Der Zustand der Kindergartenkinder heutzutage bereitet ihren Betreuerinnen Kopfzerbrechen. „Angesichts des psychischen Zustandes der Kleinsten fragen wir uns, was aus dieser Generation werden soll. Sprachprobleme sind fast die Norm, und Verhaltensstörungen boomen. Hier verliert eine Gesellschaft ihr Fundament. Wir wollen das in aller Klarheit aussprechen.“ Pädagogen warnen in einem neuen Buch vor einer tickenden Zeitbombe. Die „Krone“ hat mit der Autorin Judith Hintermeier gesprochen.
Sie war zwölf Jahre lang als Elementarpädagogin in einem Wiener Kindergarten tätig und ist jetzt bei der Gewerkschaft. Hintermeier ortet negative Entwicklungen in den letzten Jahren. Sie stellt in ihrem Buch die Frage, wie diese Kinder den drohenden Zerfall einer immer rabiateren und durch Selbstbezogenheit gekennzeichneten Gesellschaft verhindern sollen. Wie sie all das bewahren und in die Zukunft tragen sollen, was Generationen mühsam vor ihnen aufgebaut haben? Wie sollen sie später als Erwachsene den Generationenvertrag einhalten?
„Es wird schwierig. Denn diese Kinder leiden zunehmend an Phänomenen wie: Schlafstörungen, Depressionen, Aufmerksamkeitsproblemen, Hyperaktivität, Essstörungen, Übergewicht, verzögerter Sprachentwicklung, Suchtverhalten und dem durch übermäßigen Technik-Konsum verursachten Pseudo-Autismus.“
Diese Kinder haben einen erhöhten Förderbedarf und sie sind für Pädagogen in einer Gruppe von durchschnittlich 25 Kindern „extrem anstrengend, weil es auch körperliche Tätigkeit bedeutet“. Einer der vielen Gründe für diese Probleme sei der unkontrollierte Medienkonsum der Kinder.
„Auch Umwelteinflüsse und die Schnelllebigkeit, der ständige Druck, der vermittelt wird und dem auch die Eltern ausgesetzt sind“, spielen eine Rolle - aber auch die ganze Technik und Digitalisierung. „Viele Kinder werden heutzutage ruhiggestellt mit Handys, iPads, Fernseher.“ Das mache sich bemerkbar. „Denn sie werden dadurch in Wahrheit unruhiger.“
„Man merkt selber, wenn man sich in der U-Bahn umschaut, dass viele Menschen nur am Handy hängen und auch so die Kommunikation immer weniger stattfindet.“ Die Informationsflut habe Vor- und Nachteile. „Für Kinder ist es extrem schwierig und herausfordernd“, so Hintermeier. Von der Politik fordert sie ein einheitliches Bundesrahmengesetz in ganz Österreich. „Wir haben noch immer einen Fleckerlteppich, was Öffnungszeiten angeht, beim Personal und beim Fachkraft-Kind-Schlüssel.“
Die Kinder verändern sich. Und das auf eine besorgniserregende Weise.
Autorin Hintermeier
„Wo eine Erwachsene für 25 Kinder zuständig ist, haben wir einen extremen Personalmangel, wir brauchen mehr ausgebildetes Personal, also in der Hinsicht auch eine Ausbildungsoffensive, einfach eine österreichweite gleichwertige Qualität, wo man ungefähr dieselben Rahmenbedingungen hat und natürlich mehr Geld.“
„Ich glaube, es ist wichtig, dass auch wieder eine bessere Zusammenarbeit stattfindet zwischen den Eltern und den Bediensteten und Eltern-Kind-Zentren geschaffen werden, wo man sich Informationen und verschiedene Tipps und Tricks holen kann, vielleicht auch mit Sozialarbeiter. Es geht um eine bessere Kooperation.“ Der Kindergarten solle nicht als „Aufbewahrungsstelle“ gesehen werden, den „es geht um unsere Kinder. Es geht um jene Menschen, die in einigen Jahren die Geschicke dieser Welt bestimmen und mit ihren Leistungen im Rahmen des Generationenvertrages unsere Pensionen bezahlen sollen“.
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