Im Zuge seines Börsenganges hatte Facebook Anfang März zugeben müssen, dass einer Schätzung zufolge gut fünf bis sechs Prozent aller Nutzerkonten "fake" sind, sich ein Nutzer also entweder doppelt oder unter falschem Namen eingetragen hat. Bei aktuell rund 900 Millionen Nutzern wären dies immerhin zwischen 45 und 54 Millionen gefälschte Profile.
Die Zahl ist insofern bedeutend, als jeder einzelne Nutzer das Netzwerk wertvoller macht. Dass Facebook gegen die eigentlich nicht zugelassenen Pseudonyme nun vorgeht, ist demnach nachvollziehbar. Für Gesprächsstoff sorgt allerdings, wie das Netzwerk dies tut.
"Ist dies der echte Name deines Freundes?"
So berichten Nutzer derzeit von einem Pop-up-Fenster, das sie nach dem Einloggen angezeigt bekommen. Unter der Überschrift "Hilf uns dabei, Facebook zu verbessern" heißt es darin: "Bitte hilf uns dabei zu verstehen, wie Nutzer Facebook verwenden. Deine Antwort bleibt anonym und hat keinen Einfluss auf das Konto deines Freundes. Ist dies der echte Name deines Freundes?" Darunter zu sehen sind das Profilbild eines anderen Nutzers sowie dessen Name.
"Stasibook" statt Facebook
Ob dieser echt ist oder nicht, kann anschließend beurteilt werden. Neben "Ja" und "Nein" kann die Frage nach der Identität des Nutzers auch mit "Ich kenne diese Person nicht" oder "Ich möchte nicht antworten" beantwortet werden. Obwohl niemand gezwungen wird, die Wahrheit zu sagen, sorgt dieser Aufruf zur Vernaderung in Foren und Blogs für großen Unmut. Von Spitzeltum ist die Rede, ein Blogger bezeichnete das Netzwerk sogar als "Stasibook".
Facebook beruft sich auf Namensrichtlinie
Facebook selbst hat sich zu der Aktion noch nicht geäußert. In seinem Pop-up-Fenster verweist das Netzwerk lediglich auf die "Richtlinien für Namen" in den AGB. Darin heißt es: "Facebook-Nutzer geben ihre wahren Namen und Daten an, und wir benötigen deine Hilfe, damit dies so bleibt." Und weiter: "Du wirst keine falschen persönlichen Informationen auf Facebook bereitstellen oder ohne Erlaubnis ein Profil für jemand anderen erstellen."
Randi Zuckerberg, Schwester von Facebook-Gründer Mark Zuckerberg und ehemalige Marketingchefin des Netzwerks, hatte auf einer Podiumsdiskussion im vergangenen Herbst schon deutlicher ausgesprochen, warum sie für eine Abschaffung der Anonymität im Internet ist: "Die Leute benehmen sich viel besser, wenn sie unter ihren echten Namen im Internet unterwegs sind."
Dieser Auffassung war offenbar auch Google, als es zum Start seines neuen sozialen Netzwerks Google+ einen Zwang zum Klarnamen einführte. Wer sich dennoch unter einem Pseudonym anmeldete, wurde kurzerhand des Netzwerks verwiesen.
"Klarnamenzwang schränkt Sicherheit ein"
Doch es gibt gute Gründe, sich hinter einem Pseudonym zu verstecken, weiß die Wissenschaftlerin und Microsoft-Mitarbeiterin Danah Boyd, die zu sozialen Netzwerken forscht. "Klarnamenregeln machen Menschen nicht stärker, sie sind eine autoritäre Machtausübung gegenüber verletzlichen Menschen", so Boyd. Ihr zufolge würden sich jene Menschen am häufigsten im Internet auf Pseudonyme verlassen, die von der Gesellschaft am meisten ausgegrenzt werden – darunter etwa Missbrauchsopfer, (politische) Aktivisten, Lesben oder Schwule.
Indem man Menschen davon abhalte, Pseudonyme zu benutzen, garantiere man keine Sicherheit, schreibt Boyd in ihrem Blog weiter. "Aber man schränkt die Sicherheit von Menschen ein, wenn man es tut."
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