In Leithaprodersdorf

Biberplage im Burgenland: Konflikt spitzt sich zu

Burgenland
05.03.2024 09:00

Das Zusammenleben von Mensch und Biber funktioniert in der nordburgenländischen Gemeinde Leithaprodersdorf nicht ganz ohne Spannungen. Immer kommt der eine dem anderen in die Quere und gefährdet seine Existenz. Eine Lösung scheint nicht in Sicht. 

Dass es in Leithaprodersdorf mehrere Biberreviere gibt, ist seit über zehn Jahren bekannt. Doch so schlimm wie jetzt war die Plage noch nie. Mittlerweile bauen die Nagetiere aus Schutz vor Fressfeinden dort so ausgeklügelte unterirdische Dämme, dass sogar Anrainer, die auf Feldwegen unterwegs sind, in gefährliche Situationen geraten.

Vor kurzem wäre ein Kutschenfahrer beinahe verunglückt, weil sein Pferd um ein Haar in ein 90 Zentimeter tiefes und 60 Zentimeter breites Biberloch getreten ist, das auf den ersten Blick nicht als solches erkennbar war. In letzter Sekunde konnte der Mann noch ausweichen.

Einem Kutschenfahrer und seinem Pferd wäre dieses 90 Zentimeter tiefe Loch beinahe zum Verhängnis geworden. Inzwischen wurde ein Brett darüber gelegt. (Bild: Petra Klikovits)
Einem Kutschenfahrer und seinem Pferd wäre dieses 90 Zentimeter tiefe Loch beinahe zum Verhängnis geworden. Inzwischen wurde ein Brett darüber gelegt.
Die angeknabberten Bäume beim Windschutzgürtel. (Bild: Petra Klikovits)
Die angeknabberten Bäume beim Windschutzgürtel.

Überflutete Äcker
Aber auch Landwirte sind betroffen, vor allem jene, die rund um den Edelbach, der Leithaprodersdorf von der niederösterreichischen Marktgemeinde Au trennt, Äcker und Felder bestellen müssten, aber nicht können - so wie Martin Eder.

Auf seinem sechs Hektar großen Acker baut der 54-Jährige abwechselnd Getreide, Mais, Sojabohnen und Zuckerrüben an. Bewirtschaften kann er allerdings nur zwei Drittel der Fläche, weil die Biberdämme zu einem Rückstau des Wassers und zu einer Überschwemmung der Anbauflächen führen.

Landwirt Martin Eder vor seinem überfluteten Acker. (Bild: zVg)
Landwirt Martin Eder vor seinem überfluteten Acker.
(Bild: Petra Klikovits)

Keine Entschädigungen
„Mittlerweile ist der Bach höher als der Acker. Eine Zufahrt mit meinem Traktor ist unmöglich, weil ich sonst absaufen würde. Aber noch schlimmer sind die Ernteausfälle. Ein Drittel der Zuckerrüben, die hier im Vorjahr gewachsen sind, sind verfault. Der finanzielle Schaden betrug 5.000 Euro. Entschädigungen von Seiten des Landes wie bei Wild-Einflüssen gibt es keine, weil der Biber im Burgenland nicht im Jagdgesetz gelistet ist“, seufzt er.

Weil der Edelbach zur Hälfte dem Burgenland bzw. Niederösterreich gehört, hat Eder gleich beide zuständigen Bibermanager kontaktiert. Doch befriedigend war dieses Gespräch für ihn nicht.

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Mir wurde mitgeteilt, dass ich den Damm unter Anweisung des Bibermanagements ein Stück weit abtragen und dann ein 30 Zentimeter breites Drainagerohre selbst verlegen kann, damit das Wasser abrinnt. Bei großen Mengen verstopft das aber aufgrund des Schlamms. Das sind also nur Pseudo-Lösungen. Ich frage mich wirklich, was wichtiger ist: der Schutz des Bibers oder die Existenz der Menschen.

Landwirt Martin Eder

Klare Vorgaben
Und was sagt Burgenlands Bibermanager Clemens Trixner zur Causa? „Kürzlich wurden alle Biberreviere in Leithaprodersdorf kontrolliert. Gemeinsam mit der Wildtierinfo Niederösterreich wurden an einem Grenzstandort weiterführende Maßnahmen mit den Anrainern ausgelotet, um Bewirtschaftungsschritte reibungslos zu ermöglichen. Zu diesem Zeitpunkt sind an diesem Abschnitt keine Bibereinflüsse wie Vernässungen, Ausuferungen oder Röhreneinbrüche auf Wegen dokumentiert worden. Trotzdem wurden die Entfernung von Verklausungen bzw. präventive Damm-Manipulationen im Falle von Neubauten eingeräumt.“

Der Europäische Biber sei nämlich eine ehemals ausgestorbene, jedoch heimische Art, die ihren angestammten Lebensraum wieder besiedle. Er sei international geschützt. Das bedeutet, dass gewährte Ausnahmen ausreichend und transparent begründet werden müssen. Aufgrund der EU-rechtlichen Vorgaben gehe man bei der Lösung von Mensch-Biber-Konflikten in drei Stufen vor.

Einer der Biberdämme in Leithaprodersdorf. (Bild: Petra Klikovits)
Einer der Biberdämme in Leithaprodersdorf.
Beim Edelbach führt der Rückstau zu Überschwemmungen. (Bild: Petra Klikovits)
Beim Edelbach führt der Rückstau zu Überschwemmungen.

Hotspots eruieren
Zuerst kläre man auf, dann greife man in den Lebensraum der Tiere ein, indem Dämme entfernt werden. Erst zum Schluss ist ein Eingriff in die Population vorgesehen. „Leithaprodersdorf ist bislang die einzige burgenländische Gemeinde, in der es bereits mehrmals bewilligte Entnahmen durch Fallenfang und Tötung gab. Solange Gewässerabschnitte für Biber attraktiv sind und das Nahrungsangebot stimmt, werden frei gewordene Abschnitte aber wieder besetzt. Ein Abschnitt von ein bis zwei Kilometern wird aber nur jeweils von einer drei-bis sechsköpfigen Biberfamilie territorial eingenommen“, so Trixner.

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Im Falle von Ansuchen auf Dammentfernung liegt die behördliche Bearbeitungszeit bei drei Wochen. Für einen reibungslosen Ablauf wird empfohlen vorab mit dem Bibermanagement des Landes in Kontakt zu treten. Das Bibermanagement nimmt als externer Vermittler alle Fall-Meldungen zentral auf. Es fanden bereits in über 100 burgenländischen Gemeinden Beratungen statt.

Bibermanager Clemens Trixner

Ziel des Bibermanagements sei es daher, Hotspots zu eruieren und Maßnahmen vorzuschlagen, die „ein Leben mit dem Biber“ ermöglichen: „In vielen Gemeinden ist es bereits gelungen, den Biber durch Maßnahmen in jenen Gewässerabschnitten zu halten, wo Einflüsse tolerierbar sind. Dort tragen Biberaktivitäten maßgeblich für mehr Biodiversität bei.“

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