Am Dienstagvormittag ging die Grazer AVL mit schlechten Nachrichten an die Öffentlichkeit: Im Laufe des Jahres 2024 müssen 200 Mitarbeiter das Unternehmen verlassen. Eine Kündigungswelle, die den Anfang eines Rezessionsjahres in der steirischen Industrie einläutet.
70 Kündigungen in den nächsten Monaten, 130 weitere Personalkürzungen bis 2024 - das ist die knallharte Botschaft, die am Dienstagvormittag die Mitarbeiter der Grazer AVL erreichte. Damit scheint der steirische Automobil-Riese allerdings nicht alleine zu sein. So hat die weiß-grüne Industrie aktuell an allen Ecken und Enden mit steigenden Lohnkosten zu kämpfen.
„Die Industrie befindet sich in einer Rezession. Diese Konjunkturlage, gepaart mit stark gestiegenen Kosten - insbesondere auch für Personal - werden sich in den kommenden Monaten verstärkt auch am Arbeitsmarkt abbilden“, sagt Gernot Pagger, Geschäftsführer der steirischen Industriellenvereinigung. „Im Rahmen unsere aktuelle Konjunkturanalyse haben uns 44 Prozent der Industriebetriebe rückgemeldet, dass sie ihren Personalstand im Laufe des ersten Quartals 2024 reduzieren müssen.“
Im Rahmen unsere aktuelle Konjunkturanalyse haben uns 44 Prozent der Industriebetriebe rückgemeldet, dass sie ihren Personalstand im Laufe des ersten Quartals 2024 reduzieren müssen.
Gernot Pagger, Geschäftsführer steirische Industriellenvereinigung
Die Kündigungen am Grazer Standort der AVL scheinen nun also die ersten Auswirkungen der wirtschaftlich schwierigen Lage zu sein. Vonseiten des Konzerns werden hohe Energie-, Personal-, Material- und Zinskosten als Auslöser genannt. „Nach zwei Jahren des Wachstums - mit 10 Prozent im letzten Jahr - müssen wir nun die Ertragskraft des Unternehmens stärken, um die notwendigen Mittel für die Investitionen in die Zukunft bereitzustellen. Die ökonomischen Rahmenbedingungen und der starke internationale Wettbewerb machen diese Kapazitätsanpassung notwendig“, sagt Geschäftsführer Helmut List.
Konkret steht für 70 Mitarbeiter in den kommenden Monaten die Kündigung an, weitere 130 Personen werden aufgrund von Pensionierungen und Streichungen im Stellenplan das Unternehmen verlassen müssen. Und so werden ab 2024 nur mehr etwa 4100 Mitarbeiter am Grazer Standort der AVL arbeiten, was einem Abbau von immerhin 5 Prozent der Stellen in der Landeshauptstadt entspricht.
Auch andere Betriebe könnte es treffen
Auf Nachfrage bei Magna, einem anderen großen Automobil-Player in der Steiermark, ist man sich auch dort der schwierigen Marktsituation bewusst. Aber Konzernsprecher Rej Husetovic gibt Entwarnung: „Stand heute sind keine großen personellen Umstrukturierungen geplant.“ Es gäbe bloß punktuelle Anpassungen, keine größeren Aktionen. Dennoch wurde erst vor Kurzem bekannt, dass bis Ende des Jahres der Magna-Entwicklungsstandort in Köln geschlossen werden soll - auch hier sind 200 Mitarbeiter betroffen.
Wie wird es jetzt in der steirischen Industrie weitergehen? Im ersten Halbjahr 2024 ist mit weiteren Verschlechterungen in der Industrie zu rechnen. 28 Prozent der von der IV befragten Betriebe melden eine aktuell schlechte Ertragslage - vergleichbare Werte brachte die Umfrage zuletzt in Zeiten der Pandemie im Jahr 2020.
Um den Entwicklungen entgegenzuwirken, setzt die AVL auf neue Geschäftsfelder abseits der Automobilindustrie. Ein wichtiger Schritt für den großen Arbeitgeber mit über zwei Milliarden Euro Umsatz im Jahr 2023. Auf der Agenda stehen neue Forschungs- und Entwicklungsleistungen in den Bereichen Bahn, Schifffahrt und Energie. Kernbereiche sind außerdem die Digitalisierung und der Weg Richtung Klimaneutralität.
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