Live im Gasometer

Zara Larsson: Die Pop-Venus hatte abendliche Eile

Musik
08.03.2024 23:39

Freitagabend feierte der schwedische Pop-Superstar Zara Larsson vor rund 2400 Fans im Gasometer endlich seine lang ersehnte, aber auch recht kurze Livepremiere. Vor dem kunterbunten Gig mit Tänzerinnen, Outfitwechsel und vielen Hits, sprach sie mit uns über Feminismus, ihre radikale Jugend und weshalb sie als Künstlerin über bloße Single-Erfolge hinaus gesehen werden möchte.

(Bild: kmm)

Zara Larssons Wien-Premiere war gleichzeitig der Abschluss ihrer aktuellen Europa-Tour. Vor einigen Jahren begeisterte sie das Klagenfurter Publikum als Support von Ed Sheeran im Stadion, doch die Show vor rund 2400 Fans im Gasometer war ihre große Premiere in der Hauptstadt. Vor dem letzten Konzert musste sie noch einmal ordentlich Energie aufbringen, denn aufgrund von Flugstreiks musste sie nach dem Konzert im polnischen Warschau schon um 7 Uhr früh in den Flieger. Der Rock’n’Roll-Lifestyle fordert manchmal eine Extraportion Energie ein. Die legte Larsson dann aber scheinbar mühelos aufs Parkett. Das Bühnenbild faszinierte durch eine mit einer LED-Leinwand bestückte Galerie, von der links und rechts Stufen hinunter zu den Sterblichen gehen.

Larsson, ganz die Liebesgöttin Venus, als der sie sich auch am gleichnamigen neuen Album inszeniert, stolzierte in knapper Kleidung durch die Gegend, während ihre vier Tänzerinnen für Action sorgten und die Backgroundband im Bühnenhintergrund fast unsichtbar im Graben versteckt wurde. Das in zwei Teile gegliederte Set vermischte verschiedene Outfits und Songs aus der bereits mehr als zehn Jahre andauernden Karriere, wobei frühe Klassiker wie „Lush Life“ oder „Ain’t My Fault“ das neue Liedgut doch klar überstrahlte. Das Publikum feierte enthusiasmiert, am Ende gab es für die wirklich stimmstarke 26-Jährige noch eine Österreich-Fahne zum Umhängen. Aber: 70 Minuten als Headliner mit vier Alben im Rücken sind schon arg wenig. Im „Krone“-Interview vor der Show zeigte sich Larsson angenehmerweise weniger gehetzt.

(Bild: Andreas Graf)

„Krone“: Zara, auf dieser Tour hast du dein neues, viertes Album „Venus“ präsentiert. Die Venus steht für Liebe, Leidenschaft und Hingabe - sind das Begriffe, die klar das Album prägen?
Zara Larsson:
 Das ist sehr gut zusammengefasst. Vor allem geht es um die verschiedenen Facetten der Liebe. Die familiäre Liebe, die romantische Liebe und die Liebe zu mir selbst. Die Venus ist die Göttin der Liebe und ich wollte damit auch den Frauen im allgemeinen Tribut zollen. Ich habe viele großartige Frauen mit mir auf Tour und all das hat sich konzeptionell perfekt zusammengefügt. Dass ich diese Tour ausgerechnet am Weltfrauentag in Wien beenden kann, ist großartig.

Ist „Venus“ das Album, das dich in deiner absolut puren und elementarsten Form zeigt?
Das ist schwer zu sagen. Ich mag das Album und die Songs und je mehr Lieder man veröffentlicht, umso stärker findet man sich selbst und die Seite, die man von sich in die Welt tragen möchte. Ich hoffe, dass ich mich beim nächsten Album noch besser fühle, aber die Entwicklung geht in die richtige Richtung. Auf dieses Album bin ich sehr stolz.

