Autobahn-Abzocke

Asfinag klagte: Raststätten-WCs müssen gratis sein

Österreich
12.07.2012 07:41
Das Geschäft mit dem "Stillen Örtchen" ist der Asfinag schon länger ein Dorn im Auge. Appelle an die Tankstellen-Pächter auf den Autobahnen, das Einheben von WC-Gebühren zu unterlassen, blieben ungehört. "Daher haben wir die Gangart verschärft", sagte Asfinag-Vorstandsdirektor Klaus Schierhackl. Der Autobahnbetreiber hat nun in einem Musterprozess zwei Tankstellenbetreiber auf der A22 bei Korneuburg verklagt und recht bekommen. Das Urteil: Das Tankstellen-Klo auf der Autobahn muss gratis sein.

Eine Schale fürs Kleingeld, dahinter ein Aufsteller mit der Bitte um 50 Cent Spende und der auffordernde Blick der Putzfrau reichen meist aus, damit Besucher von Autobahn-WCs die geforderten Münzen aus der Hosentasche hervorkramen. "Dieses Spendensystem ist nicht nur ein Ärgernis, es ist auch ein Verstoß gegen die Verträge, die wir mit den Raststations-Betreibern abgeschlossen haben", so Schierhackl. Im Pachtvertrag ist geregelt, dass die Toilettenbenützung unentgeltlich sein und dem europäischen Standard entsprechen muss.

Zahlreiche Beschwerden von Autofahrern
Hintergrund für die Klage waren zahlreiche Beschwerden von Autofahrern. Konkret wurden zwei Eni-Tankstellen geklagt, die vor ihren WCs ein Hinweis-Schild mit der Aufforderung: "Sehr geehrte Kunden. Wir sorgen für Sauberkeit am WC. Bitte um 50 Cent Spende und eine gute Fahrt" angebracht hatten.

Das Bezirksgericht Korneuburg gab der Asfinag in erster Instanz recht und forderte Eni auf, die Gebühren-Einhebung zu unterlassen. Eni ist daraufhin in Revision gegangen, letztendlich kam aber laut Asfinag auch das Oberlandesgericht Wien zu dem Schluss, dass die Entscheidung stimmt. "Die Aufforderung zur Zahlung hat nichts mit Freiwilligkeit zu tun", sagte Schierhackl. Das Gericht sprach von einer Zwangssituation, die dadurch geschaffen wird. Das Urteil ist mittlerweile rechtskräftig.

"Mit Freiwilligkeit nur mehr wenig zu tun"
"Der Asfinag ist es wichtig, dass Autofahrer Tankstellen-WCs unentgeltlich benützen dürfen. Das steht in den Pachtverträgen. Wenn vor dem WC eine Tafel mit einer Aufforderung zur Spende steht, dann hat das mit Freiwilligkeit nur mehr wenig zu tun", so der Vorstandsdirektor. Ob die Sauberkeit der Toiletten darunter leiden wird? "Wir gehen davon aus, dass die Sanitäranlagen sauber sind. So ist es in den Verträgen vorgesehen."

Ob sich andere Tankstellenpächter von dem Urteil beeindrucken lassen werden, bleibt abzuwarten. Die vorliegende Entscheidung ist auf alle Raststationen im Asfinag-Netz anwendbar. "Wir fordern alle Raststations-Betreiber jetzt dringend auf, dieses freiwillige Spendensystem abzustellen", sagte Schierhackl. "Wir kontrollieren regelmäßig die Einhaltung der Vertragsverhältnisse", betonte er. Weitere Klagen schließt die Asfinag nicht aus.

Finanzpolizei deckte Sozialbetrug auf
Einen Sozialbetrug im Zusammenhang mit dem "Stillen Örtchen" an Österreichs Autobahnraststätten hatten Schwerpunktkontrollen der Finanzpolizei in den Jahren 2009 und 2011 ergeben. Bei der Aufarbeitung der Fälle waren damals drei Betrugsmodelle ans Licht gekommen (siehe auch Infobox): Bei ersterem bezahlt der Pächter eine Reinigungsfirma, die zusätzlich versucht, durch freie Spenden Gewinne zu machen, im zweiten Fall lagert der Tankstellenbetreiber die WC-Anlagen komplett an eine Firma aus, die für die Benützung Geld verlangt, und beim dritten Modell liefert die Putzfirma einen Teil ihrer Einnahmen an die Tankstelle ab.

Die Situation habe sich mittlerweile zwar merklich verbessert, dieser Dienstleistungsbereich wird von der Finanzpolizei aber weiterhin "als Risikobranche" eingestuft. Die Behörde kündigte nun an, dass auch in den nächsten Monaten wieder mit systematischen finanzpolizeilichen Kontrollen zu rechnen sei.

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