Untersuchung gefordert
Tote bei Hilfskonvoi in Gaza: Wer ist schuld?
Nach dem Vorfall mit vielen Toten bei der Ankunft von Hilfsgütern werden die Rufe nach einer unabhängigen Untersuchung lauter. Denn die Angaben sind widersprüchlich: Die Hamas spricht von mehr als 100 Toten durch Schüsse israelischer Soldaten, Israels Armee von bei einer panischen Flucht niedergetrampelten Menschen.
Eines ist sicher: Die humanitäre Lage im Gazastreifen ist katastrophal. Durch den Krieg Israels gegen die Terrororganisation Hamas hungern viele Palästinenser, Hilfsgüter sind rar. Als 38 Lastwagen mit Lebensmitteln am Donnerstagmorgen nach Gaza kamen, war es also kein Wunder, dass Hunderte Menschen herbeiströmten und die Lkw umdrängten, um an Vorräte zu kommen. Zu sehen war das auf Luftaufnahmen der israelischen Armee.
Angaben widersprechen sich
Darüber, was dann passierte, gibt es widersprüchliche Angaben: Laut Berichten von Augenzeugen begannen israelische Soldaten kurz nach der Ankunft der Hilfsgüter zu schießen, berichtet der US-Sender CNN. Die Lkw-Fahrer hätten daraufhin versucht, zu fliehen und dabei unabsichtlich Menschen gerammt, wodurch es weitere Tote und Verletzte gab.
Die meisten Menschen seien umgekommen, als die Lastwagen sie rammten, erklärte ein Journalist aus Gaza gegenüber CNN. Es seien zwar große Mengen an hungrigen Menschen dagewesen, das Chaos habe aber erst eingesetzt, als israelische Soldaten das Feuer eröffneten. Laut dem der Hamas unterstehenden Gesundheitsministerium in Gaza kamen bei dem Vorfall mindestens 112 Menschen ums Leben, 760 weitere seien verletzt worden.
Israel: Menschen niedergetrampelt
Auch Israels Streitkräfte (IDF) sprechen von Toten, in einem ersten Statement von Donnerstag war aber noch nicht von Schüssen die Rede. Bewohner von Gaza hätten die Lastwagen umringt und gelieferte Güter „geplündert“. Dutzende Menschen seien im Gedränge getötet und verletzt worden, weil sie zertrampelt oder überfahren wurden.
In einer weiteren Stellungnahme am Donnerstag erklärte ein Vertreter der israelischen Armee, dass es zwei verschiedene Vorfälle bei Hilfs-Lkw gegeben habe. Nach dem Gedränge hätte sich eine Gruppe Palästinenser den israelischen Truppen genähert, die daraufhin das Feuer eröffneten.
Armeesprecher: Panzer gaben Warnschüsse ab
IDF-Sprecher Daniel Hagari stritt in einem Briefing ab, dass es einen Angriff Israels auf den Konvoi gegeben habe (siehe Video unten). Israelische Panzer hätten Warnschüsse abgegeben, um die Menge zu zerstreuen, nachdem das Gedränge losging. Die Panzer seien vor Ort gewesen, „um den humanitären Korridor zu sichern“, betonte er. Nachdem die Menge immer mehr anwuchs und die Lage außer Kontrolle geriet, habe der Panzerkommandant beschlossen, „sich zurückzuziehen, um zu verhindern, dass Tausende von Menschen im Gazastreifen zu Schaden kommen“, so Hagari.
Die offiziellen israelischen Angaben widersprechen den Berichten der Augenzeugen. In das weltweite Entsetzen über den blutigen Vorfall mischen sich daher immer lautere Rufe, die eine Feuerpause im Gazastreifen fordern. Zugleich wird Israel von vielen Staaten - auch den USA - dazu aufgefordert, die Umstände der tödlichen Katastrophe restlos aufzuklären.
Position der Hamas gestärkt?
Was der Vorfall für die zähen Verhandlungen über eine Feuerpause bedeutet, war zunächst nicht abzusehen. US-Präsident erklärte am Donnerstag gegenüber CNN, dass er die Verhandlungen sicher verkomplizieren würde. Er zeigte sich dennoch optimistisch, dass ein Abkommen über die Freilassung der Hamas-Geiseln und eine Feuerpause bald erreicht werden könne. In israelischen Medien wurde die Befürchtung geäußert, der Vorfall könne die Verhandlungsposition der Hamas stärken und zum Wendepunkt in dem seit beinahe fünf Monaten andauernden Krieg werden.
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