Staunen über Aussagen
Scholz wirft Verbündeten aktive Kriegsführung vor
Beteiligen sich britische und französische Truppen aktiv am Betrieb von Langstrecken-Raketen in der Ukraine? Das behauptet zumindest der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz beiläufig während einer Veranstaltung in Berlin. Seine Aussagen lassen Verbündete wie Oppositionelle ratlos zurück.
Olaf Scholz hat eine neue Lieblingsphrase: „Deutschland wird nicht zur Kriegspartei!“ Weder direkt noch indirekt. Es reiche, dass sich britische und französische Truppen in der Ukraine aktiv daran beteiligen würden, „Storm Shadow“-Marschflugkörper ins Ziel zu bringen.
Hat Scholz Verbündete verpfiffen?
Das erwähnte Scholz am Montag beiläufig bei einer Veranstaltung in Berlin, als ihn ein Moderator nach seinem Nein zu Taurus-Lieferungen fragte. „Das, was an Zielsteuerung und an Begleitung der Zielsteuerung vonseiten der Briten und Franzosen gemacht wird, kann in Deutschland nicht gemacht werden“, führte der Sozialdemokrat aus und bringt damit seine Verbündeten in akute Erklärungsnot.
Taurus
- Der raketenförmige Taurus KEPD-350 hat nach Herstellerangaben eine Reichweite bis 500 Kilometer, Piloten müssen also für das Abfeuern nicht in den feindlichen Luftraum eindringen.
- Die rund fünf Meter langen und fast 1400 Kilogramm schweren Flugkörper sind mit einem eigenen Triebwerk und vier voneinander unabhängigen Navigationssystemen ausgestattet.
- Im autonomen Tiefflug sollen sie in einer Höhe von weniger als 50 Metern nur schwer von der gegnerischen Flugabwehr getroffen werden können.
Die Äußerung wird als Gefährdung des militärischen und diplomatischen Personals vor Ort gewertet. Tobias Ellwood, der frühere Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des britischen Unterhauses, erklärte der britischen Zeitung „The Telegraph“: „Das ist ein eklatanter Missbrauch von Geheimdienstinformationen, der von Deutschlands Zögern ablenken soll, die Ukraine mit einem eigenen Langstrecken-Raketensystem zu bewaffnen.“
London widerspricht Scholz
Er geht davon aus, dass Scholz‘ Spekulationen „zweifellos von Russland genutzt werden, um eine neue Sprosse der Eskalationsleiter zu erklimmen“. Die britische Regierung hat mittlerweile offiziell widersprochen, wonach sich Großbritannien direkt am Einsatz weitreichender Marschflugkörper gegen russische Stellungen in der Ukraine beteilige.
Der Einsatz der gelieferten Waffensysteme und „Prozess der Zielauswahl“ seien Sache der ukrainischen Streitkräfte, sagte ein Sprecher des britischen Verteidigungsministeriums. Scholz legte dagegen am Montag nahe, dass die Marschflugkörper von den Ukrainern alleine gar nicht betrieben werden könnten. Im Wortlaut: „Das weiß auch jeder, der sich mit diesem System auseinandergesetzt hat, und deshalb bin ich immer wieder verwundert, dass die Frage gestellt wird.“ London weist das zurück.
Am Dienstag gab die britische Regierung bekannt, dass sie eine „kleine Anzahl“ von Soldaten in der Ukraine stationiert hat. Einige von ihnen seien beispielsweise Teil medizinischer Ausbildungsteams.
Berlin und Paris führen sich vor
Scholz‘ Wortmeldungen sollen dem Vernehmen nach auch in Paris große Verwunderung ausgelöst haben. Die deutsch-französische Beziehung hat seit Kriegsbeginn schwer gelitten. Beide Seiten beschuldigen sich, zu wenig für die Ukraine zu tun. Vor allem Macrons Vorstoß, NATO-Bodentruppen in die Ukraine zu entsenden, wies Scholz aufs Schärfste zurück.
„Die NATO ist - und wird - keine Kriegspartei“, teilte der SPD-Mann am Mittwochabend in einer Videobotschaft mit. Seine Vorwürfe vom Montag wiederholte er dabei nicht.
Das Scholz-Statement zu Macrons Vorstoß zum Nachsehen:
Macron verteidigte seinen Vorstoß damit, dass das Undenkbare in der jüngsten Vergangenheit immer wieder verrückt wurde. Beim Ukraine-Sondergipfel am Montag in Paris rief er süffisant Richtung Scholz: „Ich erinnere Sie daran, dass vor zwei Jahren viele an diesem Tisch sagten: ‚Wir werden Schlafsäcke und Helme schicken.‘“ Zu diesem Zeitpunkt hatten Scholz‘ brisante Aussagen bereits die Runde gemacht.
Scholz zeigt, dass er sich nicht um die Interessen unserer Verbündeten kümmert und verstärkt die Gräben unter den Europäern.
Norbert Röttgen (CDU)
Bild: AFP
Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen wirft dem deutschen Kanzler vor, die Kontrolle über seine eigenen Argumente verloren zu haben. Er teilte auf der Plattform X mit: „Scholz zeigt, dass er sich nicht um die Interessen unserer Verbündeten kümmert und verstärkt die Gräben unter den Europäern.“ Seine Äußerungen bezeichnete er als „verantwortungslos“.
Scholz liefert Taurus nicht - gegen alle Widerstände
Die Ukraine trägt in Berlin seit Monaten den Wunsch nach Taurus-Marschflugkörpern vor. Sie will diese massiven und weitreichenden Raketen unter anderem einsetzen, um russische Nachschublinien weit hinter der Front zu treffen. Das Kanzleramt sorgt sich, den Krieg in der Ukraine auf diese Weise unter deutscher Beteiligung eskalieren zu lassen. Die Ampel-Partner Grüne und FDP plädieren für Taurus-Lieferungen an die Ukraine.
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