Trauerfeier ab 12 Uhr
Paranoider Kreml rüstet sich für Nawalny-Begräbnis
Am Freitag findet in Moskau das Begräbnis des im finsteren Gefängnis „Polarwolf“ verstorbenen Regime-Gegners Alexej Nawalny statt. Wie seine Anhänger in den sozialen Netzwerken bekannt gaben, ist die Trauerfeier ab 12 Uhr MEZ in einer Kirche im Plattenbau-Stadtviertel Marino, wo der Oppositionelle früher gewohnt hatte, geplant. Danach soll er auf dem Borisow-Friedhof beigesetzt werden. Die Polizei bringt sich derweil in Stellung, denn Ausschreitungen werden befürchtet.
Jede Menge Metallzäune spicken den Ort, an dem der nach dreijähriger Folter zu Tode gekommene Regimegegner seine letzte Ruhe finden soll. Streifenpolizisten stehen bereit - so groß ist die Angst von Russlands bekanntlich übervorsichtigem Präsidenten Wladimir Putin, dass die Lage außer Kontrolle geraten könnte. Jeden Laternenpfahl zieren Überwachungskameras, schreibt „RusNews“.
In der für die Trauerfeier ausgewählten Kirche seien bereits Plakate mit Aufrufen, dass Audio- und Videoaufnahmen verboten seien, aufgehängt worden, berichtet „SOTA“. Sogar auf der Heiligen Pforte hänge eine Kamera. Die Lampen rund um den Friedhof seien mit speziellen Antennen ausgestattet worden und könnten als Kommunikationsstörer eingesetzt werden.
Nawalny-Team kann nun keinen Leichenwagen finden
Unterdessen beschwert sich Nawalnys Team, dass in ganz Moskau kein einziger Leichenwagen gefunden werden könne, der den Leichnam des Politikers zur Trauerfeier bringen würde.
„Zuerst wollte man uns keinen Ort zur Verabschiedung von Alexej zur Verfügung stellen. Und nun, wo die Trauerfeier stattfinden soll, erzählen uns die Bestattungsagenturen, dass kein einziger Leichenwagen aufzutreiben sei, der den Leichnam dorthin bringen würde. Unbekannte rufen alle nach der Reihe an und drohen, damit Alexejs Leichnam nirgendwohin gebracht wird“, beschwert sich Nawalnys Team.
„Das ist einfach nur mehr krank“, nimmt sich Nawalnys Vertrauter Leonid Wolkow kein Blatt vor den Mund. Und setzt dem noch drauf: „Das allein reicht aus, damit Putin, (der Moskauer Bürgermeister, Anm.) Sobjanin und all ihre Handlanger in der Hölle schmoren.“
Behörden drohen Schülern und Studenten
Prophylaktisch werden Russlands Schüler darauf vorbereitet, Demonstrationen fernzubleiben. Ein vom Bildungsministerium kontrolliertes Portal veröffentlichte dazu sogar ein eigenes Video. In dem etwa drei Minuten dauernden Streifen wird im wahrsten Sinne des Wortes vor Augen geführt, dass bei Teilnahme einer nicht genehmigten Demonstration bis zu zehn Jahre Haft drohten. Studierende werden bedroht, dass sie, wenn sie bei Protesten gesichtet würden, von der Uni fliegen würden, wie eine Abonnentin der Ausgabe „7x7“ schilderte:
Nicht genehmigen wollten die russischen Behörden etwa auch eine für Samstag geplante Kundgebung zum Gedenken an Nawalny und den 2015 mitten im Moskauer Stadtzentrum erschossenen Oppositionellen Boris Nemzow. Der besonders absurde Grund: Dies ginge nicht aufgrund von Beschränkungen wegen des Coronavirus. Bekannterweise war Moskau während der Pandemie sehr fahrlässig mit dem tödlichen Erreger umgegangen.
Botschafter Almhofer vertritt Österreich bei Nawalny-Begräbnis
Nach dem gestrigen Wirbel, wonach die außenpolitische Sprecherin der Grünen, Ewa Ernst-Dziedzic, kein Visum für die Teilnahme am Begräbnis von Nawalny erhalten hatte, wurde nun bekannt geben, dass zumindest Botschafter Werner Almhofer vor Ort sein wird. Ernst-Dziedzic will in Wien gedenken.
„In Abstimmung mit unseren EU-Partnern wird Österreich bei der Beisetzung von Alexej Nawalny durch Botschafter Werner Almhofer vertreten. Die Teilnahme des protokollarisch höchsten Vertreters Österreichs in Russland ist ein klares Signal an das russische Regime“, erklärte die Sprecherin. Sie kündigte an, dass Almhofer im Namen der Republik auch einen Kranz niederlegen werde. Österreich habe zum Tod von Nawalny sowohl auf Ebene der Staatsspitze als auch seitens der Bundesregierung unmissverständlich Stellung bezogen. Die russische Seite habe darauf „mit Wehleidigkeit reagiert“, kommentierte sie.
Gedenken in Wien
Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch forderte die Unterstützer des getöteten Regimegegners zudem auf der Plattform X (früher Twitter) weltweit auf, um 19.00 Uhr jeweiliger Ortszeit an Gedenkorte zu kommen, um des verstorbenen Oppositionellen zu gedenken. Für Österreich war die Adresse der russischen Botschaft in der Reisnerstraße in Wien-Landstraße als Gedenkort angegeben. Weiters veranstaltet Amnesty Österreich am Freitag um 16.00 Uhr auf dem Platz der Menschenrechte beim Museumsquartier in Wien eine Mahnwache in Gedenken an Putins größten Feind.
Nawalny ist offiziellen Angaben zufolge am 16. Februar im Alter von nur 47 Jahren in einem Straflager nördlich des Polarkreises gestorben. Der scharfe Kritiker von Kremlchef Wladimir Putin war durch einen Giftanschlag im Jahr 2020 und ständige Einzelhaft im Lager körperlich sehr geschwächt. Seine Unterstützer und auch viele internationale Beobachter sind sich deshalb einig, dass von einer „natürlichen“ Todesursache, wie es auf dem Totenschein heißen soll, nicht die Rede sein kann.
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