Der Fachkräftemangel in Österreich ist groß. Dennoch bilden hierzulande heute gut 10.000 Betriebe weniger Lehrlinge aus wie vor 20 Jahren. Das müsse sich wieder ändern, betonen AK und Gewerkschaft. Und auch die Qualität der Ausbildung hat teils noch Luft nach oben, wie der fünfte Österreichische Lehrlingsmonitor zeigt.
Auch wenn der Lehrberuf noch immer zu Unrecht ein Imageproblem hat, starten jedes Jahr rund 30.000 Jugendliche hier eine Ausbildung. Doch es könnten mehr sein, denn viele von ihnen finden keinen oder nur schwer einen Platz. Und auch jene, die Glück haben, kommen gerade einmal in jedem dritten Fall den Wunschjob. Für fünf Prozent ist der gewählte Beruf gar nur eine Notlösung.
Für ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian sind dies Alarmzeichen. „Wir brauchen dringend wieder mehr Betriebe, die ausbilden“, betont der Gewerkschafter. Ende 2023 waren in Österreich rund 108.000 Lehrlinge tätig. Das seien gut 10.000 weniger als noch vor zehn Jahren.
Darüber hinaus müsse die Qualität der Ausbildung verbessert werden, wie die jüngste Erhebung zeige. So bezeichnet jeder zehnte Lehrling die betrieblichen Rahmenbedingungen als „sehr schlecht“ und jeder vierte Jugendliche zumindest als „schlecht“. Nur 25 Prozent der Befragten geben an, dass das im Betrieb gelernte auch dokumentiert wird. In gerade einmal vier von zehn Unternehmen gibt es einen Ausbildungsplan. Im hinteren Drittel bei den Ausbildungsbedingungen liegen etwa Friseure, das Hotel- und Gastgewerbe oder auch die Maler-Branche (siehe Grafik).
Für Katzian sind schlechte Dokumentierung und fehlende Ausbildungspläne jedenfalls klare Zeichen dafür, dass einige Betriebe Lehrlinge nur als billige Hilfskräfte sehen. Auch wenn der überwiegende Teil der Firmen vorbildlich arbeitet, müsse man sich hier gewissen Schritte überlegen.
Lehrstellenförderung an Ausbildungsqualität koppeln
Gewerkschaft wie Arbeiterkammer fordern daher die Kopplung der Lehrstellenförderung an die Ausbildungsqualität. „Das muss ein Kriterium sein“, so Katzian und AK-Präsidentin Renate Anderl unisono. Wenn der Lehrherr manche Dinge nicht ausbilden kann, müsse dies in überbetrieblichen Kompetenzzentren erfolgen.
Wie wichtig ein guter Arbeitgeber ist, zeigt auch die Umfrage. Wo die betrieblichen Rahmenbedingungen sehr schlecht sind, wollen nur weniger als vier von zehn Lehrlingen nach Abschluss auch in dem Beruf tätig werden. Wo Ausbildung und Umfeld sehr gut waren, sind es hingegen fast neun von zehn.
Immer noch viele ausbildungsfremde Tätigkeiten
Erschüttert zeigte sich AK-Chefin Renate Anderl auch davon, dass elf Prozent der Lehrlinge regelmäßig, jeder Fünfte immer wieder ausbildungsfremde Tätigkeiten (z. B. Jausen holen, Auto waschen, Müll wegräumen) verrichten müssen. „Das ist nicht mehr zeitgemäß“, so Anderl.
Ein Drittel wird beleidigt, belästigt oder bloßgestellt
In die Pflicht nimmt Anderl auch die Betriebe hinsichtlich ihrer Verantwortung, für ein gutes Betriebsklima zu sorgen und z. B. Mobbing zu vermeiden. So gibt ein Drittel der Lehrlinge etwa an, schon einmal beleidigt, belästigt, bedroht oder bloßgestellt worden zu sein. Bei Frauen sind es sogar vier von zehn.
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