Das Thema Windrad-Ausbau beherrscht derzeit die Region um Waidhofen an der Thaya im Waldviertel (NÖ). Eine Volksabstimmung, die diesen Sonntag am 10. März stattfindet, soll nun Klarheit bringen. Die Bürgermeister der fünf Standortgemeinden wollen jede Entscheidung akzeptieren und fordern das aber auch von den Gegnern ein.
Ganz auf einer Linie der Waldviertler Bürgermeister wird Ökologe Franz Essl, der 2022 zum Wissenschaftler des Jahres ausgezeichnet wurde, mit seinem Gastkommentar nicht sein (Kommentar siehe unten). Aber im Kern zeichnen sie alle dasselbe Bild: Wenn das Waldviertel nicht – wie andere Regionen auch – seinen Beitrag zum Ausbau der erneuerbaren Energien leistet, wird der Klimawandel dafür sorgen, dass es hier in ferner Zukunft keinen Wald mehr geben wird.
In und rund um Waidhofen an der Thaya wird es nun in fünf Gemeinden – neben der Bezirksstadt sind das Waidhofen-Land, Thaya, Groß Siegharts und Karlstein – am Sonntag zur Volksabstimmung kommen. Und die Stimmung in der Bevölkerung ist bereits aufgeheizt, eine große Schar an Windkraftgegnern rund um den landesweit bekannten Aktivisten Michael „Jimmy“ Moser hält mit Werbetransparenten und allerlei „alternativen Fakten“ dagegen. „Ja zur Windkraft, aber nicht an diesen Standorten“, heißt es grob zusammengefasst von SPÖ und FPÖ im Bezirk. Die Meinung der Roten ist – je nach Gemeinde – stark gespalten. So sprechen sich die SPÖ-Mitglieder in der ehemaligen Parteibastion Groß Siegharts zu 86 Prozent gegen die geplanten Windrad-Standorte aus, erklärt der rote Bezirksvorsitzende Christian Kopecek.
Für Waidhofens Vizebürgermeister Martin Litschauer, der auch Bezirkssprecher der Grünen ist, sei ganz klar, dass man jetzt die regionalen Ressourcen nutze und nicht weiter zuwarte: „Weder russisches Gas, noch weitere Atomreaktoren in Tschechien helfen uns, die Klimakrise zu bewältigen, sie machen uns nur vom Ausland abhängig“, bekräftigt der Grüne erwartungsgemäß die Haltung der Ortschefs, in deren Gemeinden Windkraftanlagen geplant sind.
Ich lasse mich nicht kaufen! Wenn Windräder im Wald oder auf wertvollen Wiesen- und Ackerflächen aufgestellt werden sollen, ist die Grenze überschritten.
poltert indes FPÖ-Bezirksparteichef Gottfried Waldhäusl
Bild: FPNÖ
Pressekonferenz in St. Pölten
Viele fiebern schon dem Ergebnis der Volksabstimmung am 10. März entgegen. Die Themen werden in öffentlichen Räumen so heiß diskutiert, dass die Fronten verhärtet sind. Neue Argumente will offenbar niemand mehr hören. Die Bürgermeister der Standort-Gemeinden luden am Dienstag in der Landeshauptstadt St. Pölten zur Pressekonferenz und betonten, dass sie verantwortungsvoll mit der Entscheidung ihrer Gemeindebürger aber auch mit der Energiezukunft für die nächsten Generationen umgehen wollen.
Ich hoffe, dass in Thaya mehr als 70 % zur Wahl gehen. Denn mir ist wichtig, dass die Mehrheit entscheidet und nicht die, die nur laut schreien!
Eduard Köck, Bürgermeister von Thaya, Regionsobmann und ÖVP-Bezirksparteichef
Bild: Imre Antal
Wenn wir mit Nein stimmen, werden die Windräder in Waidhofen gebaut. Geld bekommt nur die Gemeinde, in der die Anlagen stehen.
Ulrich Achleitner, Bürgermeister der Bandlkramerstadt Groß Siegharts, ÖVP
Bild: Imre Antal
Klimawandel und Borkenkäfer haben den Wald zerstört. Keiner kauft uns, wir wollen nur beitragen, dass das Waldviertel seinen Namen auch verdient.
Siegfried Walch, Bürgermeister der Uhrmacher-Gemeinde Karlstein, ÖVP
Bild: Imre Antal
Unsere vier Fraktionen in der Gemeinde stehen einig hinter dem Ausbau der Windkraft. Trotzdem befragen wir die Bürger, weil das Thema so wichtig ist.
Christian Drucker, Bürgermeister von Waidhofen-Land und Landwirt, ÖVP
Bild: Imre Antal
Warum wir Windräder im Wald planen? Wälder sind oft auf Anhöhen und oft die einzigen Flächen, die 1200 Meter vom Dorf entfernt sind.
Roman Prager, designierter Vorstand der W.E.B Windenergie
Bild: Imre Antal
Und sie gelobten, sich bei einer Beteiligung von mindestens 50 Prozent der Stimmberechtigten auch ans Ergebnis halten zu wollen: „Wir werden die Entscheidung demokratisch anerkennen und wir hoffen, das tun die Gegner auch!“
Die Klimakrise eskaliert und das hat gravierende Folgen: Ernteausfälle, Hochwässer, das Absterben von Fichtenwäldern. Um diesen Folgen entgegenzuwirken, müssen wir erneuerbare Energien ausbauen.
Natürlich ist aus ökologischer Sicht nicht jeder Standort für Windräder geeignet. Es braucht Ausschlusszonen, etwa rund um Naturschutzgebiete oder Brutgebiete gefährdeter Vogelarten. Dem wird momentan in einem ausführlichen Zonierungsprozess auf Landesebene Rechnung getragen. Diese strengen Kriterien führen zu den finalen Windkraftzonen–diese sollten auch genutzt werden.
Ja, auch der Bau von Windrädern stellt einen Eingriff in die Natur dar. Der rasante Artenverlust in Österreich ist aber nicht auf den Bau von Windrädern, sondern vor allem auf eine zu intensive Landwirtschaft und die ungezügelte Verbauung zurückzuführen (z.B. der Bau von Straßen wie die B36). Wenn wir die Landschaft des Waldviertels schützen möchten, so müssen wir einsehen: Ohne eine Eindämmung des Klimawandels und den Ausstieg aus Öl und Gas wird das Waldviertel seinen Namen bald nicht mehr zurecht tragen. Denn ein rasch voranschreitender Klimawandel wird zu einem massiven Sterben der Wälder führen.
Bedenken Sie diese Argumente, wenn Sie die Vor- und die Nachteile von Windrädern abwägen– etwa bei der Volksbefragung am 10. März.
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