Landesrätin Simone Schmiedtbauer (ÖVP) steht auch dem Landesveterinäramt vor und damit bei Missständen in steirischen Schweineställen in der Pflicht. Ihre Sicht der Dinge erklärt sie der „Krone“ im Interview.
Land- und Forstwirtschaft, Wasser, Familie, Frauen: Sie haben als Landesrätin eine Menge Agenden, darunter auch das Landesveterinärwesen. Welchen Stellenwert hat Tierwohl für Sie?
Einen hohen. Wenn ich Fleisch esse, ist mir wichtig zu wissen, woher das kommt. Ich bin daher für eine Kennzeichnungspflicht überall, wo Essen angeboten hat, in jedem Lokal, jeder Kantine. Der Gast kann nur mündige Entscheidungen treffen, wenn er informiert ist. Die Weinbauern haben schon gezeigt, wie das geht, zeigen stolz ein Top-Produkt, das seinen Preis hat, den die Kunden aber bereit sind zu zahlen. Bei Tieren haben wir das so leider noch nicht.
Wie werten Sie das Billigfleisch in Supermärkten, bei Diskontern?
Die Kunden haben die Wahl. Wenn sie das nicht kaufen, wird das auch nicht angeboten.
Müsste man dann nicht eher bei den Anbietern ansetzen? Was nicht angeboten wird, kann schließlich nicht gekauft werden, oder ist das ein zu heißes Eisen, das Sie lieber nicht anfassen möchten?
Der Konsument hat das in der Hand, das ist mein Standpunkt.
Sie kennen die verstörenden Bilder aus einem steirischen Schweinestall, jetzt sind neue aus einer Ferkelzucht dazugekommen. Das sorgt für Aufregung unter empathischen Menschen. Bei Ihnen auch? Auf Ihrem Bauernhof haben Sie ja schließlich auch einmal einen Mastbetrieb mit Vollspaltenböden mitbetrieben.
Bauern haben eine andere Einstellung zum Nutztier. Wir wollen aber auf jeden Fall, dass es den Tieren gut geht. Denn wenn das nicht so ist, wird es die Leistung nicht bringen, und wenn eines verletzt ist, brauch ich einen Tierarzt, und es entstehen Kosten.
Das ist alles, was Ihnen zu den Bildern einfällt?
Über Nacht kann alles passieren, wie die Verletzungen, die auf den Fotos zu sehen sind. Ich ärgere mich auch über die Tierschützer, dass die nicht sofort einen Amtstierarzt geholt haben. Kein Bauer würde da zusehen.
Das ist die Realität
Und doch hat er es vor Augen, Geschwüre, Kratzer, Verletzungen entstehen eben nicht alle über Nacht. Es steht ja schon im Raum, dass es keine Anzeigen geben wird, gehen wir jetzt zur Tagesordnung über? Wollen Sie Tierfreunden wirklich sagen: „Alles in Ordnung, weiter geht es!“?
Ich sage, das ist die Realität. Vollspaltenböden gibt es noch, solche Verletzungen sind aber nicht normal. Die Bauern wollen ja ausbauen, investieren, mehr Angebot für die Tiere schaffen – aber dann müssen die Konsumenten das auch zahlen. Darüber hinaus denke ich an einen Tierwohlgipfel, will mehr Anreize schaffen, um Tierwohlställe zu bauen. Und bei den Jungen ansetzen, den künftigen Hofübernehmern.
Im kritisierten Schweinemaststall in der Südsteiermark waren Schweine mit laut Vorwurf illegal abgeschnittenen Schwänzen zu sehen. Der Betreiber soll gesagt haben, dass er die schon als Ferkel so bekommen hat. Jetzt steht er erneut in der Kritik, weil er laut Recherchen des VGT selbst Geschäftsführer dieser Ferkelzucht sein soll. Ist die Veterinärbehörde, der Sie ja vorstehen, dem nachgegangen, wo die Ferkel herkommen? Hat Maßnahmen gesetzt?
Es gab eine anlassbezogene Kontrolle und es ist eine weitere umfassende Kontrolle geplant, wo sämtliche Aspekte von mehreren Tierärzten kontrolliert werden. Ich werde demnächst auch alle Amtstierärztinnen und Amtstierärzte zu einem Austausch einladen, um zu besprechen, wie wir noch besser und schneller reagieren können, auch bei bezirksübergreifenden Fällen. Wichtig ist mir aber auch: Die steirischen Landwirtinnen und Landwirte sind die wichtigsten Partnerinnen und Partner für mehr Tierwohl, und keine Gegner! Wenn es bei einzelnen schwarzen Schafen Missstände gibt, dann müssen wir rasch und entschlossen reagieren.
ÖVP als Blockiererin für mehr Tierwohl
Jetzt sagen Sie, dass Tierwohl für Sie einen hohen Stellenwert hätte, dabei ist es gerade Ihre Partei, die ÖVP, die Maßnahmen für Tierwohl immer wieder blockiert. Selbst das verpflichtende Chippen aller Freigängerkatzen bei der Tierschutznovelle - eine Kleinigkeit, die allerdings ganz viel Tierleid verhindern würde. Wie können Sie so etwas mittragen?
Weil es nicht notwendig ist. Zuchtkatzen sind eh gechippt, und andere Freigänger müssen kastriert werden. Das funktioniert auch.
Bei allem Respekt, das ist völlig realitätsfern. Noch nie war die Streunerkatzenproblematik extremer als jetzt, Tierschützer verzweifeln fast. Und Sie sagen tatsächlich, auch die Bauern lassen alle Katzen kastrieren?
Ich höre schon immer wieder Mythen, dass kastrierte Katzen keine Mäuse fangen und man deswegen davon absieht, auch hier gehört Bewusstseinsbildung her. Hier braucht es bei manchen Bauern sicher ein Umdenken. Ich möchte dann auch bei den Tierärzten ansetzen, dass über sie sensibilisiert wird. Und wenn Tierschützern Missstände auffallen: Mein Büro steht ihnen offen.
Kommentare
Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.