Geschieht das Songwriting bei dir eher spontan, oder hast du einen groben Plan, wo du in etwa drei oder vier Jahren stehen möchtest?
(lacht) Ich arbeite bereits am nächsten Album und wir reden schon intensiv darüber, wie es klingen soll, wo wir hingehen möchten und was ich sagen will. Früher waren wir wahrscheinlich planloser, aber es gab immer ein grobes Konzept, von dem aus wir uns weiterbewegt haben. Dieses Mal habe ich eine schon eine ungefähre Idee. Es ist kein Konzept an sich, aber eine künstlerische Richtung, die ich einschlagen möchte. Ist man stärker auf ein Werk fokussiert, dann wird man Ende auch schneller damit fertig bzw. kann es schneller zusammenbauen. Ich will nicht immer vier Jahre zwischen den Alben frei lassen. Die Musik soll aus mir hinausströmen und ich will sie mit den Leuten teilen.

Ist es denn überhaupt noch notwendig, ganze Alben zu schreiben? Du könntest auch locker mit Singles durchkommen …
Ich weiß, das habe ich eine Zeit lang auch so gemacht. Für die Fans ist es aber genauso wichtig wie für einen selbst als Künstler, wenn man sich nicht nur über ein paar große Hits definiert. Im besten Fall hast du pro Album drei oder vier Songs, die in den Radios laufen und erfolgreich sind, aber das Gesamtwerk ist schon wichtig. Ohne Alben kommen maximal DJs und teilweise auch Rapper aus, aber auch sie haben Songkollektionen, die sich zusammenfügen. Ich liebe es, wenn meine Lieblingskünstler Alben veröffentlichen, weil ich sie dadurch viel besser kennenlerne.

„Venus“ ist sehr leichtfüßig ausgefallen. Es gibt viele Dance-Elemente und es wirkt sehr hedonistisch. Ist das ein bewusster Widerspruch zu deiner eher aktivistischen Persönlichkeit, die man auch kennt?
Popmusik generell ist sehr in diese Richtung getrieben. Mein letztes Album war ein Statement, das Richtung Eskapismus ging. Wenn ich Musik höre, dann will ich in eine Welt versinken und meinen Geist erforschen. Ich will aber auch, dass die Tracks leicht zugänglich sind und die Hörer schnell erwischen. Die Leute glauben immer, man muss im Songwriting traurig oder ernsthaft sein, aber so bin ich nicht. Ich liebe es, humoristisch und witzig vorzugehen. Ich kann natürlich eine ernsthafte Person sein, aber manchmal bin ich richtig „silly“. Songs wie „The Healing“ zeigen mich auch von einer verletzlichen Seite. Die gehört genauso zu mir und ihr wird natürlich genug Platz eingeräumt. Das Album spiegelt gut wider, wie ich als Person im echten Leben so ticke.

Ist der Humor für dich so wichtig, weil du per se sehr aktivistisch bist und er im Gegenzug für ein Gleichgewicht in deinem Leben sorgt?
Da ist etwas Wahres dran. Zu meinen besten Eigenschaften gehört, dass ich die pure Freude am Leben nie verliere. Egal, wie die Welt gerade aussieht und was sich so tut, ich bin einfach froh, am Leben zu sein. Man darf sich nicht zu sehr in der Online-Galaxie aufhalten, denn dort kannst du wirklich bleibende psychische Schäden davontragen. Ich möchte nicht zu dunkel sein, deshalb vergegenwärtige ich mir gerne die vielen Freuden, die das Leben mit sich bringt.

(Bild: Andreas Graf)

Frauen sind im Pop-Business so stark verankert wie nie zuvor. 2023 war auch kommerziell ein unheimlich erfolgreiches Jahr für weibliche Popstars. Bist du stolz darauf, ein Teil dieser Bewegung zu sein, weil du nicht nur Erfolg, sondern auch Meinung und eine gewisse Kante dazu beiträgst?
Frauen dominieren den Pop schon seit Ewigkeiten. Der Pop ist eines der wenigsten Genres, wo Frauen schon immer hervor gestrahlt haben. Ich freue mich sehr, dass ich eine dieser Frauen bin, die Alben und Konzerttickets verkauft und hoffentlich auch einen guten Einfluss auf die Hörer hat. Auch im Hintergrund des Musikbusiness gibt es immer mehr Frauen und Farbige. Als ich vor zehn Jahren meinen Majorlabel-Vertrag unterschrieben habe, war die Musikwelt eine ganz andere. Früher war sie sehr misogyn, doch heute wird mehr miteinander geredet und die Gleichberechtigung ist stark am Vormarsch. Das fühlt sich einfach großartig an.

