Westen lobt Libyen

Historische Wahl in Libyen als “Beginn einer neuen Ära”

Ausland
08.07.2012 10:57
Die erste freie Parlamentswahl in Libyen nach Jahrzehnten der Gadafi-Herrschaft ist vom Westen als Beginn einer neuen Ära begrüßt worden. US-Präsident Barack Obama sprach von einem "Meilenstein" beim Übergang des Landes zur Demokratie. Knapp neun Monate nach dem Tod Muammar al-Gadafis wählten die Libyer ein Parlament, das in dem nordafrikanischen Land eine neue Regierung benennen und die Bildung einer Verfassungskommission vorbereiten soll.

"Nach mehr als 40 Jahren, in denen sich Libyen im Griff eines Diktators befand, unterstreicht die historische Wahl, dass die Zukunft Libyens in den Händen des libyschen Volkes liegt", erklärte Obama am Samstag in Washington und sicherte weitere Hilfen seines Landes zu. Die USA würden eng mit der gewählten Versammlung und der neuen Staatsführung zusammenarbeiten. Zugleich macht der Präsident deutlich: "Es gibt immer noch große Probleme, und die Wahl muss in einigen Gebieten zu Ende geführt werden."

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton erklärte, die Parlamentswahl markiere den "Beginn einer neuen demokratischen Ära". Die Libyer hätten in einem "Klima der Freiheit" gewählt.

Wahlbeteiligung von rund 60 Prozent
Die Wahlbeteiligung erreichte nach ersten Informationen der Wahlkommission 60 Prozent. "Es gehen noch weitere Berichte ein, aber die Zahl der Wähler hat 1,6 Millionen erreicht, das sind 60 Prozent der Stimmberechtigten", sagte der Leiter der Wahlkommission, Nuri al-Abbar, in der Hauptstadt Tripolis.

Insgesamt wurden 200 Mandate vergeben, für die sich mehr als 3.700 Kandidaten bewarben. Mit ersten Ergebnissen wird für Montag oder Dienstag gerechnet. Derzeit zeichnet sich ein gutes Abschneiden des liberalen Bündnisses Allianz der Nationalen Kräfte ab. 

Urnengang mehrfach erheblich gestört
Der Wahlgang wurde in mehreren Regionen erheblich gestört, vor allem im Osten des Landes. So konnten in der Stadt Ajdabiya mehrere Wahllokale nicht öffnen. Örtliche Vertreter berichteten von einem Angriff, bei dem ein Mensch getötet und zwei weitere verletzt wurden. Kurz vor der Wahl waren in Ajdabiya bei einem Brandanschlag Stimmzettel, Wählerlisten und Wahlurnen zerstört worden.

Wahlkommissionschef al-Abbar äußerte sich dennoch zufrieden mit dem Verlauf der Wahl. Nur 24 von 1.554 Wahllokalen hätten nicht geöffnet werden können, sagte er. Der deutsche FDP-Europaabgeordnete Alexander Graf Lambsdorff, der ein Team von 21 EU-Beobachtern in Libyen leitet, sagte, die meisten Menschen hätten friedlich und ohne Einschüchterung ihre Stimme abgeben können. Allerdings werde die Bekanntgabe der Ergebnisse noch ein wichtiger Moment im Wahlprozess sein.

Übergangsrat wird der Nationalversammlung weichen
Wenn die neue Nationalversammlung zusammentritt, soll der bisherige Nationale Übergangsrat seine Macht verlieren. Ein Datum dafür gibt es jedoch noch nicht. Von den 200 Abgeordneten sollen 100 aus dem Westen des Landes, 60 aus dem Osten und 40 aus den südlichen Wüstengebieten stammen. Dabei sind 120 Mandate für unabhängige Kandidaten und 80 für Vertreter von Parteien und anderen politischen Organisationen reserviert. Unter den zur Wahl zugelassenen Kandidaten waren 629 Frauen.

"Meine Freude ist unbeschreiblich", sagte der 40-jährige Ali Abdullah Warith bei der Stimmabgabe in Tripolis. "Dies ist ein historischer Tag." Die letzten landesweiten Wahlen in Libyen hatte es unter König Idris gegeben, den Gadafi 1969 entmachtete. Während Gadafis Herrschaft waren politische Parteien verboten.

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