch plötzlich fuhr der Pkw los. Sie wollte noch zur Seite springen, doch das Auto war zu schnell. Dass sie in das bereits fahrende Auto seitlich reingerannt sei, wie die Angeklagte zuvor bei ihrer Einvernahme laut der vorsitzenden Richterin angegeben hatte, sei sicher nicht passiert. Und: „Sie muss mich gesehen haben!“ Auf die Frage der Vorsitzenden, wie es ihr nun geht, antwortet sie: „Es geht mir nicht gut. Ich habe Schmerzen im Rücken, in den Beinen und bin kürzlich erst wieder operiert worden. Das war nun die sechste Operation. Weitere stehen noch vor mir.“
In den Abendstunden wurden die beiden zu Haftstrafen verurteilt: Sie muss vier Jahre ins Gefängnis, ihr Freund wurde zu 30 Monaten Haft verurteilt. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.
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