Alleine im Vorjahr sind in den heimischen Städten 9000 Quadratmeter an Verkaufsflächen verloren gegangen. Stattdessen ziehen Büros, Fitnessstudios, Ärzte oder Lokale ein. Für die Kunden wird dadurch ein Stadtbummel immer uninteressanter - und diese Ausgaben fehlen dann dem Handel.
Verklebte Schaufenster, heruntergelassene Rollbalken, Geschäftslokale ohne Einrichtung und Ware - immer mehr Shops in Österreich müssen zusperren. Oft dauert es Jahre, bis neue Mieter für die leeren Flächen gefunden werden. Zuerst die Pandemie, dann die hohe Inflation und die daraus resultierende Immobilienkrise haben eine Entwicklung befeuert, der die heimischen Stadt- und Ortsbilder unverkennbar trifft. Für Kunden wird es immer uninteressanter, in die City bummeln zu gehen und „Windowshopping“ zu betreiben.
„Die Handelsflächen zeigen, wie sich das Konsumverhalten verändert“, erläutert Rainer Will, Chef des Handelsverbandes. Alleine 2023 gingen 9000 Quadratmeter Shoppingareale verloren. Besonders betroffen sind die Modegeschäfte. Fashion nimmt in den Innenstädten zwar noch immer fast 50 Prozent der gesamten Einzelhandelsflächen ein, immer mehr Kunden wandern aber zu internationalen Online-Giganten ab. „Die Bekleidungsbranche hat im letzten Jahrzehnt 100.000 Quadratmeter Verkaufsfläche verloren und ist regelrecht erodiert“, berichtet Hannes Lindner, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Standort + Markt, das die Veränderung der Städte, Einkaufszentren & Co. alljährlich unter die Lupe nimmt.
Landeshauptstädte unterschiedlich betroffen
Mittlerweile gibt es nicht mehr viele Einkaufsstraßen, die sich positiv entwickelt haben. Zu den Gewinnern der letzten zehn Jahre gehören in Wien die Landstraßer Hauptstraße (+6,5 %), der 1. Bezirk (+2,7 %), die Meidlinger Haupt- und die Favoritenstraße (+1,1 %) sowie die Meidlinger Hauptstraße (+0,5 %). Mehr Auswahl haben Konsumenten auch in Dornbirn (+5,9 %), Amstetten (+2 %) und Leoben (+1,4 %). Weniger Shops gibt es unter anderem in St. Pölten (-28,1 %), Wiener Neustadt (-20,9 %), Steyr (-17,3 %), Krems (-14,8 %), Villach (-10,7 %), Graz (-7,7 %) oder Klagenfurt (-7,0 %). Innsbruck, Linz, Bregenz und Eisenstadt kamen mit einem blauen Auge ohne große Veränderung davon. In Salzburg beträgt das Minus 1,9 %.
Anstelle von Händlern ziehen andere Branchen in die leerstehenden Geschäfte ein. Büros, soziale Einrichtungen, Lagerflächen und Arztpraxen kamen zuletzt häufig dazu (siehe Grafik oben). Banken sperren ihre Filialen zunehmend zu, Kosmetik- und Fitnessstudios kommen dazu. Lokale, die früher häufig als neue Mieter einsprangen, ziehen sich jetzt in günstigere Lagen zurück. „Die Tristesse, wenn man durch die Innenstädte geht, wird für die Kunden nicht besser“, fürchtet Lindner, der ein weiteres Schrumpfen an Shopflächen in den nächsten Jahren erwartet. Der Leerstand nimmt österreichweit zu.
Viele erwarten keine Gewinne mehr
„Die Laufkundschaft wandert ins Internet ab“, berichtet Handelsverband-Chef Will. Das Geld fehlt in den Kassen der Händler. 35 Prozent der Shopbetreiber befürchten, heuer Verluste zu schreiben. Zum Vergleich: Nur gut ein Viertel erwartet Gewinne. 18 Prozent haben für heuer deshalb einen Expansionsstopp ausgerufen, jeder zehnte Betreiber plant Filialschließungen. elf Prozent wollen ihre Geschäftstätigkeit noch in diesem Jahr beenden. Kleine und mittelständische Betriebe stehen besonders unter Druck. In diesem Segment wollen heuer sogar zwölf Prozent aufhören.
Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssten sich viele Betriebe spezialisieren, zusätzliche Dienstleistungen anbieten und ihre Aktivitäten vor Ort und im Internet besser abstimmen, rät Berater Lindner.
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