Ausstellung in Graz

Frauen leisten noch immer „unsichtbare“ Arbeit

Steiermark
08.03.2024 10:00

Bis heute hält sich die Definition von Arbeit als Erwerbstätigkeit. Dabei leisten gerade Frauen viel unbezahlte Sorgearbeit. Im Grazer Museum für Geschichte wird in der Schau „Alles Arbeit“ anhand eines Fotoarchivs aus der Nachkriegszeit, die öffentliche Wahrnehmung dieser Tätigkeiten erkundet.

Bekommt man kein Gehalt, ist es auch keine Arbeit - das ist auch heute noch eine weit verbreitete Meinung. Doch selbst neben ihrer Erwerbstätigkeit leisteten und leisten Frauen eine riesige Menge an unbezahlter Sorgearbeit - ihnen obliegt zu einem Großteil der Haushalt, die Kindererziehung, aber auch die Pflege kranker und alter Familienmitglieder.

Die Sichtbarkeit der Arbeit
Wie aber wurde (und wird) das in der Öffentlichkeit wahrgenommen? Welche Bilder von weiblicher Arbeit wurden gezeigt? Dazu liefert die aktuelle Ausstellung „Alles Arbeit. Frauen zwischen Erwerbs- und Sorgetätigkeit, Fotoarchiv Blaschka 1950 - 1966“  im Grazer Museum für Geschichte interessante Antworten. „Die Frage nach dem Arbeitsbegriff steht im Zentrum der Schau“, erläutert Kuratorin Eva Tropper, „denn oft haben sich Formen bezahlter und unbezahlter Arbeit im Leben von Frauen überlagert.“ Das gilt auch heute noch, wo Frauen durchschnittlich 3,19 Stunden bezahlte und 4,19 Stunden unbezahlte Arbeit pro Tag leisten.

Ausstellungs-Kuratorin Eva Tropper (Bild: UMJ/J.J. Kucek)
Ausstellungs-Kuratorin Eva Tropper

Ausgangspunkt für die Schau ist das Fotoarchiv Blaschka, das mit seinen mehr als 60.000 Pressefotos aus der Nachkriegszeit das Frauenbild entscheidend mitgeprägt hat. Zu sehen sind aber auch die von der Zeitung schließlich gewählten Bildausschnitte, die das ursprüngliche Foto nicht selten neu interpretieren. Die Ausstellungsgestaltung (Robert Rüf) weist zudem einige Leerstellen auf, denn unsichtbar waren in diesen Jahren nicht nur Familienmodelle abseits der klassischen Konstellation Vater-Mutter-Kind, sondern vor allem Alleinerzieherinnen.

Spannende Zahlen und Statistiken
Mit spannenden Zahlen wirft die Ausstellung einige Klischees über den Haufen. So waren in der Nachkriegszeit weit mehr Frauen erwerbstätig, als man annehmen würde - wenn sie auch oft nur die Hälfte von dem verdienten, was Männer bekamen. Dass bis heute noch kein Gleichstand geschafft wurde, ist ein gesellschaftliches Armutszeugnis.

Bezahlte und unbezahlte Arbeit wird gleichwertig gezeigt (Bild: UMJ/J. J. Kucek)
Bezahlte und unbezahlte Arbeit wird gleichwertig gezeigt

Auch was die Abbildung der Frauenarbeit betrifft, kann man interessante Zahlen erfahren: Heimarbeit und politische Tätigkeit waren nur zu einem Prozent in der Zeitung sichtbar, Arbeit, die man erst sieht, wenn sie nicht gemacht wird - heute würde man sie als systemrelevant bezeichnen -, kam immerhin zu 34 Prozent vor, und typische Frauenberufe in der Dienstleistung fanden zu 19 Prozent Eingang in die Medien.

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Oft haben sich Formen bezahlter und unbezahlter Arbeit im Leben von Frauen überlagert.

Kuratorin Eva Tropper

Das alles ist an den alten Pressefotos abzulesen. Darüber hinaus stellt sich aber die Frage, was diese Bilder im Betrachter auslösen. „Wir wollen nicht eine Reihe von Einzelbildern zeigen, sondern eine Atmosphäre schaffen und Geschichten erzählen“, sagt Tropper, die für die Ausstellung gemeinsam mit Astrid Aschacher und Samuel Hofstadler verantwortlich zeichnet. „Und wir wollen bezahlte und unbezahlte Arbeit gleichwertig nebeneinanderstellen.“

Frauen am Fließband, „Moden Müller“, 1959 (Bild: UMJ/Multimediale Sammlung/Fotoarchiv Blaschka)
Frauen am Fließband, „Moden Müller“, 1959
Die Ärztin Helga Stulnig-Kanzian auf Hausbesuch, 1956 (Bild: UMJ/Multimediale Sammlung/Fotoarchiv Blaschka)
Die Ärztin Helga Stulnig-Kanzian auf Hausbesuch, 1956
Selten abgebildet: Alter und Pflege (Bild: UMJ/Multimediale Sammlung/Fotoarchiv Blaschka)
Selten abgebildet: Alter und Pflege

Und noch einen interessanten Aspekt hat die Ausstellung zu bieten. Foto Blaschka (so der Verweis unter jedem veröffentlichten Foto) bestand nicht nur aus dem Pressefotografen und Journalisten Egon Blaschka, der in den 50er-Jahren Lokalchef der „Kleinen Zeitung“ wurde, sondern auch aus seiner Frau Erika, der damals wohl einzigen steirischen Pressefotografin. Auch ihre Arbeit blieb weitgehend unsichtbar. Im Archiv konnte nur eine zufällig bei einer Auszeichnung gemachte Aufnahme von ihr gefunden werden. Sie wird natürlich ebenfalls gezeigt.

Zufallsaufnahme von Erika Blaschka (Bild: UMJ/Multimediale Sammlung/Fotoarchiv Blaschka)
Zufallsaufnahme von Erika Blaschka

Rahmenprogramm
Wie immer bietet das Museum für Geschichte auch ein interessantes Rahmen- und Vermittlungsprogramm an: Kuratorinnenführungen stehen etwa am Weltfrauentag (8. März, 16 Uhr) oder am 22. März (16 Uhr) auf dem Programm, am 26. April wartet in Kooperation mit Radio Helsinki eine Impulsführung und ein Mini-Workshop zum Thema Pflege. Zu sehen ist die Ausstellung noch bis 12. Jänner 2025.

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