Du bist selbst ein Vorbild für sehr vieles junges Hörerinnern. Damit geht auch sehr viel Verantwortung einher. Wird dir die manchmal auch zur schweren Last?
Ich war als Teenager im Bereich des Feminismus ziemlich radikal und dafür wurde mir eine Menge Hass entgegengebracht. Ich habe das lange weggelächelt und ignoriert, aber je mehr Zeit verging, umso stärker hat mich dieser Gegenwind getroffen. Wenn mich jemand beschimpft oder bedroht hat, reagierte ich klassisch mit einem „Fuck You, das ist mir scheißegal“, aber natürlich trifft es dich im Inneren. Ich habe das lange vor mich weggeschoben, aber irgendwann ging es nicht mehr. Andererseits habe ich auch viel Liebe und Unterstützung bekommen, weil sehr viele Menschen auf meiner Seite waren und das auch klar artikulierten.

Eine gewisse Form der Radikalität ist ein Teil meiner Persönlichkeit, sie gehört zu mir dazu. Wenn du über ein sensibles Thema wie Feminismus sprichst, musst du viel einstecken. Heute weiß ich, dass die Leute nichts gegen mich als Person hatten, sondern gegen meinen Standpunkt und die Art, wie ich ihn kundtat. Ich habe mir eine Distanz zu dieser Form der Kritik aufgebaut und das hat für mich vieles leichter gemacht. Feministische Diskussionen gehören heute zum Alltag, sie sind ganz normal. Es ist schön, dass das Thema diese Richtung einschlug und dass ich einen kleinen Teil dazu beitragen konnte.

(Bild: Andreas Graf)

Eine österreichische Rapperin hat mir in einem Interview gesagt, es braucht auch die Radikalen, die Wirbel machen, damit Gemäßigtere von hinten den Weg zur Veränderung ebnen können.
Das ist absolut richtig. Als ich 17 war, habe ich Männer über alles gehasst und dachte, jeder sollte sterben. Irgendwann wurde mir klar, dass natürlich nicht alle so sind und dass etwa die ungleiche Bezahlung nicht der Grund sein kann, warum man permanent so wütend durchs Leben geht. Ich war wirklich sehr extrem, aber ich habe mich auch schnell in eine bessere Richtung steuern lassen. Das haben mir andere Menschen gezeigt. Man braucht die Radikalen genauso wie die Sanfteren. Es ist wichtig, dass die Botschaft und die Grundsätze die richtigen sind.

Mit steigendem Alter verändert sich auch die Art, wie du den Feminismus lebst und denkst?
Ich kommuniziere bei weitem nicht mehr so radikal wie früher, aber mir ist bewusst, dass ich stark provoziert habe und vielen Leuten am Senkel gegangen bin. Ich stehe dazu, was ich damals gedacht und gefühlt habe. Aus dieser Wut entstanden viele Debatten und Diskussionen. Sehr viele Menschen waren bewusst oder unbewusst daran beteiligt und Gespräch über toxische Männlichkeit oder fehlende Gleichberechtigung kam viel ins Rollen. Ein bisschen habe ich sicher zur Gleichberechtigung beisteuern können. Ich bin sehr glücklich darüber, dass ich immer so war, wie ich gerade eben war.

Es scheint aber, als möchtest du diese Seite von dir nicht in der Musik abgebildet haben. Gehst du da bewusst einen Schritt zur Seite?
Gar nicht wirklich. Ich bin eine Person mit einer sehr starken Meinung und einem moralischen Kompass. In der Popwelt bin ich vielleicht nicht immer ganz zweckmäßig damit umgegangen. Vielleicht werde ich diese Themen in Zukunft sogar noch stärker in die Musik einbauen. Das ist gut vorstellbar.

Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Kommentarfunktion steht Ihnen ab 6 Uhr wieder wie gewohnt zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen
das krone.at-Team

User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.



Kostenlose Spiele
Vorteilswelt