Es war der 18. Juli 1992, als der IT-Entwickler Silvano de Gennaro im Rahmen des jährlich stattfindenden Hardronic Music Festival am Schweizern Kernforschungszentrum CERN backstage mit seiner Canon EOS 650 auf einen Auftritt der vier Cernettes wartete. De Gennaro, der in seiner Freizeit als Manager und Songwriter der aus Mitarbeiterinnen des Forschungszentrums zusammengesetzten Band fungierte, wollte nur noch schnell ein Foto für das nächste Plattencover der in Physikerkreisen angesehenen Klamauk-Kombo schießen. Dass sein Bild einmal Geschichte schreiben würde, ahnte der heute 49-Jährige damals nicht. "Wenn Geschichte geschrieben wird, weißt du nicht, dass du in ihr bist", so De Gennaro gegenüber dem Magazin "Mother Board", das die Geschichte des ersten Fotos im WWW nun rekonstruierte.
Verkettung glücklicher Umstände
Zufälligerweise arbeitete nämlich niemand Geringeres als Tim Berners-Lee nur wenige Meter von De Gennaro entfernt an seiner großen Erfindung: dem World Wide Web - dessen Nutzung zum damaligen Zeitpunkt jedoch ausschließlich Physikern vorbehalten war. Als Berners-Lee und sein Team an einer neuen Version des Web mit einer Unterstützung für Fotos werkelten, wandte sich der Cernettes-Fan Berners-Lee auf der Suche nach einem passenden Bild vertrauensvoll an De Gennaro. "Ich fragte ihn, warum er ausgerechnet die Cernettes ins Web stellen wollte, und er antwortete bloß, dass es spaßig werden würde", erinnert sich De Gennaro.
Spaß statt trockener Physik
Zum Glück für Berners-Lee hatte De Gennaro mit einer eingescannten Version der Cernettes-Aufnahme auf seinem Macintosh herumexperimentiert und diese mittels Photoshop Version 1.0 (!) bearbeitet. De Gennaro gab das GIF-File Berners-Lee, der es wiederum an den Programmierer Jean-Francois Groff weiterreichte, der es schließlich hochlud und damit einen bedeutsamen Wandel einläutete: "Um das Management zu überreden, das auf das interne CERN-Netz beschränkte WWW an das Internet anzuschließen, mussten wir Überzeugungsarbeit leisten – und hatten deshalb bislang nur seriöses Zeug veröffentlicht", so Groff. Das WWW zum Spaß zu nutzen, sei einer Revolution gleichgekommen.
"Wenn du ein schönes Mädchen zeigst, werden Menschen das schöne Mädchen bemerken – und alles, was sonst noch so drumherum ist", erzählt Groff und lüftet damit zugleich das Geheimnis hinter dem Erfolg des World Wide Web: "Sex sells!"
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